Alicia II
an, als habe ich die Statue verschandelt oder auf ihren ganzen Körper obszöne Gebete hingeschrieben. Wir gingen weiter.
Die Straßen wirkten nicht mehr so hübsch. Die Leute, die an uns vorübereilten, schienen ungesunden Geschäften nachzugehen. Alicia befragte einen Ladenbesitzer, der ausgeraubt worden war, eine Frau, deren Wohnung man verwüstet hatte. Hinter den Verbrechen schien eine Vendetta gegen Ausgemusterte zu stecken, die ihren Status akzeptierten.
Der Ladenbesitzer und die Frau waren verängstigte Geschöpfe, bereit, alles zu tun, was Alicia ihnen sagte. Auf jedem Schauplatz eines Verbrechens hatten die Übeltäter eine Kode-Schrift hinterlassen. Alicia wollte sie mir nicht übersetzen.
Auf dem Weg zu einem anderen Ort, wo Alicia Fragen über ein Verbrechen zu stellen hatte, entschloß sie sich, eine Abkürzung durch eine Seitengasse zu nehmen. Ich trottete hinter ihr her. Ich war ein bißchen verdrießlich, fürchte ich – was vielleicht meinen Mangel an Wachsamkeit erklärt. Die beiden jungen Männer, die mich ansprangen, bemerkte ich erst, als es zu spät war. Einer kam aus einer Tür zu meiner Rechten, der andere hinter einem Kistenstapel hervor.
Gleichzeitig erschien eine Frau aus dem Nichts und ging auf Alicia zu. Unwillkürlich machte Alicia einen Schritt rückwärts, während ich mich dagegen wehrte, von meinen beiden Angreifern gegen eine Mauer gedrückt zu werden. Die Frau sagte: »Schön, Sie wiederzusehen, Alicia.«
»Hallo, Rosalie. Ich habe mich schon gefragt, wann Sie einmal wieder zum Vorschein kommen würden.«
Rosalie hatte hohe Backenknochen und violette Augen, die auf jemand anders gerichtet zu sein schienen. Eine Narbe auf ihrer Wange entstellte ein Gesicht, das bestenfalls durchschnittlich oder unscheinbar genannt werden konnte.
Narben waren immer ein faszinierender Anblick, irgendwie romantisch, weil sich aus ihnen auf Wunden schließen ließ, die für eine Regenerierungsbehandlung zu schwer waren oder die das Opfer aus persönlichen und für gewöhnlich bizarren Gründen nicht hatte behandeln lassen.
»Hören Sie«, sagte Rosalie, »wir wissen bereits, daß wir uns nicht mögen, meine Liebe. Wir brauchen es nicht jedesmal, wenn wir uns begegnen, zu dramatisieren. Wer ist Ihr Freund?«
»Seine Name ist Voss Geraghty. Das wissen Sie wahrscheinlich bereits. Könnten Sie Ihren beiden Gorillas sagen, daß sie ihn loslassen sollen? Er wird …«
»Freue mich, Sie kennenzulernen, Mr. Geraghty. Ich bin Rosalie, die hiesige St. Ethel-Priesterin. Tom, Stan, laßt ihn los.«
Tom und Stan gehorchten Rosalies Befehl sofort und diszipliniert. Während sie mit Alicia sprach, musterte Rosalie mich eingehend. Ich kam mir vor, als werde ich immer noch gegen die Mauer gedrückt.
»Ich habe ein neues HQ, seit das letzte niedergebrannt wurde. Sollen wir dort über alles miteinander reden?«
»Einverstanden. Es gibt eine Menge zu tun.«
»Das stimmt. Können wir Ihrem Freund vertrauen?«
Alicia sah über die Schulter nach mir zurück.
»Nein. Nein, das glaube ich nicht.«
»Nun, dann werden wir jemanden finden, der ihn unterhält. Führt ihn herum und bringt ihn später zur Kirche. Tut mir leid, Ihnen Ungelegenheiten bereiten zu müssen, Mr. Geraghty, aber unsere Besprechung wird nur kurz sein, und wir sehen uns später wieder. Stan, zeig unserm Gast die Sehenswürdigkeiten.«
Rosalie führte Alicia in der einen Richtung die Gasse hinunter, während Stan mich umdrehte und auf dem Weg zurückeskortierte, den wir gekommen waren. Der andere Bursche, Tom genannt, begleitete uns bis zur Mündung der Gasse und ging dann davon.
Stan hatte wohl kein besonderes
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