Alicia II
Besprechungen und Überlegungen, die zu diesem Entschluß geführt haben, nicht teilgenommen.«
Ich blickte zu Alicia hinüber, die den Augenkontakt mit mir vermied.
»Also ist das nicht nur ein netter kleiner Ausflug«, stellte ich fest.
»Nein«, sagte Alicia leise. »Entschuldige.«
»Keine Ursache. Gut, Rosalie, hier bin ich. Wie es auch ausgehen mag, Sie brauchen nicht zu befürchten, daß ich Sie verrate.« Alicia zuckte bei dem Wort »verraten« leicht zusammen. »Ich würde nie etwas tun, das Alicia in Gefahr bringen könnte, ich würde …«
»Das ist ein Trost. Aber ich spende Trost, ich nehme ihn nicht aus anderen Händen entgegen, und ich glaube Ihnen nicht ganz. Reden wir Tacheles. Was halten Sie davon, uns zu helfen?«
Eine lange Pause entstand. Rosalie starrte mich an, ich starrte Alicia an, und Alicia starrte die Wand an. Schließlich fragte ich: »Warum sollte ich Ihnen helfen?«
Rosalie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und dachte eine Weile nach.
»Nun«, sagte sie, »ich hatte vor, Ihnen anzudeuten, daß wir Ihre ganze Zukunft vernichten können, indem wir Ihre Leiche lange genug verstecken, daß Sie nicht mehr erneuert werden können. Aber irgend etwas sagt mir, daß das Ihnen gegenüber kein überzeugendes Argument wäre.«
»Kein besonders überzeugendes.«
»Das habe ich mir gedacht. Die gleiche innere Stimme rät mir, daß Sie eventuell recht gute eigene Motive haben, sich uns anzuschließen. Der Drang, dem Tod entgegenzugehen, beseelt viele von uns, besonders da wir sowieso kaum eine Alternative haben. Und außerdem haben wir den Eindruck, daß Sie sich aus bestimmten Gründen wünschen mögen …«
»Rosalie«, unterbrach Alicia sie, »nicht jetzt!«
»Nicht? Gerade wenn wir ihn an der Angel haben? Alicia, ich meine …«
»Nicht jetzt!«
»Wann denn?«
»Ich brauche Zeit zum Nachdenken. Könnte ich … könnte ich irgendwo mit Voss allein sprechen? In dem Zimmer, das ich … das ich benutze, wenn ich über Nacht bleibe?«
Rosalie überlegte einen Augenblick.
»Okay«, antwortete sie dann. »Vertagen wir die Sitzung für heute. Lassen Sie mich benachrichtigen, wenn Sie bereit sind, weiterzumachen. Bis dann.«
Rosalie stand abrupt auf, drehte sich um und ging auf die Tür neben dem Altar zu. Dort wandte sie sich zurück und sagte: »In zwei Stunden halte ich eine Andacht ab. Kommen Sie herunter und nehmen Sie mit daran teil, wenn Sie möchten.«
Diese Worte sprach sie mit ihrer Priesterinnen-Stimme.
17
»Unter dem Hinterzimmer einer Kirche hätte ich mir nie etwas so Luxuriöses vorgestellt. Nicht sehr asketisch oder priesterlich …«
»Rosalie liebt den Komfort. Du solltest erst einmal ihre Wohnung sehen.«
»Die Kirche muß heutzutage gut bezahlen.«
»Nicht die Kirche. Rosalie nimmt sich einfach, was sie haben will. Versuch einmal, wie es sich auf dem Bett sitzt. Es ist ganz weich.«
»Hm, das ist es wirklich. Erinnert mich an meine Kinderzeit, als es das größte Vergnügen zum Austoben im Haus war, auf einem Bett herumzuspringen. Es machte umso mehr Spaß, weil es verboten war.«
»Ich weiß, was du meinst.«
»Wie hast du die … äh … Renegaten-Priesterin kennengelernt?«
»Das ist eine zu lange Geschichte. Im wesentlichen war es so, daß ich, als ich das erste Mal in dies Dorf geschickt wurde, durchblicken ließ, ich hätte – nun – einige Sympathie für die Sache. Eines Tages grüßte mich Rosalie in einer Gasse, ungefähr so, wie sie uns heute entgegentrat. Es dauerte eine Weile, aber schließlich wurde ich rekrutiert, und …«
»Eine Weile? Ich dachte, du …«
»Ja, aber sie vertrauten mir nicht gleich. Ich mußte erst ein paar Missionen ausführen.«
»Missionen? Was für Missionen?«
»Du wirst es nicht
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