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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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nach­drück­li­cher Iro­nie? Wie meinst du das? Oh, Je­sus, so grau­sam bin ich nicht. Nein, es war so ge­meint, wie ich es ge­sagt ha­be. Ich bin nicht gut im Um­gang mit Män­nern. Sie mö­gen mich nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Kei­ne Ah­nung. Wenn ich zu­rück­hal­tend bin, gäh­nen sie und wan­dern zu ir­gend­ei­ner ag­gres­si­ven Ty­pe ab. Wenn ich sie er­mu­ti­ge, fal­len ih­nen die Au­gen aus dem Kopf, und dann flie­hen sie. Wenn ich höf­lich bin, sind sie grob. Wenn ich grob bin, ver­ab­schie­den sie sich auf höf­li­che Art. Ich glau­be, ich zie­he Män­ner ein­fach nicht an.«
    »Das ist tö­richt.«
    »Frau­en üb­ri­gens auch nicht. Und al­le Men­schen, die ich trotz­dem an­zie­he, mei­nen, sie müß­ten mich nach ir­gend­ei­nem Ideal­bild, das nur sie al­lein ken­nen, um­for­men. Des­halb glau­be ich, daß auch sie mich nicht mö­gen. Denn wenn sie mich mö­gen wür­den, brauch­ten sie mich ja nicht zu än­dern, nicht wahr?«
    »Viel­leicht, aber ich kann dir auf die­sem be­son­de­ren Ge­biet kaum einen Rat ge­ben.«
    »Ich woll­te auch kei­nen Rat von dir. Ich ver­su­che nur, dir aus­ein­an­der­zu­set­zen, warum ich dir wahr­schein­lich treu blei­ben wer­de – Je­sus, ist das rich­tig? Treu. Je­den­falls wer­de ich mir kei­ne Lieb­ha­ber neh­men. Loy­al, das ist das rich­ti­ge Wort. Ich wer­de loy­al sein. Das klingt gut und schreck­lich ro­man­tisch, fin­de ich. Willst du wis­sen, wie vie­le Lieb­ha­ber ich be­reits ge­habt ha­be?«
    »Nein.«
    »Es ist mir pein­lich. Du mußt es wis­sen, schon aus dem Grund, daß du es mir vor­hal­ten kannst.«
    »Ich will es dir nicht vor …«
    »Zwei. Mehr nicht. Zwei Män­ner. Und das ist noch da­zu lan­ge her. Seit­dem hat es bei mir ge­hei­ßen: dan­ke, nein. Ich könn­te auf dem Rücken lie­gen, um­ge­ben von …«
    »Schon gut. Aber stre­be die Zahl drei an.«
    »Nein, ich will nicht. Na ja, wir wer­den se­hen. Soll ich dir von den bei­den Män­nern er­zäh­len?«
    »Von wel­chen bei­den Män­nern?«
    »Von mei­nen Lieb­ha­bern. Mei­nen frü­he­ren Lieb­ha­bern. Mei­nen Lieb­ha­bern vor dir. War das sen­ti­men­tal ge­nug für dich? Ja, ich se­he, das war es. Aber sei gu­ten Mu­tes, der Schmerz wird vor­über­ge­hen.«
    Schließ­lich er­zähl­te sie mir von ih­ren Lieb­ha­bern. In ei­ni­ger Aus­führ­lich­keit. Ab­sicht­lich ha­be ich das meis­te da­von ver­ges­sen. Aber wir lach­ten viel. Und ich weiß noch ein paar der ge­mei­nen Din­ge, die sie über die bei­den Män­ner sag­te.
    »Ich fra­ge mich …« be­gann ich spä­ter.
    »Was?«
    »Ich fra­ge mich, ob ich über mein – wie soll ich es nen­nen? – mein Lei­den nicht froh sein soll.«
    »Um al­les in der Welt, warum sagst du das?«
    »Nun, in­dem ich nicht dein Lieb­ha­ber bin, ent­ge­he ich der De­mü­ti­gung, zu dei­nem Ex-Lieb­ha­ber zu wer­den und …«
    »Du Hu­ren­sohn!«
    »Wie du sie be­schreibst, das ist, als wür­den sie wie Schmet­ter­lin­ge auf­ge­spießt und zur Schau ge­stellt.«
    Sie schlug mich, dann küß­te sie mich. Wie­der kam es nicht zu der Re­ak­ti­on, die ich her­bei­sehn­te. Und ich be­gann zu wei­nen. Oh­ne nach dem Grund zu fra­gen, küß­te Ali­cia mir die Trä­nen fort und sag­te, we­nigs­tens sam­meln wir Er­in­ne­run­gen, de­ret­we­gen wir spä­ter sen­ti­men­tal wer­den könn­ten.
     

 
19
     
    Wir sa­hen Ro­sa­lies An­dacht durch ein klei­nes Fens­ter zu, das hin­ter ei­nem Schreib­schrank ver­bor­gen war und den gan­zen Raum über­blick­te. Es war Ein­weg-Glas, so daß die Ver­sam­mel­ten uns nicht se­hen konn­ten. Ro­sa­lie ging in ei­ner wal­len­den ro­ten Ro­be un­ter ih­ren Leu­ten um­her, von de­nen ei­ni­ge auf Stüh­len mit ge­ra­der Leh­ne sa­ßen, wäh­rend an­de­re knie­ten oder lang aus­ge­streckt auf dem Holz­fuß­bo­den la­gen.
    Sie be­rühr­te sie leicht, be­weg­te oft nur die Hand über ih­re Köp­fe und sprach lei­se mit ih­nen. Zwi­schen­durch hielt sie ei­ne lan­ge Pre­digt über St. Ethel im Him­mel. Sie neh­me dort die­je­ni­gen See­len in Emp­fang, die ih­re lan­ge Wan­de­rung über die Er­de be­en­det hät­ten, und traue­re mit ih­nen um die See­len, die noch kei­nen Frie­den ge­fun­den hät­ten, weil ih­re Kör­per

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