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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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im­mer noch leb­ten.
    »Du bist ja ganz hin­ge­ris­sen«, flüs­ter­te Ali­cia.
    »Ich ha­be das In­ter­es­se ei­nes Au­ßen­sei­ters an re­li­gi­ösen An­ge­le­gen­hei­ten. Ich war ein­mal Ka­tho­lik. Wir ge­ben nie ganz auf.«
    »Ich war ein­mal zwei Ta­ge lang Ka­tho­li­kin.«
    »Nur zwei Ta­ge lang?«
    »Es war Som­mer, und die Luft war schlecht, und die Ka­tho­li­ken hat­ten den an­ge­nehms­ten Un­ter­schlupf in der gan­zen Stadt. Man konn­te dort sit­zen und sich ge­gen Kis­sen leh­nen. Nicht sehr as­ke­tisch, aber ei­ne Re­li­gi­on, die Kis­sen zur Ver­fü­gung stellt, könn­te ich bei­na­he er­tra­gen.«
    »An Kis­sen er­in­ne­re ich mich aus mei­ner ka­tho­li­schen Kin­der­zeit nicht.«
    »Ich ver­mu­te, es war et­was wie ei­ne Er­we­ckungs­be­we­gung. Um ei­ner ster­ben­den Re­li­gi­on neu­es Le­ben ein­zu­hau­chen, so in der Art …«
    »Im­mer wird be­haup­tet, der Ka­tho­li­zis­mus st­er­be. Das ist ei­ne der Me­tho­den, mit der sie ihn am Le­ben er­hal­ten.«
    »Viel­leicht, aber da­mals hät­te ich mich bei­na­he be­kehrt. Viel­leicht wa­ren die Kis­sen prä­pa­riert – daß sie Glau­ben oder Reue aus­strahl­ten, was ge­ra­de ge­braucht wur­de –, so wie es ei­ne Zeit­lang im Thea­ter war.«
    »Ich war ein­mal in ei­ner sol­chen Vor­stel­lung.«
    Ab­wech­selnd ver­hieß Ro­sa­lie Wun­der und schüch­ter­te ih­re Ge­mein­de ein. Ein­mal schlug und trat sie zwei Kir­chen­mit­glie­der, die von an­de­ren auf den Bo­den ge­wor­fen wor­den wa­ren. Sie schie­nen da­für dank­bar zu sein. Die An­dacht en­de­te da­mit, daß die Raum­be­leuch­tung mat­ter wur­de und da­für mehr Licht von der St. Ethel-Sta­tue aus­strahl­te. Aus ver­bor­ge­nen Laut­spre­chern er­klang flot­te Mu­sik. Die Leu­te hat­ten es nicht ei­lig, die Kir­che zu ver­las­sen. Sie um­ring­ten Ro­sa­lie und neig­ten sich ihr ent­ge­gen. Lang­sam ließ sie den Blick wan­dern. Ich hat­te den Ein­druck, daß sie je­de ein­zel­ne Per­son kurz an­sah. Ihr dün­nes Lä­cheln ver­hieß Se­lig­keit. Nach und nach wan­der­ten die Leu­te zu zweit und zu dritt hin­aus.
    Ro­sa­lie blieb auf ih­rem Platz, bis der letz­te ge­gan­gen war.
    Dann ver­steif­te sich ihr Kör­per. For­schen Schrit­tes nä­her­te sie sich dem Al­tar und gab un­sicht­ba­ren As­sis­ten­ten An­wei­sun­gen, dies und je­nes ab­zu­schal­ten und dies und je­nes beim nächs­ten Mal an­ders zu ma­chen.
     

 
20
     
    »Du willst uns al­so nicht hel­fen?« frag­te Ali­cia. Sie hat­te wie­der ih­re Stra­ßen­klei­dung an und sah ganz wie ei­ne be­rufs­tä­ti­ge Frau aus.
    »Ich weiß es nicht. Aber ich ver­ste­he nicht, warum ihr ge­ra­de mei­ne Hil­fe braucht.«
    »Wir brau­chen nicht nur dei­ne Hil­fe. Es stimmt schon, du hast Fä­hig­kei­ten, die heut­zu­ta­ge Man­gel­wa­re sind. Aber wir brau­chen al­le Hil­fe, die wir be­kom­men kön­nen, um ein Sys­tem zu zer­schmet­tern, das …«
    Ein Ge­räusch von der Stra­ße her un­ter­brach sie, und sie er­kann­te eher als ich, daß es Un­heil ver­kün­de­te. Sie eil­te an das klei­ne Fens­ter und mur­mel­te vor sich hin.
    »Was ist los?« frag­te ich.
    »Nur die Dorf­po­li­zei. Die üb­li­chen Schi­ka­nen.«
    Ich blick­te aus dem Fens­ter. Zwei amt­lich aus­se­hen­de Män­ner ver­such­ten, Ro­sa­lie ein­zu­schüch­tern, wäh­rend Ro­sa­lie auf­recht da­stand und ganz den Ein­druck mach­te, als schüch­te­re sie die Po­li­zis­ten ein.
    »Wir soll­ten von hier ver­schwin­den«, sag­te Ali­cia.
    »Warum?«
    »Es scha­det der Sa­che, wenn ich hier ent­deckt wer­de. Doch na­tür­lich kann es sein, daß sie be­reits wis­sen, wo ich bin.«
    »Ich ver­ste­he nicht. Es ist doch dein Be­ruf, mit den Aus­ge­mus­ter­ten zu ar­bei­ten, und …«
    »Si­cher, aber trotz­dem wür­den sie es übel ver­mer­ken, daß ich bei Ro­sa­lie bin. Es ist ih­nen nie ge­lun­gen, sie bei ir­gend et­was zu er­wi­schen, aber ihr Spio­na­ge­netz ist weit­ver­zweigt und leis­tungs­fä­hig. Sie wis­sen ei­ne Men­ge über Ro­sa­lies Ar­beit. Ab­ge­se­hen da­von tä­te es mei­nem Image als So­zi­al­ar­bei­te­rin nicht gut, wenn ich in ei­nem Hin­ter­zim­mer zu­sam­men mit dir

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