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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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Schlaf.
    Wäh­rend der Re­kon­va­les­zen­ten­zeit hat­te ich über den mög­li­chen In­halt mei­nes neu­en Le­bens hef­tig nach­ge­dacht.
    Se­le­na hat­te mich mehr oder min­der di­rekt ge­be­ten, in die En­kla­ve und zu ihr zu­rück­zu­keh­ren. Ihr sei das gleich­för­mi­ge Le­ben in der En­kla­ve ein Trost, mein­te sie, denn das Durch­ein­an­der in der Welt drau­ßen ge­he über ih­re Kräf­te.
    Aber ich ant­wor­te­te ihr ent­schlos­sen nein, mein Lieb­ling, nicht noch ein­mal das­sel­be. Nein, von die­ser Run­de er­war­te­te ich mir einen Schmaus, ein Fest, einen Freu­den­rausch. Voll­saf­ti­ge Er­leb­nis­se soll­ten dies­mal den Grund­stock zu fes­seln­den Ge­schich­ten le­gen, die ich im Al­ter er­zäh­len konn­te. Mich ver­lang­te es nach ge­fähr­li­chen Aben­teu­ern, nach den le­cke­ren Früch­ten der Zer­streu­ung, nach re­gel­mä­ßig ein­ge­plan­ten Or­gi­en. Wie sich her­aus­stell­te, be­kam ich nicht al­les da­von. Im Ge­gen­satz zu dem volks­tüm­li­chen Glau­ben ist die Er­fül­lung von zwei Wün­schen un­ter drei­en nicht ge­nug.
    Vor Be­ginn mei­nes aben­teu­er­li­chen Le­bens muß­te ich einen Be­such ab­stat­ten. In sei­nem ers­ten Le­ben war Dr. Ben Bloun­te der bes­te Freund mei­nes Va­ters ge­we­sen. Sie wuch­sen zu­sam­men auf, fei­er­ten Dop­pel­hoch­zeit und star­ben so­gar nur Wo­chen von­ein­an­der ge­trennt. Das ein­zi­ge, was sich nicht Hand in Hand be­werk­stel­li­gen ließ, war die Er­neue­rung. Als die mei­nes Va­ters fehl­schlug, trau­er­te Ben mit der Fa­mi­lie.
    Sein Leid hat­te da­mals in mei­nen Au­gen et­was Bi­zar­res an sich – da ver­goß ein kräf­ti­ger jun­ger Mann Trä­nen um einen Greis, der ihn bei sei­nem letz­ten Be­such, als Ben ge­ra­de er­neu­ert wor­den war und voll Freu­de sei­nen neu­en Kör­per her­zei­gen woll­te, nicht ein­mal mehr er­kannt hat­te.
    Wäh­rend mei­nes Le­bens in der En­kla­ve hat­te ich mir nur für mei­ne jähr­li­chen Be­su­che bei Ben er­laubt, mein As­ke­ten­tum zu un­ter­bre­chen. Er pfleg­te mich mit al­ler Gründ­lich­keit dop­pelt und drei­fach zu un­ter­su­chen. Das letz­te Mal, als wir ein­an­der sa­hen, hat­te er ver­langt, mein ers­ter Weg nach der Er­neue­rung und Re­kon­va­les­zen­ten­zeit müs­se zu ihm füh­ren.
    Cle­ve­land, ei­ner der letz­ten Or­te, der die mo­der­ne Stadt­pla­nung und Ar­chi­tek­tur noch nicht ein­ge­führt hat­te, hat­te sich nicht sehr ver­än­dert. Es war nach dem un­prak­ti­schen Git­ter­sys­tem an­ge­legt. Die Ge­bäu­de er­ho­ben sich senk­recht nach oben und bohr­ten sich eben­so in die Er­de. Die Stra­ßen wa­ren mehr oder we­ni­ger ge­ra­de und kreuz­ten sich in fast rech­ten Win­keln. Ein­schie­nen­bah­nen bum­mel­ten vor­bei. Es gab so­gar hier und da noch funk­tio­nie­ren­de Gleit­bür­ger­stei­ge.
    Und der Stra­ßen­ver­kehr ließ einen be­dau­ern, daß in mehr als zwei Jahr­hun­der­ten so we­nig Fort­schritt auf dem Ge­biet des Fahr­zeug­trans­ports er­zielt wor­den war. Cle­ve­land war ei­ne un­lo­gisch mo­der­ne Stadt, als ver­steck­ten Hül­len und Fassa­den nur die in­dus­tri­el­le Scheuß­lich­keit, die Zer­stö­re­rin des großen Sees, die es ein­mal ge­we­sen war. Ich ha­be das Ge­fühl, wie die Zei­ten sich auch ent­wi­ckeln, Cle­ve­land wird im­mer hin­ter­her­hin­ken. Ich fühl­te mich dort wohl.
    Ben hat­te sei­ne Pra­xis in der glei­chen Höh­le, die er seit bei­na­he ei­nem Jahr­hun­dert be­nutz­te, im neun­zigs­ten Un­ter­ge­schoß ei­nes al­ten Ge­bäu­des. In Bens War­te­zim­mer nann­te ich dem ros­ti­gen al­ten Ro­bot-Se­kre­tär einen falschen Na­men, ob­wohl ich wuß­te, die Ma­schi­ne gab so­wie­so je­de Bot­schaft ver­stüm­melt wei­ter. Ich hör­te Ben im Ne­ben­raum brum­men. Er ver­wünsch­te die kon­fu­sen In­for­ma­tio­nen des Ro­bot-Se­kre­tärs.
    »Kom­men Sie her­ein, wer Sie auch sein mö­gen!« rief er. Das Licht über der Tür ging an. Ich leg­te mei­ne Hand auf den mit »Ein­tre­ten« ge­kenn­zeich­ne­ten Strei­fen, und die Tür, ein wei­te­res Stück über­al­ter­ter Ein­rich­tung, hol­per­te zur Sei­te.
    Vor mir lag das­sel­be al­te

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