Alicia II
Interesse an einem Gedanken, der ganz allein seiner war: Ich sei irgendwie besonders heroisch, weil ich geprüft hätte, »aus welchem Holz ich als Mann geschnitzt sei«. Ohne an die garantierte Unsterblichkeit zu denken, sei ich zu unseren Wurzeln als Männer der Tat zurückgekehrt. Er behauptete, ich machte einen geschichtlichen Test (oder eine ähnliche verdammt blöde Idee) und dadurch hätte ich einen Beweis für die ungebrochene Lebenskraft der Geschichte geliefert. Ich legte den Artikel bei meinen Reiseunterlagen ab und sah ihn so gut wie nie wieder an.
Obwohl der Hotel-Service soviel Abwechslung bot, hatte ich ihn nach ein paar Tagen satt, und wir entschlossen uns zu einem »echten« Ausflug nach draußen. Als wir unsere Suite gerade verlassen wollten, rief June Albright an. Sie sagte, Ben nehme an einer Konferenz in Washington teil und sie habe den Tag frei. Ohne zu fragen, ob wir andere Pläne hätten, forderte sie uns auf, sie in der Gegend des alten Washington Square zu treffen, neben dem teilweise eingestürzten, zerbröckelnden Bogen. Dort sei es ungefährlicher als an den meisten anderen Orten, teilte sie uns mit, eine Art entmilitarisierter Zone, die die Ausgemusterten respektierten. Das mag ja so gewesen sein, aber die Fahrer der ersten beiden Taxis, die wir anhielten, weigerten sich, uns hinzubringen. Der dritte ließ uns an dem Bogen aussteigen, der auch als Ruine immer noch eindrucksvoll war. June wartete bereits. Sie führte eine lebhafte Diskussion mit zwei kümmerlich aussehenden Männern in Mänteln, die für den balsamischen Tag viel zu dick waren. Als sie sich umdrehte und uns begrüßte, traten die Männer mit einer Mischung aus Höflichkeit und Mißtrauen zurück.
»He«, sagte June, »wir haben gerade die Vorzüge unserer Zeit mit der Dostojewskis verglichen, 19. Jahrhundert in Rußland.«
»Und welche Unterschiede gibt es zwischen diesen Zeiten?« fragte ich.
»Simon hier behauptet, so gut wie keine. Die privilegierte Klasse habe es damals ebenso wie heute recht gutgehabt, und das soziale Verantwortungsgefühl habe sich auch etwa auf dem gleichen Niveau befunden. Simon ist übrigens nicht ausgemustert.«
»Warum halten Sie es für notwendig, darauf hinzuweisen?«
»Weil Sie gedacht haben, er sei es.«
»Ich bin ein Selbstmörder«, erklärte Simon mit unglaublich kratziger Stimme. »Das heißt – denn das hätten Sie mich doch gleich gefragt –, daß ich es abgelehnt habe, mich noch einmal erneuern zu lassen. Ich habe zwei gute Lebensspannen gehabt, und ich will keinem Körper mehr Gewalt antun, nur um in einer weiteren Runde den selbstsüchtigen Drang nach Vergnügen zu befriedigen.«
Ich war glücklich, einen Menschen mit Idealen zu treffen, wenn er sie auch im Stil eines Seifenkistenredners verkündete.
Aber mir stand es bis zum Hals, wo ich ging und stand, Erneuerungsphilosophien an den Kopf geworfen zu bekommen. June verabschiedete sich von ihren beiden kläglichen Gefährten und ging mit uns durch den rekonstruierten Park. Gruppen von Kindern wickelten vergnügt Schaukeln an ihren Ketten auf und ließen sie zurückkreiseln oder trieben Allotria auf Achterbahn-Rutschen. Der Anblick milderte meine trübe Stimmung ein wenig.
»Er hat Ihnen Unbehagen bereitet«, sagte June. »Simon.«
»Ein bißchen.«
»Das ist normal, glaube ich. Die meisten Erneuerten empfinden Unbehagen über einen Selbstmörder. Manchmal wünsche ich mir, sie würden es nicht überall lauthals verkünden. Es könnte mich beeinflussen, und das will ich nicht.«
Wir fanden ein kleines pakistanisches Restaurant und nahmen dort den Lunch. An diesen kleinen Lokalen mit
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