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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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In­ter­es­se an ei­nem Ge­dan­ken, der ganz al­lein sei­ner war: Ich sei ir­gend­wie be­son­ders he­ro­isch, weil ich ge­prüft hät­te, »aus wel­chem Holz ich als Mann ge­schnitzt sei«. Oh­ne an die ga­ran­tier­te Un­s­terb­lich­keit zu den­ken, sei ich zu un­se­ren Wur­zeln als Män­ner der Tat zu­rück­ge­kehrt. Er be­haup­te­te, ich mach­te einen ge­schicht­li­chen Test (oder ei­ne ähn­li­che ver­dammt blö­de Idee) und da­durch hät­te ich einen Be­weis für die un­ge­bro­che­ne Le­bens­kraft der Ge­schich­te ge­lie­fert. Ich leg­te den Ar­ti­kel bei mei­nen Rei­se­un­ter­la­gen ab und sah ihn so gut wie nie wie­der an.
    Ob­wohl der Ho­tel-Ser­vice so­viel Ab­wechs­lung bot, hat­te ich ihn nach ein paar Ta­gen satt, und wir ent­schlos­sen uns zu ei­nem »ech­ten« Aus­flug nach drau­ßen. Als wir un­se­re Sui­te ge­ra­de ver­las­sen woll­ten, rief Ju­ne Al­b­right an. Sie sag­te, Ben neh­me an ei­ner Kon­fe­renz in Wa­shing­ton teil und sie ha­be den Tag frei. Oh­ne zu fra­gen, ob wir an­de­re Plä­ne hät­ten, for­der­te sie uns auf, sie in der Ge­gend des al­ten Wa­shing­ton Squa­re zu tref­fen, ne­ben dem teil­wei­se ein­ge­stürz­ten, zer­brö­ckeln­den Bo­gen. Dort sei es un­ge­fähr­li­cher als an den meis­ten an­de­ren Or­ten, teil­te sie uns mit, ei­ne Art ent­mi­li­ta­ri­sier­ter Zo­ne, die die Aus­ge­mus­ter­ten re­spek­tier­ten. Das mag ja so ge­we­sen sein, aber die Fah­rer der ers­ten bei­den Ta­xis, die wir an­hiel­ten, wei­ger­ten sich, uns hin­zu­brin­gen. Der drit­te ließ uns an dem Bo­gen aus­stei­gen, der auch als Rui­ne im­mer noch ein­drucks­voll war. Ju­ne war­te­te be­reits. Sie führ­te ei­ne leb­haf­te Dis­kus­si­on mit zwei küm­mer­lich aus­se­hen­den Män­nern in Män­teln, die für den bal­sa­mi­schen Tag viel zu dick wa­ren. Als sie sich um­dreh­te und uns be­grüß­te, tra­ten die Män­ner mit ei­ner Mi­schung aus Höf­lich­keit und Miß­trau­en zu­rück.
    »He«, sag­te Ju­ne, »wir ha­ben ge­ra­de die Vor­zü­ge un­se­rer Zeit mit der Do­sto­jew­skis ver­gli­chen, 19. Jahr­hun­dert in Ruß­land.«
    »Und wel­che Un­ter­schie­de gibt es zwi­schen die­sen Zei­ten?« frag­te ich.
    »Si­mon hier be­haup­tet, so gut wie kei­ne. Die pri­vi­le­gier­te Klas­se ha­be es da­mals eben­so wie heu­te recht gut­ge­habt, und das so­zia­le Ver­ant­wor­tungs­ge­fühl ha­be sich auch et­wa auf dem glei­chen Ni­veau be­fun­den. Si­mon ist üb­ri­gens nicht aus­ge­mus­tert.«
    »Warum hal­ten Sie es für not­wen­dig, dar­auf hin­zu­wei­sen?«
    »Weil Sie ge­dacht ha­ben, er sei es.«
    »Ich bin ein Selbst­mör­der«, er­klär­te Si­mon mit un­glaub­lich krat­zi­ger Stim­me. »Das heißt – denn das hät­ten Sie mich doch gleich ge­fragt –, daß ich es ab­ge­lehnt ha­be, mich noch ein­mal er­neu­ern zu las­sen. Ich ha­be zwei gu­te Le­bens­span­nen ge­habt, und ich will kei­nem Kör­per mehr Ge­walt an­tun, nur um in ei­ner wei­te­ren Run­de den selbst­süch­ti­gen Drang nach Ver­gnü­gen zu be­frie­di­gen.«
    Ich war glück­lich, einen Men­schen mit Idea­len zu tref­fen, wenn er sie auch im Stil ei­nes Sei­fen­kis­ten­red­ners ver­kün­de­te.
    Aber mir stand es bis zum Hals, wo ich ging und stand, Er­neue­rungs­phi­lo­so­phien an den Kopf ge­wor­fen zu be­kom­men. Ju­ne ver­ab­schie­de­te sich von ih­ren bei­den kläg­li­chen Ge­fähr­ten und ging mit uns durch den re­kon­stru­ier­ten Park. Grup­pen von Kin­dern wi­ckel­ten ver­gnügt Schau­keln an ih­ren Ket­ten auf und lie­ßen sie zu­rück­krei­seln oder trie­ben Al­lo­tria auf Ach­ter­bahn-Rut­schen. Der An­blick mil­der­te mei­ne trü­be Stim­mung ein we­nig.
    »Er hat Ih­nen Un­be­ha­gen be­rei­tet«, sag­te Ju­ne. »Si­mon.«
    »Ein biß­chen.«
    »Das ist nor­mal, glau­be ich. Die meis­ten Er­neu­er­ten emp­fin­den Un­be­ha­gen über einen Selbst­mör­der. Manch­mal wün­sche ich mir, sie wür­den es nicht über­all lauthals ver­kün­den. Es könn­te mich be­ein­flus­sen, und das will ich nicht.«
    Wir fan­den ein klei­nes pa­kis­ta­ni­sches Re­stau­rant und nah­men dort den Lunch. An die­sen klei­nen Lo­ka­len mit

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