Alicia
nur zwei kleine Säcke voll Gerstenmehl. Sie wollte Kirsty nicht damit beleidigen, indem sie fragte, ob im Wagen noch andere Vorräte versteckt seien. Als die Männer bei Sonnenuntergang nur mit zwei kleinen Kaninchen zurückkamen, die kaum für eine Mahlzeit reichten, nahm Alicia Stephen beiseite und flüsterte: »Wir dürfen nicht länger von ihren Nahrungsvorräten leben. Sie haben kaum genug für sich selbst. «
Er lehnte sich gegen einen Baum zurück. »Ich weiß. Doch andererseits ließ ich die beiden ungern allein. Donald weiß kaum, wo bei einem Bogen unten und oben ist. Und das Wild in dieser Gegend ist sehr wachsam gegenüber Jägern. Ich mag sie nicht verlassen und bleiben mag ich auch nicht, wenn wir ihnen zu viel wegessen. «
»Ich wünschte, wir könnten ihnen irgendwie helfen. Hier, trink das. « Sie hielt ihm einen Krug hin.
»Ein Rezept von Kirsty. Ein Gebräu aus Flechten und Ale. Sie behauptet, es sei ein Heilmittel gegen alles. Sie macht sich Sorgen, ihr könntet euch bei der Jagd erkältet haben. «
Stephen nippte von der heißen Flüssigkeit. »Und du? Hast du dir auch Sorgen gemacht? «
Sie lächelte. »Ein bißchen wegen Donald. Doch ich dachte mir, du kannst ganz gut auf euch beide aufpassen. «
Er wollte etwas darauf erwidern; doch das Getränk, von dem er nun einen kräftigen Schluck nahm, lenkte ihn ab. »Du, das Zeug ist wirklich gut. Meine Kopfschmerzen sind sofort besser ge worden. «
Sie runzelte die Stirn. »Ich wußte gar nicht, daß du Kopfschmerzen hast. «
»Seit mich der Pfeil deines Bruders am Hinterkopf traf, sind sie mir nicht mehr vergangen. « Er wechselte das Thema: »Sind diese Flechten schwer zu finden? «
»Keineswegs. «
Stephens Augen leuchteten auf. »Donald hat mir heute erzählt, wir wären gar nicht weit weg von einer Stadt. Er wollte seinen Sohn zum Taufen dorthin bringen. Wenn wir beide ein Faß von diesem Zeug brauen könnten, würden wir das vielleicht in der Stadt verkaufen können. «
»Eine gute Idee! « In Gedanken machte sie bereits Pläne.
Bis zum Einbruch der Nacht jagten sie nach Flechten. Donald nahm das bißchen Geld, das er noch hatte, und ritt mit einem Zugpferd in die Stadt, um noch mehr Ale zu besorgen. Alicia blieb in Stephens Nähe. Zum erstenmal fühlte sie sich bei ihm geborgen, ohne sich dem Verlangen ihres Körpers hinzugeben. Das war eine ganz neue Erfahrung für sie.
Am nächsten Morgen spannten sie schon in aller Frühe die Pferde ein und fuhren in die kleine, von einer Mauer umfriedete Stadt. Hier schienen sich Hunderte von Läden und winzige Häuser zusammenzudrängen, daß kaum noch Luft blieb zum Atmen. Das machte Alicia so beklommen, daß sie sich zurücksehnte in das freie Gelände vor der Stadt.
Sie hatte in ihrem Leben nur wenige Städte gesehen. Die Kaufleute kamen in ihre Burg nach Larenston, wenn, sie etwas verkaufen wollten.
Donald stellte den Wagen vor einen Torgang neben die Hauptstraße und schirrte seine Pferde aus. Sie stellten einen Topf von dem Gebräu auf die Erde und begannen, ihren Wundertrank anzupreisen. Kirsty und Alicia saßen im Wagen und hörten den Männern zu. Stephens tiefe Stimme schien die ganze Stadt auszufüllen. Er machte ein paar gewagte Versprechungen und deutete an, er sei selbst von dem Getränk geheilt worden, und zwar vom Aussatz.
Die Leute hörten ihm zu; aber keiner wollte kaufen.
»Vielleicht hast du mehr Erfolg, wenn du Räder schlägst und Saltos wie damals bei Tam«, hänselte Alicia ihren Mann.
Stephen ignorierte sie und suchte einen Mann zum Kaufen zu überreden, weil das Getränk sein Liebesleben verbessern würde.
»Vielleicht brauchst du so was — ich nicht«, erwiderte der junge Mann. Die Leute lachten und zerstreuten sich wieder.
»Ich glaube, jetzt sollte ich es mal versuchen«, sagte Alicia und knöpfte ihr Kleid auf.
»Alicia! « protestierte Kirsty, »du tust doch nichts, was Stephen erzürnen könnte? «
Sie lächelte. »Vermutlich doch. Ist das tief genug? «
»Mehr als genug«, erwiderte Kirsty, als sie den halb entblößten Busen von Alicia sah. »Donald riß mich an den Haaren, wenn ich mich so den Männern zeigte. «
»Die Engländerinnen tragen noch tiefer ausgeschnittene Kleider«, entgegnete Alicia.
»Aber du bist doch keine Engländerin! «
Alicia lächelte nur in sich hinein und stieg auf der anderen Seite aus dem Wagen.
Stephen lächelte überrascht, als die Leute auf diese Seite hinüberdrängten. Und Alicia pries das Getränk erst als
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