Alicia
Sohn«, sagte Donald mit bebender Stimme, ehe er in den Wagen kletterte.
Es war dunkel geworden inzwischen. Der klare, kalte Tag hatte sich in eine noch kältere Nacht verwandelt.
Alicia streckte sich in der frischen, klaren Luft. Aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl von Freiheit. Sie warf den Kopf zurück, streckte die Arme in die Höhe und drehte sich immer wieder im Kreis.
Stephen faßte sie lachend an den Armen und hob sie hoch. Er schwenkte sie herum. »Du warst wunderbar«, sagte er begeistert. »Du warst so stark und ruhig und hast Kirsty die Geburt sehr erleichtert. «
Alicia schlang die Arme um den Hals ihres Mannes. »Vielen Dank. Aber du hast den wesentlichen Anteil an meiner Hilfe; denn du wußtest, was ich tun mußte, als der Kopf des Kindes zum Vorschein kam. Ich glaube, ich hätte nicht mehr gewußt, was ich machen sollte, wenn ich allein mit der werdenden Mutter gewesen wäre. «
Stephen glaubte ihr kein Wort; aber es tat seinem Stolz gut, wenn sie sagte, er habe einen wesentlichen Beitrag geleistet. »Bist du müde? « fragte er leise, während er sie an seinen Körper drückte und über ihre Haare fuhr.
»Sehr«, sagte sie, obwohl sie sich sehr gut und entspannt fühlte.
Er bückte sich und schob seine Arme unter ihre Knie. »Komm — wir suchen uns einen ruhigen Platz zum Schlafen. « Er trug sie über den Kamm des Hügels und setzte sie ab, während er mit einer geschickten Bewegung das Plaid fallen ließ, daß es sich unter ihr auseinanderfaltete. Alsbald schmiegten sie ihre Körper aneinander und spendeten sich gegenseitig Wärme. Rab barg sich an Alicias Rücken.
»Stephen? « flüsterte Alicia an seinem Ohr. »Was sollen wir nur anstellen? Wir wissen nicht, wie wir nach England gelangen sollen. Allein fallen wir beide zu sehr auf. «
Stephen lag ganz still, während sein Kopf fieberhaft arbeitete. Noch nie hatte sie ihn um seine Meinung gebeten und sich noch nie so vertrauensvoll an seine Seite gelegt. Er lächelte, küßte sie auf den Scheitel und zog sie noch fester an sich. Er spürte förmlich, wie seine Brust ein paar Zoll breiter wurde. »Bisher habe ich noch nicht gründlich nachgedacht; doch mir scheint, wir sollten vorläufig mit Kirsty und Donald zusammenbleiben, falls das geht. « Er legte eine Pause ein. »Was meinst du dazu? « Kaum waren ihm die Worte entschlüpft, wurde ihm klar, wie sehr er sich verändert hatte. Vor ein paar Monaten hätte er seiner Frau Befehle gegeben, was sie zu tun habe. Nun fragte er sie um Rat.
Alicia nickte an seiner Brust. »Die beiden fahren nach Süden zu ihren Eltern. Wenn wir bei ihnen bleiben, könnten wir unterwegs irgendwo Pferde kaufen. «
»Kaufen? Mit unserem guten Aussehen? « fragte Stephen.
»Wir besitzen nicht einmal einen Penny. Selbst Donald können wir nicht für seine Gastlichkeit entlohnen. «
»Kein Schotte läßt sich die Bewirtung eines Gasts bezahlen. «
»Auch ein MacGregor nicht? « hänselte Stephen.
Sie lachte leise. »Solange sie nicht wissen, daß wir MacArrans sind, brauchen wir für die Reise nichts zu bezahlen. Und was das Essen betrifft, bist du ein besserer Jäger als Donald. Wir müssen also nur überlegen, wie wir zu Pferden kommen. « Sie seufzte. »Schade, daß Davey uns nicht näher bei der Grenze überfiel. «
»Warum? «
»Dann hätte ich bereits eines meiner englischen Kleider getragen. Diese verdammten Dinger sind mit Juwelen bestickt. Die hätten wir verkaufen können. «
»Wenn du wie eine Engländerin gekleidet gewesen wärst, würden wir nun vermutlich tot sein. Und wir hätten kein Plaid, das uns jetzt warm hält. «
Sie sah zu seinem Gesicht hinauf. »Ich dachte, du verabscheust unsere schottische Kleidung. Wenn ich mich richtig erinnere, sagtest du, man verkühle sich an einigen Stellen, die Männern kostbar sind. «
»Werde nicht unverschämt«, sagte er mit gespielter Entrüstung. »Dieser Nachteil wird durch raschen Zugang wieder ausgeglichen. Ein Mann kann aus einem Plaid in der gleichen Zeit schlüpfen, die ein Engländer braucht, um sich zu überlegen, ob er sich ausziehen soll. «
Sie lächelte zu ihm hinauf.
»Höre ich Stolz aus Eurer Stimme? Und wo, zum Kuckuck, hast du dir diesen schweren Akzent angewöhnt? «
»Vielleicht ist er mir mit dem Plaid zugeflogen«, sagte er.
»Mir gefällt er«, sagte sie leise, während sie ihr nacktes Knie unter sein Hemd hinaufschob, das er noch auf dem Leib trug. »Wie hättet Ihr es lieber — als Hebamme oder als Chefin eines
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