Alicia
Warum mußte er unsere Rinder stehlen! «
»Sollte der MacArran still zu Hause sitzen, während auf den Weiden seine Männer getötet wurden? Sollte er nicht Rache üben dürfen für diesen Verlust? «
»Alicia… «, warnte Stephen.
»Laß sie reden! « schnaubte Harben. »Sie hat ihren eigenen Kopf. Was weißt du von dem MacArran? «
»Er… «
Kirsty fiel Alicia ins Wort: »Sie wohnt direkt an der Grenze von MacArrans Land. «
»Oh, da mußt du eine Menge ausgestanden haben«, sagte Harben voll Mitgefühl. »Haben sie dich schlimm behandelt? «
»Überhaupt nicht«, sagte Alicia lächelnd.
»Donnerwetter! Du mußt mir erzählen, wie du das vermeiden… «
Kirsty stand von ihrem Schemel auf. »Ich glaube, es ist höchste Zeit, daß wir ins Bett kommen. Wir müssen morgen in aller Frühe die Kühe melken. «
»Aye«, sagte Harben, »mit jedem Jahr fängt der Tag ein bißchen früher an. «
Später, als Alicia und Stephen eng aneinandergeschmiegt unter ihren Plaids auf einem Strohsack lagen, sagte sie: »Halte mir jetzt bitte keinen Vortrag! «
Er zog sie noch enger an sich. »Das hatte ich nicht vor. Ich würde gern zuhören, wie du dich mit dem alten Harben streitest. Ich wette, da hast du jemand gefunden, der dir gewachsen ist. Keiner von euch würde an dem Klan des anderen ein gutes Haar lassen. «
Er küßte sie, als sie ihm darauf eine Antwort geben wollte. Und dann schliefen sie friedlich ein.
Ein Reiter brachte am nächsten Morgen eine Nachricht, die Stephens Pläne, Harbens Hütte wieder zu verlassen, umstürzte. Es war bekannt geworden, daß die MacArran und ihr englischer Ehemann vermißt wurden. Der MacGregor hatte eine großzügige Belohnung für ihre Ergreifung ausgesetzt.
Stephen griente, als er Harben sagen hörte, er würde dieses häßliche Hexenweib mit Freuden dem MacGregor ausliefern. Das Grinsen verging ihm, als Harben ihren englischen Gatten als einen wertlosen Pfau beschrieb, der die Erde nicht verdiente, unter der man ihn verscharren würde. Stephen schnitt ein finsteres Gesicht, als Alicia Harbens Meinung über den Engländer teilte und ihn ermunterte, immer schlimmere Dinge über die Engländer zu sagen, bis Kirsty die Tiraden ihres Vaters unterbrach.
»Das zahl ich dir heim«, flüsterte Stephen, als sie zum Anbau gingen, wo die Kühe gemolken werden sollten.
»Indem du mich auf typisch englische Art mit deiner Lüsternheit verfolgst? « neckte Alicia ihn und ging mit schwingenden Hüften vor ihm her.
Stephen wollte etwas erwidern, fühlte sich aber plötzlich sehr lüstern. Er lächelte ihr zu und ging zu einer Kuh.
Alicia hatte von Kindheit an viel Zeit in den Hütten ihrer Bauern verbracht und war mit der Farmarbeit vertraut. Stephen wußte nur, wie man bewaffnete Männer anzuführen hatte. Er saß auf einem Schemel neben der Kuh und betrachtete verwirrt ihr Euter.
»Das macht man so«, sagte Kirsty leise zu ihm und zeigte, wie man Milch aus einer Kuh herauspreßte. Sie überhörte sein Fluchen, weil er mehr Milch über seine Beine spritzte als in seinen Eimer.
Später verteilten sie die Milch gleichmäßig auf alle Eimer, und Nesta wunderte sich über die ungewöhnlich niedrige Ausbeute. Doch sie lächelte nur und schickte sie weiter auf die Felder.
Das Wintergemüse sollte eingebracht und die Steinzäune mußten ausgebessert werden. Donald und Alicia sahen sich lächelnd an, als Stephen sich beim Anblick der Steine freute wie ein Kind. Hier war endlich etwas, wo er wirklich zupacken konnte. Er trug mehr Steine herbei, als die anderen zu verarbeiten vermochten. Er wuchtete einen Stein hoch, den man schon eher als Felsblock bezeichnen konnte, und Kirsty gab Alicia einen Rippenstoß: Harben betrachtete Stephen mit ehrfürchtigen Augen. »Ich glaube, mit so einem Mann könntest du ein Haus bauen, das so groß ist wie eine Burg«, sagte sie leise.
»Vielen Dank«, erwiderte Alicia, und abermals hatte sie das Gefühl, daß Kirsty mehr wußte, als sie sich anmerken ließ.
Am Abend kam eine sehr müde Gruppe wieder in die warme Kate zurück. Aber sie waren auch eine glückliche Horde, die sich gegenseitig neckte und sich vor Lachen ausschüttete, als Donald erzählte, wie Stephen Steine gewuchtet und Kühe gemolken hatte. Der alte Harben zündete sich eine Pfeife an und stemmte einen Ellenbogen auf sein Knie. Zum erstenmal seit Jahren dachte er nicht mehr an den Tag, als er seinen rechten Arm verlor.
Zwei Tage später suchten Kirsty und Alicia Flechten auf der anderen
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