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Alicia

Alicia

Titel: Alicia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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betrachtete. Er beschäftigte sich wieder mit dem Backen der Fladen. »Und da ist noch Mary. «
    »Mary? «
    »Unsere Schwester. «
    Der Tonfall seiner Stimme machte sie stutzig. »Du hast nie etwas von einer Schwester erwähnt. Wie ist sie? Weilt sie zu Weihnachten bei ihren Brüdern? «
    »Mary ist wie eine Madonna«, sagte Stephen ehrfürchtig. »Sogar als Kinder spürten wir schon, daß sie anders ist. Sie ist die älteste von uns Geschwistern und sorgte stets dafür, daß ihre jüngeren Brüder nie in Schwierigkeiten kamen. Manchmal gingen Gavin und Raine sich an die Gurgel. Gavin wußte natürlich, daß der Besitz eines Tages ihm gehören würde, und war jedesmal wütend, wenn Raine einem Leibeigenen verzieh, der in seinen Ländereien einen Schaden anrichtete, den er allein zu verantworten hatte. Mary trat dann zwischen die beiden und beruhigte sie mit ihrer sanften Stimme. «
    »Wie stellte sie das an? « fragte Alicia, die sich nun an ihre Pflichten als Klanchefin erinnerte.
    »Ich habe nie verstanden, wie sie das machte. Als Miles den Knappen umbringen wollte, war Mary die einzige, die ihn davon abbringen konnte. «
    »Und behandelt ihr Mann sie gut? «
    »Sie hat keinen Mann. Sie bat um die Erlaubnis, ehelos bleiben zu dürfen; und da wir keinen Mann kannten, der unsrer Ansicht nach die Güte aufbringen konnte, die sie als Ehefrau von ihm erwartete, beugten wir uns ihrem Wunsch. Sie lebt jetzt in einem Stift, das nicht weit vom Sitz der Montgomerys entfernt ist. «
    »Es war freundlich von euch Brüdern, daß ihr euch dem Willen eurer Schwester gebeugt habt. Wie ich hörte, haben Engländer wenig Einfluß auf ihre eigene Zukunft. «
    Stephen nahm ihre Bemerkung nicht krumm. »Ich glaube, du hast recht. Vielleicht sollten sie sich da die Schotten zum Vorbild nehmen. «
    »Sie? « sagte sie mit übertriebenem Augenaufschlag.
    Er lachte. »Weißt du, allmählich komme ich mir selbst wie ein Schotte vor. « Er stand auf und streckte ein nacktes Bein vor. »Glaubst du, meine eigenen Brüder würden mich noch erkennen? «
    »Wahrscheinlich ja«, antwortete sie; »aber sonst keiner mehr, möchte ich sagen. « Stolz schwang in ihrer Stimme mit.
    »Mal sehen, ob du recht hast«, sagte Stephen mit einem entrückten Blick in den Augen. »Vielleicht machen wir noch einen kleinen Abstecher, ehe wir meine Brüder besuchen. «

12. Kapitel
    Als sie Englands Boden betraten, spürte Stephen schon den Unterschied in der Atmosphäre. Selbst an der Grenze zu Schottland waren die Leute nicht gewohnt, Menschen aus dem Hochland zu begegnen. Manche gafften unverschämt ihre Kleider an; andere riefen ihnen Schimpfworte nach, weil ihre Gehöfte von Schotten angegriffen worden waren. Alicia ritt mit steifem Rücken und hocherhobenem Kopf. Sie ließ sich von keinem Engländer zu einer Antwort herausfordern. Nur ein einziges Mal zeigte sie eine Reaktion. Stephen hatte am Brunnen eines Bauern angehalten, um ihren Wasservorrat zu ergänzen, und der Bauer rannte ihnen mit einer Heugabel nach. Alicia konnte ihren Mann gerade noch daran hindern, den Bauern zu verprügeln. Noch Stunden danach schimpfte Stephen auf die Dummheit der Engländer. Alicia lächelte. Es war kein Wort darunter, das sie nicht längst selbst gesagt oder gedacht hatte.
    Jetzt stritten sie sich wegen einer anderen Sache. Vor zwei Nächten hatte Stephen ihr seinen Plan vorgetragen, wie er einen Freund aus Kindheitstagen zum Narren halten wollte.
    »Nein«, sagte sie vielleicht zum hundertsten Male, »mir gefällt er nicht. «
    »Es ist eine Fehde«, sagte Stephen geduldig. »Du mußt doch am ehesten begreifen, was eine Fehde ist. «
    »Was die MacGregors und die Arraks entzweit, ist echt, in vielen Jahren des Zorns und der Feindseligkeit gewachsen. Sie haben meine Männer getötet und mein Vieh gestohlen. Einige meiner Frauen müssen Bastarde der MacGregors großziehen. « Sie warf ihm einen flehentlichen Blick zu. »Doch was du vorhast, ist eine Kinderei, ein mutwilliges Spiel. Bitte, laß es sein. Ist es denn so wichtig, ob dieser Mann dich wiedererkennt oder nicht? «
    Stephen verweigerte ihr darauf die Antwort, zumal sie ihm diese Frage schon so oft gestellt hatte. Er vermochte ihr das mit Hugh nicht zu erklären. Er konnte sich an die Zeit mit Hugh nicht einmal ohne Peinlichkeit oder Schmerz erinnern.
    Sie waren gemeinsam an der Tiefland-Grenze im Auftrag König Heinrichs auf Patrouille gewesen, als die Nachricht sie erreichte, König Heinrich habe Stephen zum

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