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Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Titel: Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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würde etwa zwanzig Minuten
dauern, bis ihr TALENT völlig aktiviert war. Sie lehnte sich auf
der Koje zurück und wartete…
    Und erwachte erneut, mit trockenem Mund. Ihr TALENT war jetzt voll
da – eine viel hellere Illumination als das diffuse Licht, das
durch die Windschutzscheibe hereinfiel. Deutlich erfaßte sie
Kilczers bedächtige Gedanken. Sie waren wie Eisschollen, die
sanft einen ruhig dahinströmenden Fluß hinuntertrieben,
während er seine Geräte für ihre gemeinsame Aufgabe
vorbereitete. Chavez’ Gedanken waren dagegen ein zäher
Quecksilber-Strom, unterlagert von einem schwachen Gefühl der
Erschöpfung. Und Ades leicht sprunghafte Intelligenz? Drei
verschiedene Melodien, die sich kaum gegenseitig überlagerten,
und die Spur einer Zivilisations-Kakophonie, vor der Dorthy damals in
die klare Stille des Raumes geflohen war.
    Noch während sie über den ausgetrockneten Boden auf den
in der Ferne blitzenden See zuging, spürte Dorthy die
menschlichen Bewußtsein hinter sich wie ein verwirrendes
Glühen außerhalb ihres Blickfeldes – und am
deutlichsten das von Kilczer, der ihr mit seiner Ausrüstung, die
ihm ständig schmerzhaft gegen die Hüften schlug, in
gebührendem Abstand folgte.
    Grindige Sandwellen, über die irgendwann Wasser geflossen
sein mußte, knirschten unter ihren Stiefeln. Hier und dort
reckten Buschwerk und Pflanzen fleischfarbene oder dornige, mit
faserigen Blättern dicht bewachsene Äste empor. Sie hoben
sich dunkel gegen das rötliche Licht ab. Manche waren
hüfthoch. Von welcher Welt – einer erforschten oder einer
unbekannten? Von der Erosion zerfressene Felsbrocken warfen ein
verwirrendes Schattenmuster.
    Dorthy stieg den sanften Hang einer Düne hinauf. Der Boden
war mit einem Teppich aus niedrigen Flechtengewächsen bedeckt.
Am Seeufer konnte sie Bewegungen erkennen, war aber noch zu weit
entfernt, um mit ihrem TALENT etwas zu erfassen. Außerdem
störte Kilczers Nähe ihre Konzentration – wie ein
gelegentlicher Lichtschimmer oder das Rauschen eines Empfängers
zwischen den einzelnen Kanälen. Dorthy zwang sich dazu, sich
nicht umzusehen, und ging mit einem flauen Gefühl im Magen
weiter. Es war nicht Furcht, sondern eher Erwartung. Selbst ihre
Neugier war verschwunden; sie war wie eine leere Seite, die darauf
wartet, beschrieben zu werden, wie die glatten Scheiben aus
Sandstein, die sie bei ihrem ersten Spaziergang bei Camp Zero
gefunden hatte – völlig unberührt.
    Weiter, noch näher! Im schwachen Licht konnte sie jetzt schon
einzelne Gestalten erkennen, und sie bewegte sich langsamer
vorwärts. Mindestens hundert Critter paddelten mit ihren
lächerlich kleinen Flossen im ruhigen Wasser des Sees. Zwei oder
drei drehten sich unbeachtet langsam um ihre Körperachse. Sie
waren wahrscheinlich tot. Ein Stück weiter entfernt am Seeufer
standen eine Reihe Bäume mit flachen Kronen, und dicht davor
schickte ein Feuer seine dünne Rauchfahne zum Himmel. Dort
hielten sich, wie Ade sagte, gewöhnlich die Hüter auf
– die Weibliche mit ihrem Harem von Männlichen.
    Geduckt arbeitete sich Dorthy ein paar Meter vorwärts. Sie
setzte ihre Schritte vorsichtig, um sich nicht zu verraten. Vor ihr
ragte ein dicker Baum auf, verästelt wie eine Koralle; sie
hockte sich in seinem Schutz im Schneidersitz auf den Boden und
begann mit dem üblichen Ritual. Sie konzentrierte ihren Geist
auf die bevorstehende Aufgabe, richtete ihren Oberkörper
kerzengerade auf und begann tief ein- und auszuatmen. Unter dem
sanften Rhythmus der Atemzüge tauchte sie allmählich immer
tiefer in ihr hell schimmerndes Selbst hinein.
    Jedes TALENT hatte seinen eigenen Weg der Vorbereitung und
Konzentration. Einige dieser Leute waren in der Lage, mit geringer
Konzentration Objekte zu erfassen. Sie konnten ihr TALENT so einfach
handhaben wie das Heben einer Braue. Andere mußten da wie
Dorthy schon tiefer in sich eindringen. Sie hatte herausgefunden,
daß das Praktizieren des Sessan Amuki, einer
Zen-Meditation, für sie die wirkungsvollste Technik war, bei der
sie regungslos, der Welt des Guten und des Bösen aufgeschlossen,
im Freien hockte, wie im Moment – den kalten, harten Sand unter
ihrem Po, den schwachen Lichtschein auf ihren Lidern ignorierend,
ohne einen Gedanken in ihrem Herzen zu erwecken. Zumindest keinen
Gedanken an oder über sich selbst.
    Aber da, dort – das schwache Flackern anderer Gedanken.
Aus… vorbei!
    Nicht das schnelle, flüchtige Aufblitzen der Empathie, eine
losgelöste,

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