Alien 2: Verborgene Harmonien
bin ich sicher«, sagte Yep.
»Also, Freunde, denkt daran – nicht feuern, bis der
Befehl kommt.« Der weibliche Cop kroch zurück in ihre alte
Stellung.
Rick drückte die Patronen ins Magazin und lud durch. Jenseits
der Straße wendeten die Overlander nacheinander und
beschleunigten in Richtung Wald. Die Mörser in den Bäumen
feuerten erneut. Die erste Granate wirbelte eine Erdfontäne am
Kamm des Verteidigungswalls auf, die zweite schlug dicht vor dem
letzten anfahrenden Overlander ein. Aber zur Überraschung aller
Beobachter rollte der Wagen weiter und verschwand schließlich
zwischen den Bäumen. Die Mörser nahmen des Feuer auf den
Wald zurück, doch nach einer Weile flaute es ab.
Der Wald begann dicht hinter dem gerodeten Streifen
außerhalb des Perimeterzauns. Die Bäume standen hier so
dicht, daß sich ihre Zweige zu einem fast undurchdringlichen
Dickicht verwoben, das eher grau als grün wirkte. Die Wipfel
bildeten eine dichte Decke, die im schwindenden Sonnenlicht auf einem
Gewirr von Schatten zu schweben schien. Nichts rührte sich.
Genau von dort erscholl zur Überraschung aller Verteidiger
das metallische Pfeifen einer Rückkopplung, und eine
Lautsprecherstimme sagte: »Ihr da drüben, hört genau
zu. Wir wollen kein Blutvergießen. Legt also eure Waffen nieder
und gebt uns ein Zeichen, daß ihr bereit seid, euch zu
ergeben.«
Bergen lud sein Gewehr durch. »Die Waffen niederlegen? Ich
verpasse dem Burschen gleich ’ne Ladung in den
Hintern.«
»Wir haben den Befehl, erst alle aus dem Wald zu locken, ehe
wir sie fertigmachen«, erinnerte ihn Yep.
»Hab’s nicht vergessen«, grollte Bergen. »Bin
nur scharf drauf, sie endlich vors Rohr zu kriegen. Das ist
alles.«
Die körperlose Stimme wiederholte ihre Aufforderung.
»Und was ist, wenn wir tun, was sie sagen?« fragte
Rick.
»Die Siedlungsminderheit unserer Einheit hat sich zu Wort
gemeldet«, höhnte Yep. »Keine Sorge, Florey, ich habe
ein Auge auf Sie.«
»Ich wollte doch damit nur sagen, daß das sicherlich
den Krieg schneller beenden würde.« Rick lächelte ihr
zu.
»Passen Sie auf, Ana, sonst dreht er Sie noch um.«
Bergen grinste.
»Ich versuche nur, die ganze Angelegenheit etwas realistisch
zu sehen«, sagte Rick. »Wenn mir jemand vor einem Jahr
gesagt hätte, daß ich jetzt unter Granatfeuer hier in
einem schlammigen Graben herumkriechen würde, hätte ich ihn
für verrückt erklärt.
Und die ganze Sache ist auch verrückt – ist einfach
Irrsinn.«
»Natürlich ist sie das«, gab Ana Yep
überraschend zu. »Aber wir sind nun mal hier und
können nicht weg…«
Das schrille Heulen einer Granate näherte sich, und alle
duckten sich tief in den Graben, während der Einschlag den Boden
erbeben und feuchte Erde auf ihre Köpfe niederprasseln
ließ.
Yep schob vorsichtig die Nase über den Grabenrand.
»Drüben auf der anderen Seite des Trichters schwenkt einer
’ne weiße Fahne. Wie die Kollegin gesagt hat. Hoffen wir,
daß die anderen in den Overlandern wirklich unsere Flanken
sichern, sonst sitzen wir tief in der Scheiße, wenn die
Rebellen dahinterkommen, daß wir sie nur täuschen
wollen.«
Erneut ertönte die Lautsprecherstimme: »Wir sehen euer
Signal. Ein paar von uns kommen jetzt rüber, um eure Waffen
einzusammeln. Vergeßt nicht, wir haben immer noch unsere
Mörser hier. Wir können das Feuer direkt auf eure
Stellungen legen, wenn wir wollen. Was dann von euch
übrigbleibt, könnt ihr euch ausmalen. Aber keine Sorge! Wir
haben gesehen, wie die Cops euch im Stich gelassen haben. Wir werden
uns um euch kümmern.«
Bergen verzog das Gesicht. »Die Hurensöhne denken, sie
hätten nur noch die FVS vor sich, und alle seien bereit zum
Überlaufen.«
»Sie sind Fanatiker«, antwortete Yep. »Sie wollen
nicht akzeptieren, daß jemand eine andere Meinung hat als sie.
Seht nur, da kommen sie.«
Zwei Gestalten traten aus dem Schatten des Waldsaums, dann noch
zwei. Einer suchte die Gräben mit dem Feldstecher ab. Die
Gläser reflektierten das Licht der untergehenden Sonne –
orangefarbene Funken, die gleich wieder erloschen, als der Mann das
Glas sinken ließ.
Keine Fanatiker, korrigierte Rick Ana Yep in Gedanken. Das waren
mutige und verletzliche Menschen, die ihr Leben für ihre
Anschauung aufs Spiel setzten. Er mußte wieder an Lake Fonda
denken, an Lena, an ihre eigene unverrückbare Überzeugung.
Er konnte den Moment verstreichen und die Insurgenten in die Falle
laufen lassen. Aber würde er ihr nachher jemals wieder in
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