Alien 2: Verborgene Harmonien
der Politiker
weitersprach. »Das jetzt war nicht mal ein Hundertstel von dem,
was Sie jeden Tag im Camp zu erdulden haben werden«, sagte der
Colonel in demselben verbindlichen Ton wie zuvor. »Ich bin ein
zu allem entschlossener Mann, Dr. Florey. Ich werde es nicht
zulassen, daß Ihre idiotische Verbundenheit mit ein paar
Studenten mir in die Quere kommt. Früher oder später werden
Sie mir helfen. Ihnen wird bewußt werden, daß die Stadt
den Krieg gewinnen wird, daß Sie, wenn dies eintritt und Sie
immer noch im Lager sind, den Rest Ihrer Tage in den Minen von
Coopers Hill verbringen werden. Es wird für Sie keine
Rückkehr an die Universität und an Ihre Arbeit geben,
solange Sie mir nicht helfen. Ich werde dafür sorgen, daß
Ihnen dies alles bewußt gemacht wird. Keine einzige Minute im
Internierungslager werden Sie je im Leben wieder vergessen.«
Und zum Sergeant: »Das wär’s.«
Rick spannte die Muskeln in Erwartung von weiteren Schlägen,
doch der Sergeant drehte ihn lediglich um und schob ihn wortlos in
den kalten Abend hinaus.
Über eine Stunde saß Rick mit mehr als fünfzig
weiteren Gefangenen in einem mit Stacheldraht umgebenen Geviert. An
jedem Eckpfosten waren gleißende Flutlichter angebracht. Einige
Gefangene waren Insurgenten, die im Kampf in die Hände der
Gegner gefallen waren, andere wie Rick Siedler, die, aus welchem
Grund auch immer, bis jetzt auf der Seite der Stadt gestanden hatten.
Die meiste Zeit hielten die beiden Gruppen Abstand. Jeglicher Zwist
zwischen ihnen wurde sofort durch Warnschüsse der Posten
draußen vor dem Zaun im Keim erstickt.
Rick erfuhr von einem anderen Gefangenen, daß die Rebellen
entlang der gesamten Verteidigungslinie Scheinangriffe vorgetragen
hatten. An ein paar Stellen waren sie sogar durchgebrochen, und die
Bemühungen der Cops, sie aus diesen Stellungen zu vertreiben,
dauerten offenbar noch an. Der Mann, der Rick dies erzählte,
hieß Walton Sullivan und war ein kleiner, nervöser
Arbeiter aus den Automaten-Fabriken, der vor zwanzig Jahren nach Port
of Plenty emigriert war, eine Bürgerin geheiratet und mit ihr
zwei Kinder gezeugt hatte. Für sich selbst hatte er nie die
Bürgerschaft beantragt. Für Politik habe er keine Zeit,
erklärte er Rick. Sullivan hatte die äußerlichen
Anzeichen von Ricks Mißhandlung wohl bemerkt und versuchte, ihm
zu helfen, fragte aber nie nach der Ursache dafür. Er war ein
einfacher, warmherziger Mann, den der Krieg und seine seltsame
Methodik völlig aus der Bahn geworfen hatte. Sullivan war
zutiefst davon überzeugt, daß seine Internierung nur ein
fataler Irrtum sei und er sehr bald entlassen werden würde.
»Ich halte mich grundsätzlich für mich«, pflegte
er zu sagen. »Das ist es, was mir am Leben in der Stadt so
gefällt. Man kann hier sein Leben gestalten, ohne
befürchten zu müssen, daß andere einem dauernd
dreinreden.«
»So habe ich auch einmal gedacht«, entgegnete Rick. Sie
standen beide leicht gebeugt, um der Kälte möglichst wenig
Angriffsfläche zu bieten, und hatten die Hände tief in die
Taschen der Overalls vergraben. Setzen konnte man sich nirgends in
dem knöcheltiefen Schlamm. Sullivan spähte in das Dunkel
hinter dem hellerleuchteten Geviert. »Sieht so aus, als
kämen die Lichter da vorn auf uns zu. Vielleicht wird sich jetzt
alles aufklären.«
»Ich hoffe es für Sie«, sagte Rick.
Der Luftkissen-Truck bremste vor dem Tor. Ein Polizei-Lieutenant
stieg aus. Die Wachen befahlen den Internierten mit gezogenen
Pistolen, sich draußen vor dem Zaun in Reih und Glied
aufzustellen. Der Lieutenant verlas einige Namen, darunter auch die
von Rick und Sullivan. Die Genannten mußten einen Schritt
vortreten. Ein Posten nahm ihnen ihre Armbinden ab und trieb sie zu
dem Truck. Rick drehte sich um und hörte noch, wie Sullivan
hinter ihm laut protestierte. Ein klatschender Schlag war die Folge.
Die Nase des Automatenarbeiters blutete, als er auf den Truck
kletterte. »Diese Bastarde«, fluchte er voll Zorn.
»Sobald sich alles aufgeklärt hat, werde ich sie
anzeigen.«
Aus einer dunklen Ecke der Ladefläche hörte Rick
plötzlich die Stimme von David Janesson: »Tut mir leid,
daß du das alles aufgrund eines Mißverständnisses
durchmachen mußt, Kumpel. Ja, ich fürchte, es ist ein
Mißverständnis. Ich weiß von Colonel Savory
persönlich, daß wir alle direkt ins Internierungslager
überstellt werden.«
Janesson schien nicht im mindesten überrascht, Rick hier
wiederzusehen. »Offenbar hat es
Weitere Kostenlose Bücher