Alien 2: Verborgene Harmonien
antwortete Rick unbestimmt und war nahe
daran vorzuschlagen, daß Rydell seinen Platz einnahm.
Der Truck brauste davon. Ein großer Cop winkte Rick in eine
der Baracken. Ihr Inneres war vollgepfercht mit fünf oder sechs
Schreibtischen. Auf einem davon hockte Savory und ließ sein
Bein gegen die Seitenwand baumeln. Er trug schwere Stiefel und einen
maßgeschneiderten Overall der Freiwilligen
Verteidigungs-Streitkräfte.
»Sie kommen genau im rechten Moment, Lieutenant«,
begrüßte er Rick.
»Sie wünschen?« Ricks Hals war wie
zugeschnürt. Er brachte die Worte nur mühsam hervor.
»Ich habe Sie von Ihrem derzeitigen Posten
zurückbeordert. Sie werden ab sofort mein Verbindungsoffizier
hier sein. Irgendwie hielt ich es für eine Schande, Sie dort im
Baubüro versauern zu lassen. Sie werden hierbleiben und für
mich persönliche Untersuchungen durchführen.« Savory
verzog die dünnen Lippen zu seinem typischen Lächeln.
»Die Dinge geraten allmählich in Bewegung. Ich habe nicht
genug Zeit, um den Bau der Verteidigungsanlagen zu überwachen.
Oh, nur keine Sorge! Ihre Aufgaben dürften kaum sehr anstrengend
sein.«
Rick vermutete, daß Savory an dieser Stelle seinen Dank
erwartete. Aber er schwieg. Er hatte das Gefühl, ganz langsam zu
versinken, ohne sich dagegen wehren zu können.
»Also schön.« Savory sprang auf die Füße
und zupfte seinen Overall zurecht. »Ich gebe Ihnen jetzt die
Gelegenheit, aus eigener Anschauung zu erfahren, wie wir mit Rebellen
verfahren. Kommen Sie.«
Inzwischen hatte Rick sich schon fast daran gewöhnt, hinter
Savory herlaufen zu müssen. Sie verließen die Baracke und
gingen zum Hubschrauber. Der Pilot war derselbe untersetzte Bursche,
der Savory und Rick vor Herbstbeginn, vor Ausbruch der
Kriegshandlungen, zu den Gefängnisminen am Coopers Hill geflogen
hatte. Als Rick auf die Rückbank kletterte, bemerkte er die
Pistole im Hüftholster des Mannes.
Der Helikopter stieg auf und flog in großer Höhe mit
hohem Tempo nach Osten. Unter ihnen glitt der Wald dahin, eine Matte
in Grün und Braun, hier und da unterbrochen von dem Silberstreif
eines Flusses oder Gewässers. Rick betrachtete die Landschaft
ohne jegliches Interesse. Er fragte sich fortwährend, was Savory
mit ihm vorhatte, und ihm gingen dabei die schlimmsten Vorstellungen
durch den Kopf.
Der Wald lichtete sich an den Flanken der Hampshire Hills. Ein
Sumpfschwein hetzte den mit Dornbüschen bewachsenen Hang
hinunter, und der Helikopter ging tiefer, als wolle er ihm
nachsetzen. Savory drehte sich im Sitz um und deutete nach rechts.
Unterhalb der Hügelkuppen stand eine schwarze Rauchwand. Gegen
den wolkenverhangenen Himmel wirkte sie winzig. Savorys Stimme
ertrank im lauten Röhren des Helikopters. Er mußte den
Namen dreimal wiederholen, ehe Rick ihn verstand. Dort unten brannte
Lake Fonda.
Der Hubschrauber landete auf der windabgewandten Seite des Feuers
auf einem Feld neben drei anderen Helikoptern. Hier mußte es
sich, auch ohne die Einmann-Sonden und die Turboprop-Flugzeuge am
Boden hinzuzuzählen, die schon ihrem Namen nach eher
Museumsstücke als Kampfmaschinen waren, um einen
größeren Einsatz handeln, denn die halbe Luftwaffe der
Stadt war hier versammelt.
Das erste, das Rick sah, als er aus dem Hubschrauber stieg, war
eine kleine Herde von Schafen in einem Drahtverhau, die jedesmal vor-
und zurückwogten, wenn ein Cop ein Tier mit einem Jagdgewehr
erschoß. Seelenruhig tötete er ein Schaf nach dem anderen.
Andere Cops eilten geschäftig zwischen den Hubschraubern und
einem Dutzend Overlandern hin und her. Die meisten hatten den
Chamäleon-Stromkreis ihrer Overalls aktiviert, so daß Rick
nur surrealistische Fragmente eines grinsenden Gesichtes, einer Hand,
die einen Compsim hielt, oder eines Gewehrlaufs auf der Motorhaube
eines Overlanders erkannte, solange er nicht genauer hinsah.
Ein halbes Dutzend Cops bewachte die Siedler, die einheitlich
weiß gekleidet waren. Es mußten über hundert
Gefangene sein, meist Kinder, Frauen und ein paar alte Männer.
Sie standen oder hockten mitten auf einem frisch gepflügten
Feld. Alle bis zum kleinsten Kind mußten mit ansehen, wie ihre
Häuser ein Raub der Flammen wurden. Die Steinmauern standen
noch, ragten als dunkle Schatten aus den meterhohen Flammen, die so
hell loderten, daß es den Augen weh tat. Dicke Rauchsäulen
stiegen in die Luft und bildeten über der Siedlung eine dichte
Schicht aus Qualm und Ruß. Mitten unter den Häusern
brannte eine Baumgruppe im
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