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Alien 2: Verborgene Harmonien

Alien 2: Verborgene Harmonien

Titel: Alien 2: Verborgene Harmonien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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du wahrscheinlich kaum mit
natürlicher Kost aufgezogen worden bist, bewußt das
synthetische Essen vorziehst.«
    »Aber letzten Endes enthält beides doch die gleichen
Chemikalien.«
    »Da könntest du auch behaupten, es gäbe keinen
Unterschied zwischen Weihwasser und dem, mit dem du dich
wäschst. Aber sag das mal einem Katholiken.«
    »Nun, vermutlich bin ich ein unverbesserlicher
Agnostiker.«
    De Ramaira lachte. Rick konnte es kaum hören und beugte sich
vor, als der Freund sagte: »Dann mußt du eben meine
Religion tolerieren. Ich denke, du würdest sie Jeffersonismus
nennen: Ehrfurcht vor den respektgebietenden Kreationen der
bescheidenen Bauern. Und dazu gehört auch dieser Brei. Trotzdem
ist es einfacher, meine Religion hier zu praktizieren als zu Hause,
wo man sich nur sogenannte organische Nahrung leisten kann, wenn man
mehr als genug Geld hat.«
    Die Spannung zwischen ihnen hatte sich längst gelöst,
aber Rick fiel es jetzt erst auf. Er nippte an seinem Wein und sah
dem Schoßweltler beim Essen zu. Diese ständigen Hinweise
auf Erde verursachten ihm Unbehagen. Erst jetzt bemerkte er die neuen
tiefen Falten um de Ramairas Mundwinkel.
    »Erzähl mir von der Zeitkammer«, sagte Rick.
»Wo wird sie sein?«
    »Sobald ihr alle eure Beiträge geschrieben
habt.«
    »Nicht wann. Wo?«
    »Oh. Ich werde sie dir irgendwann zeigen. Es ist zwar ein
Staatsgeheimnis, aber ich denke, ich kann dir vertrauen. Schreib du
nur erst mal deinen Beitrag dazu nieder. Das ist dann der
Eintrittspreis.«
    »Ich habe mir wirklich Gedanken darüber gemacht«,
erklärte Rick. »Die Frage ist, welche Vorkenntnisse darf
ich voraussetzen? Das Thema Mehrphasen-Schaltungen dürfte schon
zu speziell sein. Aber worüber sonst soll ich schreiben?
Über Leiterplatten? Werden die Leute später in der Lage
sein, Selen und Germanium für Transistoren aufzubereiten? Oder
Vakuum-Röhren herzustellen? Wenn ich versuche, alle
Möglichkeiten einzubeziehen, wird das aber ein sehr langer
Beitrag.«
    »Constat sagt, wenn die Stadt fällt, müßten
wir mit dem Schlimmsten rechnen«, antwortete de Ramaira
kauend.
    »Und jeder glaubt vermutlich, was Constat sagt?«
    »Constat ist ein sehr kluger Computer, Rick. Denkst du,
daß er sich irren könnte?«
    »Mit jeder omega-konsistenten Rekursionsklasse kappa
korrespondieren Rekursionsklassifizierungen r, so daß weder
nü – Gen r oder Neg (V Gen r) zu Flg (kappa)
gehört«, schrie Rick de Ramaira ins Ohr.
    »Das heißt übersetzt, daß Constat falsch
liegt, richtig?«
    »Gödels Lehrsatz von der Unvollständigkeit. Er
besagt, daß es in jedem mathematischen System unwägbare
Gesetzmäßigkeiten gibt, die man nur als richtig oder
falsch einstufen kann, wenn man aus diesem System heraustritt. Im
Klartext: Zwischen Himmel und Erde gibt es mehr Dinge, als wir –
oder in diesem Falle Constat – uns träumen lassen. Constat
setzt seine Weltanschauung um in ein iteratives Zahlensystem. Also
müßten theoretisch einige seiner Aussagen bezüglich
dieser Weltanschauung wirklich falsch sein. Nur kann man leider nicht
sagen, welche.«
    »Du meinst, er kann Fehler machen. Bis jetzt wußte ich
nichts von diesen Gesetzmäßigkeiten. Denkst du, daß
die Verantwortlichen in der Stadtregierung davon wissen?«
    »Einige ihrer Berater schon. Vielleicht stehen die Dinge gar
nicht so schlecht, wie Constat sie sieht.«
    »Ein angenehmer Gedanke. Aber geh damit bitte nicht
hausieren, sonst verliere ich noch meinen Job und kann mit dem Rest
der FVS Dreck schaufeln.«
    »Ebenso gut könnte Constat auch recht haben mit seiner
Vorhersage, daß wir alle wieder in der Steinzeit leben werden,
wenn die Rebellen siegen.«
    Die Weinsäure brannte in Ricks leerem Magen. »Nach dem,
was ich heute gesehen habe, stellt sich mir die Frage, ob es nicht
tatsächlich besser wäre, wenn sie wirklich den Krieg
gewinnen würden.«
    De Ramaira legte die Gabel hin und beugte sich vor. »Solche
Worte könnten dich hinter Gitter bringen, Rick. Was immer deine
Loyalität untergraben haben mag – dein Motto war doch
immer: Gib mir meine Versuche, oder den Tod, nicht wahr?«
    »Ich war in Lake Fonda. Savory hat mich
mitgenommen.«
    »Du brauchst nicht darüber zu sprechen, wenn du nicht
willst.« Aber Rick mußte es einfach jemand erzählen.
Die brennenden Bäume, die hin- und herwogende Schafherde, von
den Cops abgeschlachtet. Die Kinder, die alten Männer und Frauen
aus der Siedlung, nur in Freiheit belassen, damit sie den Rebellen
zur Last fielen.

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