Alien 2: Verborgene Harmonien
beschäftigen, wie mein Vater sagt. Sie würden die
Stücke mögen«, schloß sie und rümpfte die
Nase. »Bach und Mozart.«
»Ich freue mich schon darauf. Im Moment arbeite ich im
Perimeter-Hauptlager.« Und wieder, obwohl dieses Bild nie ganz
aus seinem Gedächtnis verschwand, sah Rick den Rauch in den
Himmel steigen, die brennenden Bäume, die Gefangenen. »Ich
sollte Ihnen wohl besser verraten, daß ich für Savory
arbeite.«
»Für Colonel Savory, den Leiter der…?«
»Genau. Er versucht sehr hartnäckig, mich in seine
ruchlosen Machenschaften mit einzubeziehen. Das Seltsamste daran ist,
daß er selbst offenbar nicht so genau weiß, was er mit
mir anfangen soll.«
An diesem Morgen hatte Rick beklommen die Baracke im
Perimeter-Camp betreten, in der Savory am Tag zuvor wieder einmal in
sein Leben eingegriffen hatte. Man hatte ihm einen Schreibtisch
zugewiesen. Darauf lag ein Blatt Papier mit dem handschriftlichen
Auftrag, einen Bericht abzufassen, der den Arbeitsaufwand in den neu
erschlossenen Sektoren mit denen verglich, in denen der Wall schon
vollendet war. Er fragte Bergen, einen der Cops, die sich mit ihm das
Büro teilten: »Wie kann ich einen Bericht
übermitteln?«
»Über die Kanäle natürlich«, meinte
Bergen achselzuckend. »Sie wissen nichts von den
Kanälen?«
»Natürlich weiß er das nicht«, rief der
andere Cop, eine ungeduldige Frau namens Ana Yep, die ebenfalls ihren
Schreibtisch in der Baracke hatte. »Hören Sie – wie
heißen Sie noch gleich – Florey, gehen Sie zur Verwaltung
und lassen Sie sich einen Zugangscode für Constat und einen
Compsim geben.«
»Ich habe schon einen Compsim.«
»Ach so, ein Akademiker.« Aus ihrem Mund klang die
Bezeichnung wie ein Schimpfwort. »Na los doch, holen Sie sich
Ihren Zugangscode. Und fragen Sie die drüben auch gleich, was
Sie hier machen sollen. Ich habe nämlich nicht den blassesten
Schimmer.«
»Ich denke, ich soll für Colonel Savory
arbeiten.«
Bergen, offenbar etwas vernünftiger als seine Kollegin,
mischte sich ein. »Savory hat mit Bürokram nichts im Sinn.
Den überläßt er lieber solchen Leuten wie uns. Aber
die Verwaltung wird Sie schon einweisen.«
»Ich tue mein Bestes«, erklärte die Angestellte in
der Verwaltungsbaracke. »Aber es wird ein paar Stunden dauern.
Ich muß die Sache an höherer Stelle abklären.«
Sie zog ein gelbes Formular hervor und fuhr mit dem Finger die Zeilen
entlang. »Richard Damon Florey, richtig? Hier steht, Sie sind
zur Untersuchung vorgemerkt.«
»Zur Untersuchung? Wo soll die denn…«
»Drüben im Hospital natürlich«, sagte die Frau
gereizt und wandte sich wieder ihrem Compsim zu. »Solche
Sonderfälle wie Sie beanspruchen ja mehr Zeit
als…«
Das Hospital war eine weißgetünchte Flachdach-Baracke
am anderen Ende der Baustelle. In einer durch Vorhänge
abgeteilten Kabine hinter einer Doppelreihe leerer Betten nahm ein
gelangweilter Polizeiarzt an Rick die gründlichste Untersuchung
seit seiner Anstellung an der Universität vor. Abgesehen von
einer kleinen Anämie sei alles in Ordnung, erklärte der
Arzt und spritzte Rick einhundert Milliliter eines Vitamingemisches
in den Arm.
Bei seiner Rückkehr fand er auf seinem Schreibtisch zwei
Umschläge vor, die ein FVS-Bote gebracht hatte. Der eine
enthielt den Zugangscode, der andere einen Dienstpaß, der ihn
als Angehörigen der Ordnungskräfte des Stadtrates auswies.
Er war von Savory unterzeichnet und mit einem Holo aus Ricks
jüngeren Tagen versehen. Mit dem Zugangscode schaltete Rick sich
in den Compsim ein und verbrachte eine Stunde mit der Erledigung der
üblichen Materialanforderungen. Dabei fiel ihm ein, daß
Rydell den Bau der Verteidigungsanlagen von Anfang an überwacht
haben mußte. Nachdem er dessen Berichte gefunden hatte, war es
nur noch eine Frage der Abstimmung. Der vergleichende Bericht
wäre eine Sache von zehn Sekunden, wenn ich einfach Constat
fragen würde, dachte Rick, während er seine Anmerkungen
in den Scanner gab. Aber vielleicht war genau das der Punkt.
Vielleicht war das alles nur ein Test, um zu sehen, ob er sich
für eine höhere Aufgabe eignete – Gott möge es
verhüten. Also listete er die Ergebnisse auf – die
Effizienz sank proportional zur Länge des fertiggestellten Walls
– und schrieb eine kurze Zusammenfassung. Dabei konnte er sich
nicht die halb spöttische, halb ernsthafte Anmerkung verkneifen,
daß die Arbeiter auf den neuen Baustellen wahrscheinlich aus
Furcht, von den Rebellen in offenem
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