Alien 3: Ewiges Licht
sicher sein kann. Die
Engel sprechen nicht direkt mit mir, Suzy. Es gibt keinen Dialog.
Vielleicht unterhalten sie sich mit Robot; aber der schläft und
träumt nur von all diesem.«
Sie saßen wieder einmal im Schatten an dem von der Quelle
gespeisten Teich. Suzy zog einen Fuß durch seidig kühles
Wasser und sah zu, wie die kleinen Wellen zwischen dem Geflecht der
Palmwurzeln an der anderen Seite zusammenstießen. Sie blinzelte
immer zu Maschine hinüber. Sein dürrer Körper
zeichnete sich als Silhouette vor dem hellen Strand ab. Helle
Lichtpunkte zuckten durch die Lücken in seinem verstärkten
Arm. Sie hatte vor ihm keine Angst mehr; die war vergangen
während seines langen Berichtes über die Alea. Sie zog das
Bein an und schüttelte silberne Tropfen ab, die dort, wohin sie
fielen, Spuren auf dem weißen Sand hinterließen. Sie
fühlte unter ihrem nackten Gesäß grobes Gras kitzeln.
Irgendein Traum, in Ordnung.
»Was ist nun mit den Engeln?« fragte sie.
»Die Engel… sind mir weniger klar, obwohl es sie
überall gibt, Suzy, rings um uns. In jedem Wassertropfen des
Ozeans, in jedem Sandkorn. Sie haben sich größtenteils von
dem uns bekannten Universum zurückgezogen, sie hatten nicht
erwartet, daß man sie wieder holte.«
»Handelt es sich um diese Stadt? Oder ich meine, daß es
eine Stadt ist, hinter einer seltsamen Ebene oder Wüste…
Ich glaube, ich habe versucht dorthin zu gelangen, konnte es aber
nicht.«
»Suzy, der Ort, wohin sie gegangen sind, ist allzu
verschieden. Jene Wüste war ein virtuelles Diagramm der
Entropieschranke zwischen hier und da. Man müßte eine
unendliche Menge Energie aufwenden, um sie zu
überschreiten.«
»Sie schien gar nicht so weit entfernt zu sein, bis ich
anfing, darauf zuzugehen.« Suzy fröstelte es in der warmen
Luft. Sie erinnerte sich plötzlich der flachen Kammlinie, die in
gelbem Licht glühte, und der Weise, wie ihre
Fußabdrücke sie zerstört hatten. Sie war eine
Närrin gewesen, als sie, ohne zu bedenken, in was sie
hineingeriet, losmarschiert war. Sie hätte sterben
können.
»Es ist wie eine fraktale Fläche«, sagte Maschine.
»Analog der Kochschen Kurve oder der Mandelbrotformel. Eine
unendlich komplexe Grenze, kartiert in einem endlichen Raum. Sie
hätten ewig weitergehen können und wären um keinen
Zentimeter dem Ort näher gekommen, wo die Engel
hausen.«
»Über die blöden Fraktale weiß ich genau
Bescheid, zum Teufel! Was ich nicht von Null an weiß, sind
diese Engel oder das, was sie von mir wollen.«
Maschine antwortete nicht gleich, sagte aber nach einer Weile:
»Wenn Sie genau horchen, können Sie ihre Stimmen
hören.«
Er wurde wieder still, und Suzy erinnerte sich an die Stimme des
Engels – oder was immer es gewesen war –, die gewoben war
aus dem Murmeln des Bachs, der Welt zwischen Welten.
Schließlich wagte sie die Frage: »Wo ist denn nun dieser Ort? Wo sind wir eben jetzt? Du sagtest, daß
Robot das träume. Ist das alles in deinem Kopf?«
»Die Engel haben sich aus dem körperlichen Universum
zurückgezogen, aber nicht gänzlich. Es ist für sie
noch wichtig. Notwendig wie eine Nabelschnur. Wir befinden uns in
dieser Nabelschnur, dieser Verbindung, aber nur ein kleines
Stück. Ich weiß nicht, wo sie endet.«
Suzy horchte auf das Schweigen unter seinen Worten und dachte
einen Moment lang, sie könnte eine geflüsterte Ansage in
vielen Sprachen hören… Oder vielleicht war
Verrücktheit ansteckend. Sie sagte: »Falls du noch Fragen
beantwortest, kannst du mir von den Schattentänzern
erzählen.«
»Die stammen aus Nowaja Rossija, soviel habe ich Ihnen doch
wohl schon gesagt. Sie sind Flüchtlinge aus dem Genocidprogramm
der Alea, wenn auch nicht Flüchtlinge im physischen Sinn.
Rekonstruierte Engramme oder Animae, das ist nicht klar. Obwohl sie
nur wenige sind, tragen sie Erinnerungen an alles, was verloren
war… Sie sind eine symbiontische Assoziation zwischen den
kolonialen seßhaften Kreaturen, die Sie an den Säulen
haben leben sehen, und den Kreaturen, die auf den seßhaften
Kolonien weiden. Können Sie folgen?«
Suzy nickte in der Erinnerung an graziöse schwarze Kreaturen,
die durch warmes kristallklares Wasser huschten, an die knorpeligen
Knoten hinter ihren Mäulern, zwischen den Fühlern des
krabbenartigen Dinges. Robot erklärte, daß die Symbionten
das Nervensystem ihrer Wirte infiltriert hätten, wodurch sie
einander verstärkten und gemeinsam ein intelligentes Individuum
bildeten, wo zuvor keines existiert
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