Alien 3: Ewiges Licht
Karte.
Während ich arbeitete, habe ich überhaupt nicht
darüber nachgedacht, was passieren würde, wenn ich das
bewiese, was ich mir vorgenommen hatte. Aber jetzt, da mir das
gelungen ist, finde ich mich die ganze Zeit fehl am Platze. Meine
Arbeit war keine einfache Sache; und als ich sie abschloß, fand
ich, daß mir die Zeit fehlte, einfach zurückzutreten und
das ganze Gebäude zu betrachten. Nun, das stimmt nicht ganz. Sie
wissen, es gab einen Moment, nur einen Moment, als mir die letzte
Lösung kam und ich erkannte, was niemand sonst
wußte.«
»Sie haben die Gestalt des Universums definiert.«
»So beschreiben es die populären Darstellungen. Aber was
soll ich streiten? Die Gleichungen stellen eine einheitliche
Lösung dar für die Evolution der Geometrien von
gewöhnlichem und Kontraraum. Darum wird der entsprechende
Querschnitt ihre gegenwärtige topologische Beziehung
beschreiben. Aber ich war an ihrer finalen Form interessiert. Falls
ich meine falsche Bescheidenheit ablege, so weiß jedermann,
daß das Universum von einer Singularität ausging, einem
dimensionslosen Punkt unendlicher Temperatur, der alle Energie –
oder Masse – enthielt, die wir heute um uns sehen. Da Raumzeit
bei einer solchen nackten Singularität zusammenbricht, kann
daraus alles entstehen. Aber niemand wußte, welche der
unendlich vielen potentiellen Lösungen tatsächlich das
Universum definieren und sein Schicksal bestimmen. Würde es sich
für immer ausdehnen? Würde es letztlich aufhören zu
expandieren und in sich selbst zusammenstürzen, wieder in eine
Singularität gepreßt werden und wieder von vorn anfangen?
Das wird durch die Geometrie von Raumzeit bestimmt. Wenn Sie wissen,
wie die aussieht, wissen Sie auch, wohin sie geht. Ich bin recht
glücklich, in einer Zeit zu leben, wo die für
Kontraraumübergänge erforderlichen Twistor-Gleichungen
hinreichend entwickelt waren, um auf die klassischen kosmologischen
Geometrien von Schwarzschild/Hawkins/Einstein anwendbar zu sein. Und
das ist es, was ich getan habe.«
»Es ist also doch nicht ganz flach? Die Topologie der
Cauchyschen Hyperfläche besagt, daß Gravitation
schließlich Expansion ausgleichen wird. Die Dinge werden
rückwärts laufen. Ist das richtig?«
Gunasekra lächelte. »Und Sie haben gesagt, daß sie
kein Wissenschaftler wären, Seyour Barlstilkin.«
»Ich habe einen Hypädie-Lehrgang über Ihre Arbeit
gemacht, als ich erfuhr, daß Sie hier wären. Das Problem
mit Hypädie ist, daß sie Fakten einprägt, jedoch
muß man über die Zusammenhänge belehrt werden. Aber
warum sind Sie mit Ihrer Entdeckung nicht glücklich?«
»Das ist nicht der Grund meines Hierseins, jedenfalls nicht
genau. Ich habe nach meiner Offenbarung drei Jahre damit verbracht,
Gleichungen nachzuprüfen und mich zu vergewissern, daß die
intuitiven Abkürzungen, die ich benutzt hatte, nicht falsch
waren. Aber sehen Sie, nachdem ich meinen Aufsatz
veröffentlichte, haben die Leute entweder an dem von mir
konstruierten Gebäude herumgeschnippelt oder versucht, auf dem
einen oder anderen Teil ihr Banner aufzupflanzen und ihn für
sich zu beanspruchen. Ich bin jetzt an Ausgewogenheit und Harmonie
interessiert, daran, ob es eine Klasse von Universen gleich unserem
eigenen geben kann, oder ob jedes Universum im Multiversum
einzigartig ist. Aber man erwartet von mir immer, daß ich
zurückrenne und meine Wahl des Materials verteidige und Slogans
entkräfte, die jemand auf eine Wand gemalt hat… Ich hoffe,
das ist Ihnen klar. Mathematik ist streng und verzeiht nicht, aber
wunderbar einfach. Sie sagt, was sie meint. Sprache – finde ich
unbeholfen. Da wird zuviel impliziert. Worte lassen andere Worte
widerhallen. Ich verliere mich in den Metaphern, könnte man
sagen.« Gunasekra lächelte. »Nun, es könnte
schwierig sein; aber ich glaube, Ihnen wäre es lieber, wenn ich
nicht auf Mathematik zurückgreifen würde.«
»Wie Sie sagten, bin ich kein Wissenschaftler. Professor,
darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten? Die Verhältnisse sind
nicht die besten, aber das ist keine Entschuldigung dafür, ein
schlechter Gastgeber zu sein. Ich erwarte, daß meine Dienerin
einen Weg finden wird, um zumindest Tee zu bekommen. Mögen Sie
Jasmintee? Ich liebe ihn sehr, besonders dann, wenn ich
ruhebedürftig bin.«
»Ich will kein schlechter Gast sein und ablehnen, aber ist es
in unserer gegenwärtigen Lage nicht zu viel
Mühe…?«
»Dazu habe ich meine Dienerin«, sagte Talbeck und gab
ihr seine
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