Alien 3: Ewiges Licht
die Quelle an seinem
entfernten Ende längs Dutzender von Feldlinien. Der Schild war
ein Gletscher, größer als ein Dutzend Sonnensysteme –
gefrorener Sauerstoff über Stickstoffschnee gelagert, mit
Wasser-Eis von Dutzenden Kilometern Dicke darunter.
Valdez erläuterte, daß dies Archivmaterial wäre,
welches die Sonde ausgegeben hatte, kurz ehe sie einen neuen Sprung
durch Kontraraum machte. »Der Gletscher geht ungefähr
hundert Milliarden Kilometer weiter. Darum nehme ich an, daß
die Zeugen ungeduldig geworden sind. Ich glaube, sie wird in
fünf Minuten wieder eintreten. Ich habe leider keinen guten
Zugang zu ihren Befehlssequenzen.«
»Bist du sicher, daß sie nicht wissen, was du hier
machst?« gab Seppo Armiger zu bedenken. Über seiner
Nasenwurzel war eine steile Falte, als er den Tank studierte.
»Oh, ich bin keineswegs sicher«, erwiderte Valdez.
»Irgend etwas hat die Zeugen verwirrt, und ich bekomme dies
durch Linien, die offengelassen wurden. Wenn sie daran denken, sie zu
schließen, dürften sie wohl mein kleines parasitäres
Zugriffsprogramm orten. Falls ihr besorgt seid, kann ich es jetzt
sofort ausschalten.«
Einige Leute lachten und minderten dadurch die Spannung.
Jake Bonner hatte etwas auf eine Tafel geschrieben; jetzt gab er
sie Gunasekra. »Abel, woraus sie auch gemacht sein mag, kann
keine Rolle spielen. Selbst Diamant wäre nicht stark genug, um
den Gezeitendrücken zu widerstehen, denen eine so große
Struktur im Orbit um das Schwarze Loch unterworfen wäre. Sie
würde wie Wasser zerfließen.«
Gunasekra lächelte und reichte die Tafel zurück. Talbeck
beobachtete ihn und wunderte sich plötzlich, wo seine Dienerin
war. Dann vergaß er sie aber völlig, weil ein laufender
Raster das Bild der Eisfläche löschte und durch etwas
anderes ersetzte.
»Mein Gott!« sagte Valdez. »Es sieht so aus, als ob
die Zeugen schließlich doch ihre Götter gefunden
hätten.«
4
Obwohl der lange Tunnel, der das Aggregat des Steuermoduls mit dem
Rest des Schiffs verband, sich steil aufwärts krümmte,
wirkten künstliche Schwerkraft und matte rote Beleuchtung
zusammen, um die Illusion eines ständig zurückweichenden
Abhangs zu schaffen. Dorthy ging langsam neben Gregor Baptista, mit
der Hand von Ang Poh Mokhtar auf ihrem Ellbogen und einem Schweif von
Zeugengelehrten hinter ihnen. Sie hatte das Gefühl, in den
Tiefen christlicher Hölle in einer endlosen Tretmühle zu
stecken, in einem Alptraum, aus dem sie in der luxuriösen, ihr
zugewiesenen Fünfraumsuite tief unter dem Museum der Menschheit
in Rio de Janeiro erwachen würde. Noch auf der Erde, noch unter
Bewachung der Marine der Föderation…
Inzwischen erzählte ihr Baptista, gewichtig und klar, jeden
Satz mit der Sorgfalt eines Meisterarchitekten betonend, daß
sie in einer Zeit der Gnade lebten, einer Zeit, lange nachdem die
frühen Kämpfe von Intelligenz vorbei wären. Er sagte,
so wie das Universum alterte, wäre es auch gastfreundlicher
gegenüber Intelligenz geworden. Es dauert eine lange Zeit, vier
oder fünf Milliarden Jahre, bis ein Planet ein Ökosystem
entwickelt hat, das komplex genug ist, um eine intelligente Species
zu tragen. Und jene bescheidene Dämmerung war nur die erste
Stufe in der Entwicklung der Intelligenz selbst. Einer Evolution fern
von den engen Grenzen eines Planeten, eines Sternsystems, einer
Galaxie, bis sie nur noch durch die raumzeitliche Architektur des
Universums selbst gebunden war. Kurzum, eine unausweichliche
Entwicklung zur Gottheit.
»Früher dachte man einmal, daß es bei einem
gegebenen endlichen Alter des Universums nur eine einzige oder gar
keine Chance für ihre Entstehung gegeben hätte«, sagte
Baptista. »Daß sie, da sie auf der Erde entstanden war,
nicht auch anderswo hätte aufkommen können, nicht auf
irgendeinem Planeten irgendeines Sterns der vierhundert Milliarden
Sterne dieser Galaxis, noch auch auf einem Planeten einer Galaxie
unter den Milliarden Galaxien im beobachtbaren Weltall. Aber das war
nur eine Verfeinerung vom Argument des Ptolemaios für die
zentrale Bedeutung der Erde, und natürlich wissen wir jetzt,
daß Leben überall existieren wird, wo es kann – auf
der Erde, auf Elysium, auf Serenity und sogar auf dem armen Nowaja
Rossija, Dr. Yoshida.«
Dorthy biß nicht auf diesen Köder an, falls es einer
war. Sie vermutete, daß Baptista keineswegs versuchte,
Information aus ihr herauszuholen. Er predigte und versuchte, sie zu
bekehren. Wie alle Fanatiker
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