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Alien 3: Ewiges Licht

Alien 3: Ewiges Licht

Titel: Alien 3: Ewiges Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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die für Suzy schwach
aber unmißverständlich nach etwas roch, das lange tot und
begraben war. Die Seiten waren braun und an den Ecken brüchig,
aber die Druckerschwärze war noch klar und deutlich und die
Farben der ausgemalten Buchstaben am Anfang jedes Buches nicht
verblaßt. Die Bibel war schon lange in der Familie, seit
Jahrhunderten. Aus der Zeit vor den Kriegen und vor dem, was die
Kolonisten das Interregnum nannten. Der einzige wirkliche Besitz
ihres Vaters, vielleicht realer als Frau und Kinder. Sicher realer
als das verfallende Haus, das er als Wohnung erhalten hatte, und
besser als die vorfabrizierten Hütten der Arbeiter, allerdings
nur so eben. Die meisten Räume waren leer, die hölzernen
Fundamente durch Termiten untergraben und mit Polymer besprüht
und versiegelt, um zusammenzuhalten. Billiges homöostatisches
Mobiliar, eine mächtige steinzeitliche Klimaanlage, die
ständig ausfiel. Der Gedanke an die Bibel brachte die
Klaustrophobie ihrer Kindheit wieder herbei, das halb eingefallene
Haus und die Hütten mit ihren Leinen voller Mais, Gemüse
und Zuckerrohr, der umgebende Wald aus genmanipulierten Fichten, der
sich in exakten Reihen von Horizont zu Horizont erstreckte. All dies
gehörte der Lusitania-Sippe, die so weit entfernt und
mächtig war wie Götter.
    »Hast du jemals gedacht, daß die Navy dich
konditioniert haben könnte, während du als Jagdpilotin
ausgebildet wurdest?« fragte Maschine.
    »Ich weiß, was du meinst, aber wie könnte ich das
wissen? Es wäre ein Teil der Konditionierung, daß ich es
nicht wüßte. Jetzt hör auf mit dem Blödsinn und
laß mich weitermachen, was ich zu tun habe!«
    Aber sie log, weil sie verdammt gut wußte, daß
Maschine die Wahrheit erraten hatte. Sie war zu einer Waffe
geschliffen worden, damals in Galveston. Das galt für sie alle.
Die Hälfte der Einzelschiffjockeys, die die Feldzüge
überlebt hatten, hatten Selbstmord begangen innerhalb eines
Jahres der Endlösung. Die meisten übrigen waren wie sie,
hielten Ausschau nach dem Tod und gaben vor, das nicht zu tun. Falls
es eine Möglichkeit gäbe, Jagdflieger zu deprogrammieren,
so hatte die Navy sich nicht darum gekümmert.
    Es war so weit gekommen, daß es Suzy nichts mehr ausmachte.
Sie war, was sie war. Suzanne Marie Thibodeaux war tot. Sie hatte
damals in Galveston zu sterben begonnen, in den langen
Wachträumen der Hypädie. Das Ende der Alea-Kriege hatte ihr
den Rest gegeben. Sie war gestorben und wiedergeboren, aber als
jemand anders.
     
    Das Einzelschiff trieb über die dunkle Seite des Gasriesen.
Hörner weißen Lichts verbreiterten sich über dem
weiten Rand des Planeten. Der weiße Zwerg war, als es
dämmerte, nicht mehr als der hellste Stern unter den Millionen,
die über dem tiefen Schwarz des Raumes verstreut waren. Der Mond
ging nach dem weißen Zwerg auf und wuchs von einem leuchtenden
Punkt zu einer strukturlosen Sichel an.
    Der Neutrinodetektor konnte jetzt zwischen den Fusionsgeneratoren
von zwei Schiffen unterscheiden, die in einem synchronen Orbit
jenseits des scheckigen Mondes schwebten. Mitteilungen belegten die
Radiofrequenzen, die meisten davon waren mechanische Wiederholungen:
Mahnungen, den Reaktionsantrieb abzustellen; Warnungen, keinen
Versuch zu unternehmen, eine Umlaufbahn um Colcha einzuschlagen
(wobei es sich, wie sie vermutete, um den Mond handeln mußte,
auf den zu ihr Schiff immer noch beschleunigte), beizudrehen und die
Gefangennahme zu erwarten. Robot rezitierte eine Art von Kunstkritik,
die gegen die wenigen menschlichen Stimmen in den sich endlos
wiederholenden Warnungen gerichtet waren.
    Suzy ließ ihn so weitermachen. Sie konnte die Schiffe jetzt
fast visuell erkennen. Mit Ausnahme zweier nahmen sie in dieser
Entfernung nicht mehr als einige Pixels ein. Das eine war
unverkennbar ein Passagierschiff der Zunft. Das andere hatte mit der
Aussendung seines Rufzeichens begonnen. Schockiert stellte Suzy fest,
daß es sich um den riesigen umgebauten Frachter handelte, der
als Startplattform für ihr Jagdgeschwader gedient hatte: die Vingança. Schon der bloße Anblick des halb
vergessenen Doppelstreifens, der unter dem verwischten Mosaik des
langen, mit Blasen bedeckten Rückgrats des Versorgungsschiffs
verlief, brachte den Geruch nach Rauch und schalem Brandy in der
Messe zurück, endlosen weißen Korridoren, das
ungedämpfte Strahlen der Leuchtröhren und Wang Kings
unerschütterliches Mondgesicht, welches Suzy am Morgen jedes
Einsatzes als erstes gesehen hatte.

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