Alien 3: Ewiges Licht
daß
Skandale selten wären; sie waren vielmehr üblich. Und es
gab viele Rebellengruppen, von denen die meisten für verlorene
Ziele kämpften und die meisten übrigen zu instabil waren,
um das Risiko einzugehen). Er hatte, natürlich ganz diskret, der
revolutionären islamischen nationalen Volkspartei auf Nowaja
Semlja Waffen zukommen lassen, als sie versucht hatte, sich von ihren
Verträgen mit der Föderation zu distanzieren. Aber die
Alea-Kriege hatten dem ein Ende gemacht; und nach der Vernichtung von
BD 20 hatte die Navy bald die Rebellenregierung gestürzt und an
deren Stelle eine kooperativere Partei gesetzt.
Nein, Politik war ein zu subtiles und riskantes Mittel für
einen einzigen Menschen. Talbeck wollte etwas direkteres haben, das
umfassend und unbestreitbar war. Er hatte sein halbes Vermögen
verbraucht, ehe der hochrangige WVN-Offizier, den er gekauft hatte,
während er Waffen nach Nowaja Semlja schaffte, an ihn
herangetreten war mit Informationen über eine streng geheime
Expedition zu einem sehr ungewöhnlichen Stern und mit einer
Geschichte über ein TALENT, das seit zehn Jahren praktisch
gefangen gehalten wurde, seit dem Ende der Alea-Kriege. Vielleicht
war es ein Zeichen seiner Verzweiflung, daß Talbeck sich auf
die Geheimhaltung gestürzt hatte, die die Erforschung des
überschnellen Sterns umgab, als ein Zeichen dafür,
daß die Marine eine Entdeckung geheimhielt, die so radikal war,
daß sie – letztlich – vielleicht nicht der Hebel,
aber doch der Angelpunkt sein könnte.
Denn obwohl Agatherin die menschliche Lebensspanne
verlängerte und den unvermeidlichen Verfall jugendlicher Kraft
hemmte, war das nicht für immer. Fehler in DNA, die sich trotz
gegenläufigen Transkriptionsreparaturen durch Agatherin
angehäuft hatten. Zellen wurden mit Abfallprodukten verstopft
trotz des großen Aufwands an Behandlungen für ihre
Säuberung. Talbeck wurde alt von Tag zu Tag. Gewiß
unmerklich im Vergleich mit Kurzlebigen, aber dennoch
gleichmäßig und unaufhaltsam. Dies war vielleicht seine
letzte Chance, und er ergriff sie mit beiden Händen im Vertrauen
darauf, daß sein Glück ihn würde durchhalten
lassen.
Aber jetzt, da er der Realisierung seines Lebensziels so nahe war,
wurde er immer vorsichtiger. Die rettende Entführung von Dorthy,
die Flucht vor der WVN-Polizei, die fast eingetretene Katastrophe bei
dem Neutronenstern hatten ihn viel Spannkraft gekostet.
Außerdem hatte er derzeit kein Publikum, um sich aufzuspielen,
außer vielleicht den lauernden Alexander Iwanow.
So hatte er aufgepaßt und abgewartet, und die Gemüter
der gefährlich wankelmütigen jungen Offiziere beruhigt. Er
wußte, daß Dorthy schließlich doch etwas
unternehmen würde. Das lag in ihrer Natur. Und so war es auch
gekommen. Sie war auf die chaotische Oberfläche des scheckigen
Mondes hinuntergegangen.
Talbeck hörte es zuerst von Iwanow, der wütend über
das war, was er für eine unverschämte Übertretung
seitens Dorthy ansah, und Talbeck Barlstilkin unmittelbar dahinter
vermutete.
»Tatsächlich, Seyour«, sagte Talbeck, als Iwanows
einleitende Tirade mehr oder weniger vorbei war, »habe ich
nichts davon gewußt. Ich weiß, daß es Ihnen
schwerfällt, das zu glauben; aber Dr. Yoshida und ich sind hier
aus ganz verschiedenen Gründen. Sie geht ihren Weg, ich den
meinen. Setzen Sie sich jetzt bitte hin! Ich riskiere, einen Muskel
in meinem Hals zu überanstrengen, indem ich zu Ihnen
aufschaue.«
Die Dienerin schob einen dünnen vergoldeten Stuhl nach vorn,
und nach einem Moment saß Alexander Iwanow auf dessen Kante mit
unbequem gespreizten Knien. Das schwarze Haar, aus der Stirn nach
hinten gebürstet, bedeckte fast den Kragen seines Waffenrocks.
Ein blasses, volles Gesicht, das immer leicht unangenehm feucht
schien wie der Bauch eines toten Fisches, kleine, eng beisammen
liegende Augen, die unter der dichten Barrikade starker buschiger
Augenbrauen hervor in die Welt blickten.
Der Verbindungsoffizier sagte: »Zumindest werden Sie jetzt
zugeben, daß Sie einen Grund haben, hierher zu kommen. Das ist
immerhin ein Anfang.«
»Seyour Iwanow, ich glaube, daß ich Ihnen schon
mehrfach seit dem erschöpfenden Interview, das ich mit Ihnen
hatte, nachdem ich so freundlicherweise von dem Passagierschiff
gerettet wurde, gesagt habe, daß der Grund meines Hierseins
reine Neugier ist, nichts weiter. Ich bin – sagen wir –
etwas übersättigt von den Reizen, die die Zehn Welten zu
bieten haben. Ich halte Ausschau
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