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Alien 4: Die Herren der Erde

Alien 4: Die Herren der Erde

Titel: Alien 4: Die Herren der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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ist, werden wir seinen Nachttrunk noch etwas
stärker machen. Clary, du wirst heute abend den Becher des
Seyour Florey immer wieder nachfüllen, während er seine
Lügenmärchen erzählt. Gib acht, daß er reichlich
davon trinkt.«
    Ich nickte, obwohl ich nichts begriff.
    »Du wirst schon sehen, was geschieht«, sagte Mutter und
fuhr mir sanft mit der Hand durchs Haar. »Jetzt erzähl mir,
was du über seine Waffe weißt.«
     
    Als Florey an diesem Abend sein Garn spann – er erzählte
eine Geschichte über die Dschungel von Pandera und die alten
Ruinen, die in ihnen verborgen lagen – saß ich neben ihm
und füllte, wie meine Mutter mir aufgetragen hatte, seinen
Becher immer wieder mit dem gepanschten Apfelwein. Nach seiner
Rückkehr aus dem Wald hatte Florey mich im Hof angesprochen und
mir gesagt, mit Elise sei alles bereinigt. Der Junge würde
später herüberkommen und uns Gesellschaft leisten.
    Ich nickte nur, weil ich meiner Stimme nicht traute.
    »Du zitterst ja. Du fürchtest dich doch jetzt nicht mehr
vor mir – nach unserem Erlebnis in den Ruinen?«
    »Ein wenig.«
    Er lachte und sah sich um. Es war niemand zu sehen. Er beugte sich
vor und drückte mir einen Kuß auf die Lippen. Den ganzen
Abend lang spürte ich, wie sie von der Berührung brannten.
Später, als ich mich neben ihn setzte und verfolgte, wie meine
Leute sich um den Baumstumpf, auf dem er hockte, versammelten –
ein König, dessen Hofstaat sich um ihn scharte – und ihm
den ersten Becher mit Apfelwein füllte, blinzelte er mir zu und
flüsterte: »Mach dir nicht zu viele Gedanken wegen dieser
Sache, Clary.« Dann nahm er einen tiefen Schluck. Ich sah zur
Seite, schämte mich wegen meines Verrats, empfand aber
gleichzeitig das heftige Bedürfnis, die Sache hinter mich zu
bringen. Das Bild von Elise und Florey brannte in meinem
Gedächtnis wie Floreys Kuß auf meinen Lippen.
    Wie immer leerte Florey mehrere Becher, während er seine
Geschichte zum besten gab, meine Familie an seinen Lippen hing, und
sich hinter den Giebeln der Gebäude langsam der Abend
herabsenkte. Meine Mutter, von meinen Tanten umgeben wie eine
Königin von ihren Zofen, saß in der ersten Reihe. In ihrem
Schoß lag wie ein Zepter ein knorriger Gehstock, der meiner
Großmutter gehörte. Ich konnte den Blick nicht von ihr
wenden.
    »Noch etwas Apfelwein«, sagte Florey, und ich beeilte
mich mit dem Nachschenken so sehr, daß ich dabei etwas
verschüttete. Er trank den Becher leer, hielt ihn mir wieder hin
und meinte: »Alkohol ist die beste Droge der Welt, weil er auch
die älteste ist. Obwohl ich noch etwas in meinem Rucksack habe,
das euch glauben machen würde, euer Gott persönlich
trüge euch auf seinen Händen.« Wieder nahm er einen
tiefen Schluck, hielt mir dann den Becher vor den Mund und sagte:
»Hier, Mädchen, trink auch etwas.«
    Ich schloß die Augen und nahm einen winzigen Schluck:
süß, mit einem leicht bitteren Nachgeschmack. Meine Mutter
hatte noch Met hinzugefügt, um den Geschmack des Efeus zu
überlagern. Florey neigte den Becher stärker, doch ich
preßte die Lippen zusammen. Der Apfelwein rann an meinem Kinn
entlang und tropfte auf mein Kleid.
    »Du bist wirklich eine Waldpflanze. Aber wo war ich
stehengeblieben? Ach ja, bei den Ruinen, von freien Flächen
umgeben, da man den Boden vergiftet hatte, um den Dschungel von ihnen
fernzuhalten. Die Ruinen im Sonnenschein. Versucht mal, euch das
vorzustellen«, rief er und schloß kurz die Augen.
»Ihr alle kennt doch irgendwelche Ruinen, oder? Ruinen –
überall auf der Erde, überall um euch herum. Ihr lebt euer
Leben…« – er rülpste laut – »…euer
Leben inmitten der Trümmer der Vergangenheit. Sie sind in euren
Gesichtern. Mein Gott, ich kann sie tatsächlich darin erkennen,
und auch in euren Augen. Eure Augen sind wie Höhlen, aus denen
einem die Vergangenheit entgegengähnt.« Florey beugte sich
vor und fixierte seine Zuhörer mit starrem Blick. Ich konnte den
dunklen Rand seiner erweiterten Pupillen um die Silberkappen in
seinen Augen erkennen. »Ihr seid Schmarotzer, sonst nichts. Ihr
labt euch an meinen Worten.«
    Ein Raunen ging durch die Versammlung. Ich sah, wie Rayne etwas zu
meinem Vater sagte. Der nickte grimmig.
    Der Zauber war gebrochen.
    Florey kam schwankend auf die Füße. »Das reicht.
Genug für heute, Leute.« Er stolperte, und aus dem Becher
in seiner Hand schwappte etwas Apfelwein. »Genug. Mein Kopf wird
mir schwer. Frische Luft, und etwas Bewegung… Clary!«
    Florey

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