Alien 4: Die Herren der Erde
von den Kratzern, die seine Krallen beim Akt
hinterlassen hatten, aber ich schwebte in einem Nebel der
Erfüllung. Ich hatte etwas verändert, hatte selbst eine
Entscheidung getroffen. Während ich Florey zärtlich
betrachtete, stellte ich mir vor, wie ich gemeinsam mit ihm den Wald
verließ und wir uns zu den Lichtpunkten am Himmel
aufschwangen…
Und dann kam mir plötzlich Elise in den Sinn. Ich wurde von
Panik ergriffen, und ein trockenes Schluchzen entrang sich meiner
Brust. Doch meine Augen blieben trocken. Ein würgender
Schluckauf, absurd und überhaupt nicht romantisch. Sofort wollte
Florey mich trösten, und das machte alles nur noch
schlimmer.
»Ich werde nichts verraten«, sagte er sanft. »Keine
Bange!«
»Es ist nicht das. Es ist…«
»…wegen deines Verlobten, richtig? Er mag mich nicht,
haßt mich vielleicht sogar, nicht wahr?«
»Er ist nur… ein eifersüchtiger Junge.«
»Hör zu, Clary, ich mag zwar etwa zehn Jahre älter
sein, aber das ist auch alles. Selbst ich bin nur ein Mensch und habe
keineswegs darum gebeten, von euch zu einer Art Gott erhoben zu
werden. Jesus!«
»Ich glaube, du könntest das Haupt meiner Familie
werden, wenn du nur wolltest.«
»Nein, Clary. Dein Vater duldet mich nur, weil ich ihm helfe,
sein Ansehen zu mehren. Das ist alles. Hör zu, ich werde mit
deinem jungen Verehrer sprechen, ihm den Kopf zurechtrücken. Er
ist eigentlich ganz nett, weißt du das? Der Gedanke, er
könnte mich nicht mögen, macht mich traurig.«
»Ich weiß nicht, wie…«
Doch Florey lächelte wie üblich. »Kann ich nicht
gut mit Worten umgehen? Nun komm schon, schenk mir ein Lächeln.
So ist es gut. Ich bringe schon alles in Ordnung, du wirst sehen. Du
besitzt ein Pferd?«
»Ich reite nicht oft.«
»Aber du hast eins, ja?« Von einem Moment auf den
anderen wurde sein Tonfall wieder auf brutale Weise
geschäftsmäßig. »Also mach dir keine Gedanken
wegen deiner verlorenen Jungfernschaft, okay?«
Hilflos sagte ich: »Ich liebe dich.« Doch sofort meldete
sich mein Schuldbewußtsein – als sei mir eine Lüge
entschlüpft – und dabei ahnte ich nicht mal, warum.
Natürlich weiß ich inzwischen, daß ich nicht Florey
als Mann liebte, sondern seine Vorstellung von Freiheit, die
Vorstellung, mit ihm davonzufliegen und dem Wald zu entrinnen.
»Du kannst nicht mit mir kommen, Clary. Mein Leben ist im
Moment – sagen wir mal – etwas kompliziert.«
»Du hast etwas Unrechtes getan, nicht wahr?«
Er schwieg einen Moment lang. Der Ausdruck seiner silbernen Augen
verriet nichts, war nicht zu deuten, und in mir keimte Furcht auf.
Schließlich seufzte er. »Ja, so könnte man es nennen.
Du wirst es keinem erzählen?«
»Ich denke, wir haben beide unsere Geheimnisse, die wir
bewahren müssen.« Alles ringsum, der helle Sonnenschein,
der durch die Blätter der Espe fiel, die grün
überwucherten Ruinen, die sanfte Frühlingsbrise, erweckten
in mir Widerspruch und Trotz. Ich sah mich als der dunkle,
disharmonische Fleck im Zentrum der Welt um mich herum. Als Florey
mir die Hand entgegenstreckte, um mir aufzuhelfen, übersah ich
sie einfach. Den ganzen Weg zurück vermieden wir jede
Berührung und sprachen kaum miteinander.
Zu Hause begab ich mich sofort in mein Zimmer und wusch mir mit
kaltem Wasser das getrocknete Blut von den Schenkeln und aus meinen
Kleidern, rieb meine Haut so lange, bis sie rot und wund war. Danach
legte ich mich ins Bett und weinte bittere Tränen. Wenig
später begab ich mich in die Küche und half, als sei nichts
geschehen, bei der Zubereitung des Abendessens. Wenn meiner Mutter
wirklich etwas aufgefallen war, so ließ sie sich jedenfalls
nichts anmerken.
Auch Florey hatte an diesem Abend wie gewöhnlich die
Mitbewohner im Halbkreis um sich versammelt und gab eine seiner
Geschichten zum besten. Durch das offene Schlafzimmerfenster konnte
ich seinen singenden Tonfall hören, aber nicht verstehen, was er
sagte. Trotzdem mußte ich mir die Decke über den Kopf
ziehen, um einschlafen zu können.
Am nächsten Morgen ging ich nicht in den Wald hinauf, sondern
putzte in der Küche das Gemüse und scheuerte den langen,
zerkratzten Tisch aus Pinienholz, bis die Platte hell glänzte
und meine Hände wund waren. Für mich war dies eine Art
Buße. Meine Mutter beobachtete mich bei der Arbeit und
drückte mir schließlich ein Paket mit Essen in die
Hände. »Du bringst das doch sicher gern zu deinem neuen
Freund hinauf, nicht wahr?«
Ich mußte es annehmen. Meine
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