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Alien 4: Die Herren der Erde

Alien 4: Die Herren der Erde

Titel: Alien 4: Die Herren der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Weigerung hätte nur
bestätigt, daß zwischen uns etwas vorgefallen war.
»Hör zu, Kind«, sagte meine Mutter und schob sich das
lange Haar aus dem rundlichen Gesicht. »Ich habe bis jetzt
nichts gesagt. Aber sei bitte vorsichtig. Er ist ein Fremder,
vergiß das nie! Er gehört nicht zu uns.«
    »Sag bitte nicht solche dummen Sachen, Mutter!«
    »Und du – mach keine dummen Sachen, Clary. Denk an
Elise. Du tätest ihm damit weh – und würdest beide
Familien beleidigen. Das Leben hier muß weitergehen,
Kind.«
    »Natürlich. Alles muß so sein, wie es immer
war.«
    Aus ihrer Ecke heraus warf Großmutter mir einen scharfen
Blick zu. Die tiefliegenden Augen schimmerten in ihrem runzligen
Gesicht. Plötzlich fühlte ich mich wie eine Gefangene. Ich
ergriff das Paket und floh ins Freie, überquerte schon die
Felder, ehe mir wieder einfiel, daß ich Florey überhaupt
nicht sehen wollte.
    Aber er war nicht bei der Brücke. Mein Vater sagte mir,
daß Seyour Florey höher den Hang hinaufgestiegen sei.
»Er sagte, er wolle sich die Gegend dort oben etwas näher
ansehen. Er ist schon ein seltsamer Kerl, nicht wahr,
Clary?«
    In dem Moment fiel mir wieder ein, daß Florey gesagt hatte,
er wolle sich mit Elise treffen, und ein Schauer rann mir den
Rücken herunter. Die Dinge gerieten allmählich außer
Kontrolle. Ich wäre ihm am liebsten sofort gefolgt, aber mein
Vater wollte mit mir über die Arbeit an der Brücke reden.
Er meinte es nur gut, dachte, es würde mich interessieren, und
bemerkte nicht meine Unruhe und Eile. »Ich weiß nicht,
wieso wir nicht schon selbst viel früher darauf gekommen sind.
Aber es ist wirklich eine gute Idee.« Er kratzte sich das
bärtige Kinn. »Du bist wie ich, Clary, nicht wahr? Du bist
neugierig auf alles Neue. Du bist nicht wie deine Mutter, die nichts
auf der Welt aus ihrer Küche weglocken kann.« Nicht ganz zu
Unrecht war mein Vater der Ansicht, daß meine Mutter
ständig gegen ihn intrigierte.
    Mein Bruder Rayne hackte derweil Keile aus einem Holzklotz. Seine
Axthiebe hallten zwischen den Bäumen wider, und jeder Schlag war
wie ein Hieb in mein Herz. Schließlich hielt es mich nicht
länger bei meinem Vater. »Ich muß gehen, damit der
Seyour sein Mittagessen bekommt.«
    »Er wird sicher bald wieder zurück sein. Warte doch
hier, bis er kommt, Clary.«
    Aber ich war schon halb über die neue Brücke. Die
rauhen, ungehobelten Planken schwankten unter meinen nackten
Füßen. Ich mußte mich am Halteseil festklammern. Die
seitliche Verkleidung der Brücke war erst einseitig
fertiggestellt. Auf der anderen Seite konnte ich fünfzig Meter
tiefer die dunklen Fluten durch die Schlucht wirbeln sehen. Ich
gelangte sicher auf die andere Seite, drehte mich kurz um und winkte
meinem Vater, ehe ich durch den Wald zu den Sommerweiden
emporstieg.
    Der Wald blieb hinter mir zurück. Von den grasbewachsenen
Hängen wehte mir ein frischer Wind entgegen. Der Rasen unter
meinen Füßen war von der Sonne so warm wie
frischgebackenes Brot. Eigentlich hätten unsere Schafe schon auf
der Weide sein sollen, aber unsere Männer wollten mit dem
Auftrieb warten, bis die Brücke fertig war. Die torfgedeckten
Unterstände waren leer und verlassen. Weiter oberhalb sah ich
die Herden der Shappards, die langsam den grünen Berghang
entlangwanderten. Der schneebedeckte Doppelgipfel leuchtete im
Sonnenschein.
    Mein Kummer schien immer mehr von mir abzufallen, je höher
ich stieg, und schrumpfte unter dem unendlich weiten Himmel zur
Bedeutungslosigkeit. Ich verlor mich völlig in der Ruhe und dem
Frieden des herrlichen Frühlingstages, schwenkte das fettige
Paket mit dem Essen, legte zwischendurch eine Pause ein und streckte
mich im frischen Gras aus, um auf den Waldsaum hinunterzuschauen, zu
den weiten, baumbestandenen Bergkämmen, die zu beiden Seiten
abfielen und in dunstiger Ferne verschwammen. Eines Tages würde
ich herausfinden, was dahinter lag, auch wenn ich bis dahin
längst mit Elise verheiratet sein sollte.
    Wenn meine Mutter meinen Vater beherrschen konnte, sollte auch ich
meinen Mann in meinem Sinne lenken können.
    Wenig später traf ich auf Elises Hündin. Sie kam in
vollem Lauf auf mich zugestürzt, schoß an mir vorbei und
wirbelte auf den Hinterläufen herum. Das Tier war so außer
Atem, daß seine Worte kaum mehr waren als ein drängendes
Hecheln. »Komm schnell«, brachte es schließlich
heraus, »folge mir, ’lary!«
    Ich fragte, was los sei, aber das Tier antwortete nur:
»Schlimm’, schlimm’

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