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Alien Earth - Phase 1

Titel: Alien Earth - Phase 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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und Stecker gehörten der Fabrik. Und er hatte sie gestohlen. Darauf stand eine Strafe. Niemand interessierte es, sollte sie etwas strenger ausfallen, als im Gesetz vorgesehen, am allerwenigsten das Gesetz selbst. Was dann? Ihnen sagen, dass er auf dem Weg war, um Fleischberg Büchsen zu besorgen? Der Dicke fraß Tag und Nacht, jeder wusste das. Aber er hatte keine Büchse bei sich. Und er war auf dem Weg nach draußen gewesen, weg von Fleischberg. Sie würden ihm nicht glauben. Und ihre Wut darüber, dass er sie für dumm verkaufen wollte, an ihm auslassen. Losrennen? Er war flink. Flinker als jeder von ihnen, und sie trugen die schweren Rucksäcke. Er konnte sie abschütteln, sich irgendwo verstecken. Aber sie waren mehrere. Sie konnten ihn in die Enge treiben. Und außerdem kam er nicht aus der Fabrik heraus. Früher oder später würden sie ihn finden. Es gab viele Gesichter in der Fabrik, aber nicht so viele, dass er in der Masse hätte auf Dauer untertauchen können.
    »Kriegst du den Mund auf, oder müssen wir nachhelfen?«
    Die drei Männer schwärmten aus, umringten ihn. Aus mit Flitzen. Er würde nicht davonkommen.
    Die Frau trat vor ihn, hob die Hand mit dem Messer. Jetzt. Jetzt oder nie. »Warte!«, brüllte Wieselflink. »Ich … ich wollte mich freiwillig melden!«
    »Was du nicht sagst …« Die Frau schüttelte den Kopf. »Fällt dir etwas spät ein, nicht?« Sie glaubte ihm nicht.
    »Ja, schon. Aber ich … ich hatte Angst. Ich wusste nicht, wo …«
    »Schon gut. Du bleibst bei uns. Wir werden jede Hilfe gebrauchen
können.« Sie bewegte den Lichtkegel zur Seite, um Wieselflink nicht länger zu blenden.
    »Danke.«
    »Wart’s ab. Wir werden sehen, ob du morgen früh auch noch so denkst.«
     
    Kitty.
    Schlitzer.
    Stahlfaust.
    Bongo.
    Wieselflinks Gefährten für die Nacht.
    Kitty, die Frau mit dem Piratentuch. Sie war irgendwo zwischen 30 und 50, kräftig und bestimmte in ihrem Pack, wo es langging.
    Schlitzer und Stahlfaust. Oberarme, dicker als Wieselflinks Oberschenkel, laienhaft zerlaufene Tätowierungen über den Nacken hinauf und bis zu den Ohrläppchen - was ein halbes Jahr in der Fabrik eben mit einem anstellte. Zu wenig Vitamine, zu viel Protein und Fett, zu viele schwere tote Tiere zum Herumwuchten. Irgendwann gaben sich die Nomaden Machonamen, vergaßen, wer sie einmal gewesen waren, bis sie an nichts anderes mehr als an die nächste Büchse Hundefutter und ein Stück warmes Fleisch zum Drüberspritzen denken konnten. Und sich darüber wunderten, dass ihnen die Zähne wackelten.
    Der Junge, Bongo, musste neu sein. Er hatte noch keine Tätowierungen und noch alle Zähne. Man sah sie, wenn er lachte. Lachen - allein schon das verriet ihn. Der Junge hatte eine Zwillings-Trommel neben sich liegen. Es war ein kleines Wunder, dass er sie noch besaß. Eigentlich hätte er damit schon längst jemand genug auf die Nerven gehen müssen, dass er der Bongo die Bespannung und dem Jungen die Zähne eintrat.
    Die vier saßen auf schmutzigen Decken - wahrscheinlich aus ihren Baracken mitgeschleppt -, lehnten sich gegen ihre schweren Rucksäcke, die sie nicht abnahmen, und spielten
mit ihren Messern. Hinter ihnen reihten sich improvisierte Molotowcocktails. Wieselflink saß mit dem Rücken zur kalten Betonwand und wartete.
    Alle warteten. Und hielten den Mund. Alle paar Minuten kroch Bongo die wenigen Meter vor, die sie vom offenen Tor der Halle trennten, spähte in die klamme Nacht und kroch wieder zurück. Kitty sah ihn dann fragend an, und der Junge schüttelte den Kopf.
    Nichts. Nur: was nichts?
    Niemand befand es für nötig, darauf einzugehen. Und Fragen hätten Wieselflink verraten.
    Wieselflink räusperte sich. »Zigarette?«, flüsterte er.
    Kitty zischte, den Zeigefinger vor dem Mund. Wie erwartet. Kitty sagte, wo es langging. Sie war eine Frau an einem Ort, an dem es keine Frauen gab. Die Arbeit in der Fabrik war zu hart. Wenn ein Zug hielt, suchten die Bahnpolizisten nur Männer aus. Ab und zu schlüpfte ihnen eine Frau durch. Aus Kalkül, um ein Ventil und eine Beschäftigung für die Männer in der Fabrik zu haben, aus einem Irrtum heraus oder weil eine Frau es verstand, sich ihren Weg zu bahnen. Wieselflink tippte in Kittys Fall auf Letzteres: Sie wirkte wie eine Frau, die wusste, was sie wollte - und welche Kompromisse sie eingehen musste. Sie ließ Schlitzer und Stahlfaust an sich heran, und im Gegenzug gewährten sie ihr das, was Fleischberg Wieselflink gewährte: Schutz.
    Und Kitty

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