Alien Earth - Phase 1

eine Hand voll Schlaglichter, die mit jedem Erzählen wehmütiger machten.
    Dann, als Stahlfaust den letzten Molotow anbrach, sah Kitty zu Wieselflink. »Hast du keine Angst?«
    »Ja, ein bisschen schon …« Worauf wollte sie hinaus? »Wer hat das nicht?«
    »Du hast dein Halsband nicht abgeschirmt.« Sie langte an den Darm, der ihr eigenes abdeckte.
    »Ach so … ich meine, nichts für ungut, aber ich glaube nicht, dass das was nützt. Nicht bei meinem Band, wenigstens. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.«
    Kitty sagte: »Du lügst.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Genau das: Du hast keine Angst.«
    »Kitty, du …«
    »Du hast keine Angst.« Sie stand auf. Ohne zu schwanken. »Und ich will wissen, wieso. Wieso schleichst du in einer Nacht wie heute alleine durch die Fabrik, ohne dass du eine
Ahnung gehabt hast, was ansteht? Wir kriegen bald Schläge, so oder so. Wenn sie nicht kommen, dann, weil wir morgen unser Soll nicht schaffen. Und wenn sie kommen, dann erst recht. Du bist nicht dumm. Du hast längst gewittert, was los ist. Und trotzdem hast du keine Angst vor den Schlägen.« Sie tastete nach ihrem Ausbeinmesser, trat auf Wieselflink zu. »Ich will wissen, wa…«
    Durch das offene Tor flog etwas. Es sah aus wie ein Tennisball. Der Ball kam einige Meter hinter Kittys Rücken auf und explodierte.
    »Scheiße! Sie kommen!«, schrie Schlitzer noch, bückte sich nach Messer und Rucksack, dann verschluckte ihn eine Walze aus Rauch. Als sie Wieselflink erreichte, hatte er den Mund fest verschlossen, die linke Armbeuge über den Augen, Zeigefinger und Daumen der rechten Hand über der Nase geschlossen.
    Wieselflink hielt die Luft an und flitzte los, spürte etwas Weiches unter den Füßen, trat härter, um wegzukommen. Er rannte in die Fabrik, gegen den Strom. Kittys Pack würde, wenn es überhaupt noch stehen konnte, mit seinen Stangen und Messern den Bahnpolizisten entgegenrennen.
    Wieselflink zählte, während er rannte. Eins, zwei, drei, vier, fünf - er senkte den Arm, öffnete die Augen. Geschafft. Die Reizgaswolke war hinter ihm geblieben. Er holte tief Luft. Gleich …
    Aus der Gaswolke stürmten Bahnpolizisten. Sie trugen schrammige Plexiglasschilde und Helme und hatten die Schlagstöcke drohend erhoben.
    »Halt!«, rief der Vorderste. »Das ist eine Räumung! Nach Paragraph 35 des Bahngesetzes sind Sie verpflichtet …«
    Wieselflink flitzte weiter. Ein paar Meter, dann war er durch die Tür und … ein Ziehen im Nacken. Das Halsband schlug an. Aus der Ferne, vom Gas auf merkwürdige Weise gedämpft, hörte er klägliches Jaulen. Kittys Pack. Die Bahnpolizisten mussten ihnen die höchste nicht-tödliche Stufe geben.

    Es war vorbei. Er musste reagieren, um sich nicht zu verraten. Wieselflink riss die Arme hoch, jaulte auf, klatschte auf den Boden und blieb liegen. Mit etwas Glück würden sie an ihm vorbeistürmen. Und waren sie erst an ihm vorbei, würde er sich davonschleichen und sich verstecken.
    Es klappte beinahe.
    Ein Bahnpolizist musste zurückgeblieben sein. Als Wieselflink sich aufrichtete, sprang ein Schemen mit Schild auf ihn zu, zückte den Schlagstock und …
    Aus.

    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar.
     
    Artikel 115 a
    (6) Bei einem Angriff auf das Bundesgebiet durch Nicht-Menschen ist die Regierung verpflichtet, alle Anstrengungen zu unternehmen, diesen Angriff abzuweisen.
     
    (7) Zu diesen Anstrengungen zählt die teilweise oder gänzliche Aussetzung der in den Artikeln 1 bis 19 verankerten Rechte.
     
    (8) Die Gewalt über die Exekutivorgane geht in die Hand des Ministers für Alien-Fragen über, der die Verteidigungsorgane koordiniert und leitet.
     
    - Auszug aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.
Stand: 1. 1. 2065

KAPITEL 7
    »Uh-oh, Saurierpark!«, sagte Paul, als sie in Köln-Hahnwald aus dem Lieferwagen stiegen. Er und Ekin trugen Blaumänner. Die beiden hatten sich in einem Hunter-Depot, versteckt im untersten Deck einer ehemaligen Tiefgarage, für die Befragung ausgestattet - um gleich darauf in einer Straßensperre festzustellen, dass ihre Tarnung perfekt saß. Die Polizisten hatten sie eine halbe Stunde befragt und den Wagen samt Inhalt bis in alle Einzelheiten inspiziert, ohne Ekins und Pauls Gewehre zu erkennen, die auseinandergebaut in Werkzeugkoffern ruhten.
    »Pass auf, dass dein Gebiss gut sitzt, sonst schnappst du demnächst ins Leere! Diese Urtiere können immer ein paar Extra-Hauer gebrauchen.«
    »Paul! Halt den