Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alien Earth - Phase 1

Titel: Alien Earth - Phase 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
Vom Netzwerk:
Tageslicht zerren. Und Hero würde von diesem Tag an nicht nur dem Namen nach ein Held sein.
    Soweit die Theorie. In der Praxis beschäftigte sich Hero mit den Aufgaben des Bord-Stewards, brachte Diane Nachschub an Zigaretten und Wasser, Wilbur und Rodrigo an Essen, was immer die Company günstig auf dem Weltmarkt hatte besorgen können und zu den Stützpunkten verfrachtet hatte, und Rudi, nach 24 Stunden, eine Wasserflasche und drei Scheiben Brot mit halb verdorbener Margarine sowie eine Decke gegen die Kälte, die einem beim langen Sitzen in die Knochen kroch. Es war das erste Anzeichen dafür, dass die Crew ihn, wenn schon nicht als menschliches, dann immerhin als lebendes Wesen einstufte.
    Und irgendwann in den Stunden nach dem Brot, dessen ranziger Geschmack ihm nicht von der Zunge wollte, als Rudis Kreislauf endlich die letzten in seinen Adern kursierenden
Reste Neo-Bangkoks aufgespalten und ausgeschieden hatte, sein Hintern, sein Rücken und seine angeschwollenen Beine einsprangen, um ihm das Dasein zu verleiden, als draußen immer nur Meer zu sehen war - Wellen, Wellen, Wellen, endund bedeutungslos - und er in einen Schlaf mit viel zu vielen lockenden Engelerscheinungen abdriftete, als dass er erholend hätte sein können, und Rudis Gehirn den Aus-Schalter nicht fand, weil er doch eigentlich genau an dem Ort war, an den er sich gesehnt hatte, seit er das erste Mal von den Flyboys und der Company und den Aliens gehört hatte, da kapierte er.
    Die Crew der Bitch hatte etwas zu verbergen.
    Kein Zweifel, trotz des Schandmaulduells, das sich Diane und Wilbur lieferten. Während Hero endlos und schweigend an seinem Mini-U-Boot hantierte und Rodrigo lauschte, meckerten Diane und Wilbur.
    Über die Verpflegung: »Immer dieser Scheiß-Reis!«, beklagte sich Wilbur. Er hielt ein Schälchen und wedelte wild mit der freien Hand, an der Reiskörner wie angeklebt hafteten. »Hat unser geliebter Projektkoordinator noch nie von Proteinen gehört? Oder von F-L-E-I-S-C-H?«
    Über das Wetter: »Sonne, Sonne, Sonne!« Diane rollte die Augen. »Ist das alles, was dieser Arsch der Welt zu bieten hat?«
    Über die ständig viel zu knappen Kerosinzuteilungen: »Sollen wir mit Luft und Liebe fliegen oder was? Ich frage mich, wohin die ganzen Lotteriegelder verschwinden!«
    Und natürlich über die Amerikaner: »Wieso müssen sie ihre dicken Wurstfinger überall reinstecken? Großer Gott, erbarme dich und lass ihnen endlich den Sprit ausgehen!«
    Das kam von Wilbur. Amerikaner waren seine Spezialität. Er konnte nicht anders, er war früher selbst einer gewesen, wenn auch nur ein Golf-Amerikaner. Es musste Wilbur nicht gerade gefallen haben, nach der Heftigkeit zu schließen, mit der er über seine ehemaligen Landsleute herzog.
    Dennoch, das Ganze war lediglich harmloses Gerede. Rudi kannte es vom Himmelsberg und vom Company-Lager, den
beiden Orten, an denen er nennenswerte Teile seines Lebens verbracht hatte. Und jetzt hier, an Bord der Bitch … sich zu beklagen, schloss Rudi, gehörte zur menschlichen Natur wie Essen und Trinken. In Himmelsberg war es jedenfalls so gewesen. Schlimmer noch: Dort hatte es nie zu viel zu essen gegeben, dafür aber umso mehr Gerede. Im großen Haus von Himmelsberg war kein Augenblick vergangen, ohne dass sich irgendwo irgendjemand beklagt hätte. Wie hätte es auch anders sein können, mit 50 Erwachsenen und 200 Kindern unter einem Dach? Manchmal, eigentlich ständig, war das Geschimpfe in Gebrüll und Streit umgeschlagen. Ausgetragen mit einer Vehemenz, als würden sich die Angehörigen der Gemeinschaft jeden Augenblick gegenseitig an die Kehle gehen. Was von Zeit zu Zeit auch geschehen war, aber das Band zwischen den Himmelsbergern, ihr Glaubenssatz, hatte der Belastung standgehalten.
    Rudi, der nichts anderes als Himmelsberg kannte, hatte von früh an gelernt, sich herauszuhalten, wegzuhören. Und gleichzeitig genau hinzuhören. Er lernte, das Gesagte zu ignorieren und sich stattdessen auf das zu konzentrieren, was nicht gesagt wurde.
    Das nicht Gesagte war das eigentlich Gesagte.
    Und die Crew der Bitch sagte so viel nicht, dass Rudi bald wieder der strapazierte Kopf schwirrte. Diane und Wilburs bissige Bemerkungen waren authentisch, die beiden spielten ihm nichts vor. Doch eigentlich waren sie nur ein Ritual, eine Art Warmlaufen, bevor man im Kreis der Vertrauten zum eigentlichen Kern kam. Mit Rudi, dem ungeliebten Neuen an Bord, blieben die beiden in der Anbahnung stecken, drehten sie sich -

Weitere Kostenlose Bücher