Alien Earth - Phase 2
Gianelli
Junior Administrative Clerk
Project Sunfire/Los Alamos
- Anmerkung: Der Artikel wurde um 14:23:44 am selben Tag gelöscht. Janice Gianelli wurde in die Finanzverwaltung von Anchorage/Alaska versetzt. Versuche von Oppositionellen, Kontakt zu ihr aufzunehmen, sind bislang gescheitert.
KAPITEL 31
Melvin stammte aus Kansas, aus einer Familie von Farmern. Urgroßvater, Großvater und Vater hatten dem kargen Boden und der Trockenheit getrotzt und Ernten eingefahren, die die Bewunderung und den Neid der übrigen Welt auf sich gezogen hatten. Sie waren stolze Männer gewesen. Männer, die gewusst hatten, wo ihr Platz war und wofür sie standen. Männer in einem fortgesetzten Duell mit der Natur, denen es anscheinend mit purer Willenskraft gelang, Sieger zu bleiben.
Dann, in den 2020ern, waren die Sandstürme gekommen und hatten die Prärie zerrieben. Am Ende des Jahrzehnts hatten die Great Plains aufgehört zu existieren, und die Great Desert hatte ihren Platz eingenommen, ein Ort, kaum weniger unwirtlich als die Oberfläche des Mondes. Die Siukovichs aber gaben nicht auf, und man gestatte es ihnen auch nicht. Die Regierung erklärte, dass Amerikaner niemals aufgaben, dass die Great Desert nichts anderes sei als eine neue Frontier, eine neue Herausforderung, an der sich der amerikanische Geist beweisen könne. Und für den Fall, dass ihre Rhetorik nicht verfing, ließ die Regierung einen Elektrozaun um die Wüste ziehen und erklärte die Menschen darin zu Einwohnern einer Sonderwirtschaftszone.
Melvins Familie musste sehen, wie sie durchkam. Sein Großvater und Vater zogen sich für einen langen Tag und eine lange Nacht in eine Scheune zurück, tranken, brüllten und berieten sich und verkündeten schließlich Melvin und seinen fünf Geschwistern ihre neue Existenz: Hühner.
Die Regierung gewährte den Siukovichs einen Kredit. Sie kauften davon zwölf Fertigställe, 10.000 Küken und Hühnerfutter.
Innerhalb von 29 Tagen waren die Hühner schlachtreif und fuhren zu den Schlachthöfen der Ost- und Westküste - für Hühner war der Zaun um die Wüste kein Hindernis. Vom Erlös kauften die Siukovichs 20.000 Küken, und innerhalb von zwei Jahren konnten sie stolz von sich behaupten, wieder auf eigenen Füßen zu stehen.
Doch der Preis war hoch. Melvin hasste die Ställe und Hühner. Er war alt genug, um sich an die Zeit vor der Wüste zu erinnern, an die Weite des zaunlosen Horizonts, die einen einfühlsamen Menschen unweigerlich zu einem Träumer machte. Draußen, jenseits des Zauns, wartete eine Welt voller Möglichkeiten. Drinnen, in den Ställen, war die Welt klein, erbärmlich, und sie stank nach Hühnerpisse. Melvin hasste den Gestank, und er hasste die Hühner. Es waren dumme Tiere, keine GenMods, gewöhnliche Züchtungen. Melvin sagte sich, dass sie in den Ställen mindestens ebenso sehr leiden mussten wie er selbst, aber es half nichts. Die Hühner taten nie, was man ihnen sagte. Sie kratzten und pickten nach ihm, oder sie hockten einfach da und rührten sich nicht vom Fleck, wenn die Laster von außen kamen, um sie auf ihre erste und einzige Fahrt zu holen.
Melvin hasste die Hühner, er hasste die Große Wüste, er hasste das Leben.
Sein Vater machte es nicht einfacher. Er war ein strenger Mann, der von seinen Kindern blinden Gehorsam erwartete, und mit den Jahren nahm seine Strenge noch zu. Melvin war damals zu jung gewesen, um zu verstehen, warum. Inzwischen aber verstand er: Sein Vater hatte das Leben in der Wüste ebenso verabscheut wie er selbst. Und da er nicht wusste, wohin mit seiner Abscheu und Enttäuschung, verbitterte er.
Als Junge hatte Melvin nur gewusst, dass er gut daran tat, den Willen seines Vaters zu erfüllen.
Es gelang ihm, er kam mit einer gelegentlichen Tracht Prügel davon. Nichts, was andere Kinder der Wüste nicht auch zu erdulden hätten. Bis zu dem Morgen in ihrem fünften Jahr als Hühnerzüchter, als sie die Tore eines »reifen« Stalls - eines
Stalls mit schlachtreifen Hühnern - geöffnet vorfanden. Der Stall war leer. Die Hühner waren in die Wüste gerannt, wo sie in der Hitze des Tages verendeten. Nicht mehr als eine Handvoll konnten sie retten.
Die Katastrophe war zu groß, als dass sie ohne einen Schuldigen ausgekommen wäre. Er war rasch gefunden. Es war Melvin. Er hatte den Stall am Abend als Letzter verlassen, er musste es gewesen sein, der das Tor hatte offen stehen lassen. Niemand glaubte seinen Unschuldsbeteuerungen. Sein Vater zog den Gürtel ab und
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