Alien Earth - Phase 2
hatten einander wehgetan - er hatte Ekin wehgetan -, aber sie hatten einander gehabt. Was würde Ekin zu dem sagen, was er herausgefunden hatte? Lebte sie überhaupt noch? Er hatte sie fortgeschickt, zwischen die Sterne, zu den Aliens. Sie und hunderttausend andere. Nach Sigma V - in die Hölle?
»Darf ich mich zu dir setzen?« Es war Ekins Stimme. Paul blickte auf, sah Ghi, die neben ihm in die Hocke gegangen war.
Sie wartete seine Antwort nicht ab und setzte sich. »Es ist kühl«, sagte sie. »Ich habe dir eine Decke gebracht.«
Er schnaubte, stieß ihre Hand zurück.
»Paul, ich …«
»Ich will nichts hören«, unterbrach er sie. »Ich habe genug gesehen. Ich habe verstanden, was ihr seid. Nichts, was du mir erzählst, kann das ungeschehen machen.«
»Das soll es auch nicht. Ich will erklären.«
»Es gibt nichts zu erklären. Ihr seid Mörder. Ich habe es gesehen, mehr als einmal.«
»Die Hunter hätten uns zurück in den Berg gebracht. Dort wären wir gestorben. Wir mussten sie töten. Es war Notwehr.«
»Und was ist mit den FAMH-Soldaten? Marita und ihre Leute haben ihr Leben riskiert, um euch zu retten. Und ihr? Zum Dank habt ihr sie erschossen!«
»Das ist falsch. Wir wissen sehr gut, was wir diesen Menschen zu verdanken haben. Sie wollten, dass wir leben. Dafür waren sie bereit, ihr Leben zu geben. Aber sie waren keine guten Soldaten, das weißt du. Sie waren Idealisten und Amateure. Mit ihnen zusammen hätten wir es nie geschafft, uns davonzuschleichen. Aber das hätten sie nicht wahrhaben wollen. Es gab nur eine Möglichkeit, sie in der nötigen Schnelligkeit loszuwerden.«
»Und was ist mit den Leuten, die hier in der Mühle gewohnt haben? Sie hatten keine Waffen, keine Möglichkeit, euch an irgendjemanden zu verraten. Sie haben sich hierher verkrochen, um in Ruhe ihr eigenes kleines Leben zu führen. Und ihr habt sie umgebracht!«
»Es war notwendig, sie zu beseitigen. Die erste Zeit nach dem Erwachen aus der Starre ist prekär. Wir müssen uns zurechtfinden: in unseren neuen Körpern, in der neuen Welt, in die es uns geworfen hat, unter den neuen Gefährten. Die Orientierungsphase ist gefährlich. Wir sind zu unerfahren, um unsere Umwelt mit der nötigen Zuverlässigkeit abschätzen zu können. Wir dürfen keine Risiken eingehen. Wir müssen das Leben bewahren!«
»Euer Leben. Und deshalb dürft ihr das Leben anderer nehmen, wie es euch einfällt?« Paul hielt ihr den Knopf hin.
»Wir hatten keine Wahl. Die Körper waren krank.«
»Aber nicht in Lebensgefahr. Ihemes Fieber hatte bereits nachgelassen, er hatte den Höhepunkt der Krankheit überschritten. Die Übrigen wären ihm gefolgt.«
»Das sagst du jetzt. Aber als du mit mir bei den Kranken warst, hast du dir nicht anders zu helfen gewusst, als ihnen abgelaufene, alte Schmerztabletten zu geben und zu behaupten, sie würden ihnen helfen.«
»Was? Woher weißt du …«
»Ich kann lesen. Und wir sind nicht dumm. Wir kennen Placebos. Deshalb habe ich dein Schauspiel mitgespielt, deshalb haben Iheme und die Übrigen mitgespielt.«
»Ihr habt es gewusst und habt sie trotzdem genommen?«
»Natürlich. Es war in diesem Augenblick unsere beste Chance. Es war nicht auszuschließen, dass in den Tabletten noch aktive Wirkstoffe enthalten waren. Außerdem geht der Placebo-Effekt tiefer. Eure Körper sind es gewohnt, Medizin in Form von Tabletten zu sich zu nehmen. Die Aussichten, dass die Körper positiv auf die Tabletten reagierten, standen nicht schlecht.«
»Wenn das so ist, wieso habt ihr dann nicht abgewartet?«
»Weil wir kein Risiko eingehen durften. Was, wenn Ihemes Körper oder einer der anderen so schnell gestorben wäre, dass kein Transfer mehr möglich gewesen wäre? Ein unersetzliches Leben wäre verloren gewesen. Nein, der Transfer musste rasch stattfinden. Und er hätte es ohnehin irgendwann getan.«
Paul und Ghi trennte nur eine Handbreit. Sie roch gut.
»Wieso das?«
Vertraut. Wie ein Mensch.
»Weißt du noch, was du mir gesagt hast, als Iheme der einzige Kranke war? ›Ihr lebt in den Körpern von Überschussmenschen. ‹ Es waren Körper ohne Perspektive. Gut genug als Rettung, aber kein Ort, an dem auf Dauer Leben bewahrt werden kann.«
Wie Ekin.
»Ich verstehe. Euer Leben ist so viel wertvoller und wichtiger, dass ihr es als euer Recht anseht, das Leben anderer zu nehmen, um euer eigenes zu bewahren?«
Paul drehte den Kopf zur Seite. Er wollte nicht Ekin riechen.
»Eine Katze frisst eine Maus, um zu
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