Alien Earth - Phase 3
bereit.
Eines Tages erzitterte sie, als eine Fähre von einer nie gekannten Größe an das Schiff anlegte. Aufregung erfasste die Herde. Sie drängte sich auf der Suche nach Schutz um Pasong. Der Schleusenmund am Nabel der Welt öffnete sich, und Brüder und Schwestern strömten in das Schiff, nahmen von der Welt der Seestern Besitz.
Pasong blickte ihnen mit Furcht und Hoffnung entgegen.
Furcht, weil er wusste, dass seine Zeit als Herrscher über seine eigene, kleine Welt vorüber war. Von nun an würde er wieder ein Tier sein.
Hoffnung, weil die Ankunft seiner ehemaligen Artgenossen bedeutete, dass die Seestern bald den Orbit der Neuen Welt hinter sich lassen und aufbrechen würde.
Der Haarige, der Pasong am nächsten stand, stampfte mit den kräftigen Beinen. Pasong wandte sich ihm zu und sagte in der Art, wie er mit den Tieren zu sprechen pflegte: »Ruhig. Ruhig. Es ist nichts.«
Das Tier schnaubte und sagte: »Nein, es ist alles. Wenn wir verstehen, es dazu zu machen.«
»Du … du kannst sprechen?«
»Natürlich.«
»Du … du bist wie …«
»Ich bin wie du. Eine verlorene, glückliche, elende, einzigartige, wertlose Seele.« Der Haarige blickte Pasong in die Augen. »Ich heiße Atsatun.«
Sie nannten sich Seelenspringer.
Keine Hundert von ihnen hatten mit verschiedenen Transporten den Weg zur Seestern gefunden, als das Schiff die Umlaufbahn der Neuen Welt verließ und sich auf seinen langen Flug machte. Sie waren einsame Seelen; angetrieben von
dem Wunsch zu leben, fristeten sie das jämmerliche Dasein von Fleischtieren, das jederzeit zu Ende gehen konnte.
Die Neue Welt, die Alte Welt und ihre Sonne waren längst hinter ihnen zurückgeblieben, als ihnen klar wurde, dass sie nicht Tiere bleiben durften, wollten sie überleben. Sie waren zu viele und die Seestern zu klein, als dass sie hoffen konnten, im Angesicht des Todes jedes Mal einen passenden Körper zu finden. Und alles, was nicht »jedes Mal« bedeutete, bedeutete den Tod.
Atsatun war der Erste, der die Wahrheit aussprach. Und er war der Erste, der einen Weg für sie aufzeigte: zurück, woher sie kamen.
Pasong widersprach. »Ich will nicht zurück«, sagte er.
»Wieso?«, fragte Atsatun.
»Ich bin nicht mehr, der ich einmal war.«
»Das sind wir alle nicht. Aber wir sind auch keine Haarigen. Wir sind wir selbst. Die Körper, in denen wir wohnen, sind lediglich ein Behältnis. Was sollte es uns kümmern, in welchem Behältnis wir uns einrichten, solange es für unsere Zwecke genügt?«
Pasong wusste, dass Atsatun unrecht hatte. Er war Pasong - aber er war auch ein Haariges, und vorher war er ein Schlüpfling gewesen. Das war sein erstes Leben gewesen, und er hatte damals geglaubt, es würde sein einziges sein. Die Erinnerung daran war frisch, als hätte er eben erst seinen Körper zurückgelassen und ihn und Songe aufgefressen. Doch es war kein gutes Leben gewesen. Zu viele Tode, zu viele Zwänge, denen er sich hatte beugen müssen. Als Tier ließ man ihn in Ruhe. Es genügte Pasong. Wenigstens so lange, bis die Seestern einen Planeten mit Leben erreichte.
Aber Pasong wusste, dass Atsatun das nicht hören wollte. Atsatun war klug, vielleicht zu klug. Sein scharfer Verstand sah die Welt nur in zwei Kategorien, »nützlich« oder »unnütz«. Pasong schien das zu schlicht, aber Atsatun lebte, er war auf der Seestern - der lebende Beweis, dass seine Art, die Welt zu sehen, mindestens ebenso zutreffend war wie die Pasongs.
»Was du vorschlägst, ist unmöglich«, sagte er schließlich. »Wir können nicht zurück.«
»Hast du es probiert?«
»Ja.« Es war kein Eingeständnis, das ihm schwerfiel. Jeder der Seelenspringer hatte irgendwann versucht zurückzukehren. Es war nur natürlich. Lebte man Dutzende von Leben, gab es wenig, was man nicht ausprobiert hätte.
»Und?«
»Es ging nicht.«
»Weil du zu schwach warst.«
»Ja. Und du glaubst, dass du stärker bist, Atsatun?«
»Nein. Wir sind es.«
Pasong wusste darauf keine Erwiderung. Es war beschlossen.
Das Tier, das Atsatun war, blökte vor Schmerz.
Sein Blöken blieb nicht ungehört. Es war Fütterungszeit. Das Tor des Stalls öffnete sich, und eine der Schwestern, die sich um die Fleischtiere kümmerten, kam herein.
Pasong, der mit zwanzig anderen Seelenspringern in dem Stall wartete, kannte sie. Sie hieß Sorgal. Pasong mochte sie. Sie war gut zu ihnen, die sie für Tiere hielt, und sie hatte eine Unbekümmertheit an sich, die ihn an Songe erinnerte. Die junge
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