Alien Earth - Phase 3
in der es kein Verbrechen mehr gibt, keinen Hunger, keine Krankheiten und keinen Tod. Eine Gesellschaft ohne oben und unten. Ich bin mit meinem G5 auf Alien-Jagd gegangen, mit einem Magazin, das niemals leer war. Und ich habe jeden Einzelnen der dreckigen Aliens erledigt, ganz gleich, wie geschickt er sich verkrochen hatte oder wie sehr er sich wehrte. Mein Leben war eine einzige, ununterbrochene Party. Mein Leben war ganz Meditation, mein Leben war ganz der Rache gewidmet. Rache an allen, die mich jemals verletzt haben. Mein Leben war Versöhnung mit der Familie, die mich verstoßen hat. Mein Leben war am Herd, ich habe es für meine vielen Kinder gelebt. Ich habe gemordet und wurde ermordet, ich habe gequält und Freude geschenkt. Aber was immer ich tat, es brachte mich nirgendwohin. Ich war einsam, in mir selbst gefangen.«
»Ich muss mich korrigieren«, sagte Carmel. »Deine Auffassung vom Menschen ist pessimistisch - aber mit der, die die zu dir selbst hast, kann sie nicht mithalten.«
Die Hoffnung, die Ekin geschöpft hatte, zerstob. Carmel sträubte sich. Sie schlug ihm zu viel, zu geballt um die Ohren. Aber ihr blieb keine Wahl. Sie hatte nur diese eine Chance, zu ihm durchzudringen.
»Nenn es, wie du willst. Es gibt eben Menschen, die sind einfach nicht für das Glück geboren. Menschen, die alles anstellen können, was sie wollen, die bis ans andere Ende der Welt oder des Universums reisen. Ihr Leben ist eine Flucht. Aber sie gelingt nicht. Der Mist, den du hinter dir lassen willst, ist Teil von dir. Er holt dich früher oder später ein, am perfekten Strand, beim schärfsten Sex, in der tiefsten Meditation.«
Stille folgte auf Ekins Worte. Carmels Blick richtete sich nach innen. Ein gutes Zeichen. Er war nicht so abgebrüht, wie
er sich gab. Er hatte sich vieles erschlossen, aber es waren zwei unterschiedliche Dinge, in Gedanken zu Schlüssen zu kommen oder einem Menschen gegenüberzustehen, der von sich behauptete, das Gefängnis von Sigma V durchlebt zu haben und aus ihm geflohen zu sein.
Ekin hätte Carmel in diesem Augenblick überwältigen können. Sie steckte in diesem schwächlichen Kinderkörper, aber sie musste zugeben, dass er flink war. Das, zusammen mit ihren Hunter-Reflexen … innerhalb eines Augenblicks könnte sie Carmel die Waffe aus der Hand schlagen und …
… und hätte es mit dem Wolfsmenschen zu tun. Wolf war aufgestanden. Er ging auf der Veranda auf und ab, am äu ßersten Rand des Lichtkegels. Er tat es abwechselnd wie ein Mensch auf zwei Beinen und wie ein Wolf auf allen vieren, als könne er sich nicht entscheiden, als fände in seinem Innern ein Ringen statt. Als hätte das, was Ekin gesagt hatte, ihn zutiefst getroffen. Als hätte sie das Bild, dass er sich von sich selbst und der Welt gemacht hatte, in seinen Grundfesten erschüttert. Aber was kümmerten den GenMod die Seelenspringer und Sigma V?
Wolf hielt abrupt an, als er Ekins forschenden Blick bemerkte. Der Wolfsmensch fixierte Ekin für einen Augenblick, dann riss er die Schnauze auf und heulte laut. Er schrie seine Wut hinaus. Aber die Wut war nicht auf sie gerichtet, schien es Ekin. Nein, es war der Schrei eines Wesens, das sich vom Dasein betrogen fühlte.
Das Heulen riss Carmel aus seinen Gedanken. Er musterte Wolf traurig, machte Anstalten, auf den GenMod zuzugehen, um ihn in die Arme zu nehmen und zu trösten. Aber er ließ es sein. Er musste erkannt haben, wie grotesk die Geste gewesen wäre.
»Also gut«, wandte er sich schließlich wieder an Ekin, »nehmen wir an, du sagst die Wahrheit. Du warst auf Sigma V. Aber jetzt bist du hier, in diesem Mädchen. Wie hast du das angestellt?«
»Ich bin aus dem Gefängnis ausgebrochen.«
»Natürlich. Aber die Frage bleibt. Wie? Zwei Millionen Menschenseelen sind nach Sigma V gesprungen, und bislang hat man von keinem von ihnen gehört, klammert man diese merkwürdigen Ansichtskarten aus, die seit einigen Monaten kursieren.«
»Die Karten sind echt. Jede Einzelne von ihnen ist es.«
»Wie sollten die Aliens das anstellen?«
»Ich habe keine Ahnung. Aber Wesen, die ihre Seelen über Lichtjahre hinweg von einem Körper in einen anderen transferieren, sollte so etwas nicht weiter schwerfallen.«
»Mag sein. Aber welches Interesse sollten die Aliens daran haben, diese Karten zuzulassen?«
»Das kann ich nur vermuten. Ich nehme an, der Vorgang bedeutet für sie allenfalls geringen Aufwand. Die Karten können ihnen nicht schaden. Sie verraten keine
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