Alien Earth - Phase 3
lebenswichtigen Geheimnisse, es sind einfach nur Schnappschüsse Tausender verschiedener persönlicher Welten. Niemand kann daraus ein schlüssiges Bild zusammensetzen, ganz einfach, weil sie nicht Teil desselben Bildes sind. Auf diese Weise beschäftigen sie Homeworld Security und andere Organisationen, die hinter ihnen her sind. Und gleichzeitig beruhigen sie den Rest der Menschheit. Die Erde ist ein ungemütlicher Ort geworden. Die Menschen haben Angst. Vor den Seelenspringern, vor den Seelenbewahrern, vor den Trümmern, die ihnen auf die Köpfe stürzen, vor ihresgleichen, vor den Gewehren, die plötzlich überall sind. Deshalb klammern sie sich an jeden Strohhalm, der sich ihnen bietet. Die Karten sind einer. Jeder Mensch wird anhand der Karten eine Welt finden, die ihm zusagt, kann sich ausmalen, wie es wäre, dieses elende Leben hinter sich zu lassen und an einem besseren Ort neu anzufangen - auf Sigma V.«
»Hast du selbst solche Karten geschrieben?«
»Ja. An einen Mann, der sein Glück gefunden hatte. Er hieß Rodrigo.« Ekin hatte sich als seine Schwester ausgegeben, die er nie besessen hatte, um die Seelenspringer zu täuschen. Sie erwähnte es nicht. Es hätte Carmel und Wolf nur verwirrt.
»Wieso einem Menschen schreiben, der sein Glück gefunden hat?«
Weil nur Rodrigo und die Crew der Strawberry Bitch nahe genug an den Seelenspringern gewesen waren, um Pasongs Pläne zu durchkreuzen und der Menschheit ein Machtmittel an die Hand zu geben, das sie von der Zuschauertribüne auf das Spielfeld katapultierte: die Herrschaft über 60 000 Raumschiffe in der Umlaufbahn der Erde. »Um dafür zu sorgen, dass er sein Glück behält«, sagte sie laut. »Um dafür zu sorgen, dass wir den Aliens nicht wehrlos ausgesetzt sind. Und um meine Rückkehr vorzubereiten.«
»Wie ist dir das gelungen?«
»Weil ich es unbedingt wollte. Ich bin anders als die übrigen zwei Millionen, die nach Sigma V sprangen. Sie wollten nur eines: weg. Es waren Menschen, die nichts mehr zu verlieren hatten. Sie hatten mit der Erde und der Menschheit abgeschlossen. Ich nicht. Ich habe die Erde verlassen, um sie zu erhalten. Also versuchte ich nach den ersten tausend Leben, die ich auf Sigma V verbracht hatte, zu ertasten, wie die Welt außerhalb meines Gefängnisses aussah. Anfangs stieß ich nur auf Leere, aber dann gelangte ich in Kontakt mit der Seele des Mädchens, dem dieser Körper gehört. Sie war Teil des Transfers, der im Hauptbahnhof von Frankfurt stattfand. Aber aus irgendeinem Grund ist ihr Transfer misslungen. Ihre Seele zersplitterte. Ein Teil ihrer Seele ist nach Sigma V gelangt, der andere blieb in ihrem Körper. Ich fand ihn und benutzte ihn als Tor für meine Rückkehr.«
»Um die Menschheit zu retten?« Die Frage kam ohne Zögern. Hatte sie Carmel überzeugt? War es das, was den seltsamen Glanz in seine Augen brachte?
»Ja.«
»Vor wem? Vor den Seelenspringern, diesen flüchtigen Häftlingen, die sich auf der Erde breitgemacht haben? Oder den Bewahrern, die nichts anderes als eine Art Polizei sein können, die den Häftlingen auf den Fersen ist, bereit dazu, die Erde in eine sterile Wüste zu verwandeln, um die Häftlinge
umzubringen? Oder willst du uns vor uns selbst retten, die wir aufeinander losgehen, als bestünde der einzige Zweck unserer Existenz darin, uns gegenseitig umzubringen?« Carmel sagte es laut, beinahe brüllte er.
»Vor allen dreien.«
Carmel erstarrte. Aus dem feuchten Glanz in seinen Augen, wurden Tränen, die ihm über die Wangen rannen. Ekins Magen zog sich zu einem Klumpen zusammen, als sie es sah. Zu viel. Sie hatte ihm zu viel hingeworfen, hatte die Schraube überdreht. Carmel machte dicht. Der bärtige Mann hielt den Atem an, der Lauf der Pistole ruckte hoch, zeigte auf ihren Kopf. Dann öffnete Carmel den Mund, entblößte die Zähne … und prustete los.
»Großartig! Das ist das Beste, was ich seit Jahren gehört habe!« Der Lauf der Pistole hüpfte auf und ab mit Carmels Gelächter.
Ekin hatte gewonnen, sie hatte verloren. Carmel lachte sie aus. Er würde sie nicht erschießen. Aber er würde den Teufel tun, dem durchgedrehten Mädchen mit der überschäumenden Fantasie zu helfen.
»Das ist mein Ernst!«, beteuerte Ekin. »Nur weil ich im Körper eines …«
Carmel winkte ab, schnappte nach Luft. »Ich lache nicht dich aus.«
»Wieso lachst du dann?«
»Weil die Retterin der Menschheit ausgerechnet den Weg nach New Providence gefunden hat!« Er zeigte mit der Pistole auf die
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