Alien Earth - Phase 3
Wasser war träge, verlor sich am fernen Horizont. Der Sand war warm.
»Wie nennt ihr diese Welt?«
»Sie ist erst im Entstehen, sie hat noch keinen Namen.« Der Roboter verharrte einen Augenblick in Starre, als wolle er die Essenz dieser Welt aufsaugen, als warte er auf eine Eingebung, welche einzigartige Erfahrung er seinem Herren an diesem Ort verschaffen konnte. »Wieso wollt ihr den Bewahrer aufsuchen?«, fragte er schließlich.
»Wir machen uns Sorgen um unsere Art.« Hero übernahm es zu antworten. »Wir Menschen werden im Krieg zwischen Seelenspringern und Seelenbewahrern zerrieben. Das wollen wir verhindern.«
»Das ist alles?«
»Ja.«
»Wieso sorgt ihr euch um eure Art? Du«, der Roboter zeigte mit einer Handflosse/Flossenhand auf Rodrigo, »hast sie hinter
dir gelassen. Und du«, er zeigte auf Hero, »musst nicht um deine Existenz fürchten. Der Bewahrer wird dir voraussichtlich gestatten, im Schloss zu bleiben.«
»Unsere Familien werden sterben, unsere Freunde«, sagte Hero.
»Sie werden ohnehin sterben.«
»Nein, das …«
Der Roboter schnitt ihm das Wort ab. »Seine Stunde ist gekommen!«, sagte er bestimmt. »Der Bewahrer wird uns mit seiner Anwesenheit ehren. Schnell!« Der Roboter packte Hero, warf sich den Japaner auf den Rücken und rannte los. Rodrigo, der nur als Projektion anwesend war, blieb einen Augenblick an Ort und Stelle, dann stellte er fest, dass er dem Roboter hinterherrannte: Er war nicht mehr länger Herr über seine eigene Projektion.
Der Roboter brachte sie in die größte Halle, die sie bisher gesehen hatten. Sie war leer und grau, die Decke so hoch, dass sie ihren Blicken in der Eintönigkeit entschwand. Und in ihrer Mitte stand eine Liege, die Rodrigo als Stasisbank erkannte. Ein Wesen lag darauf. Es war größer als ein Mensch, länger. Rodrigo schätzte seine Länge vom Kopf bis zum Schwanz auf drei Meter. Schuppen, die bunt glänzten, bedeckten das Wesen. Sein Kopf erinnerte an den eines Vogels, an den man einen überbreiten Schnabel geheftet hatte. Seine Glieder waren kräftig und endeten in langen Fingern, verbunden durch Schwimmhäute. Sie waren Hände und Flossen und Füße in einem. Den Schwanz schließlich hätte Rodrigo als den eines Krokodils erkannt, wären nicht die bunten Schuppen gewesen.
»Der Bewahrer!«, flüsterte Hero, und sein Flüstern hallte in dem Turm wider.
Als hätte das Wesen seinen Ruf erhört, richtete es sich auf.
»Was wollt ihr von mir?«
Er sprach wie sein Oberster Bewahrer in einem Englisch, dem die Intonation fehlte. Als er den Mund öffnete, zeigten sich zwei Reihen scharfer Zähne.
»Mein Freund und ich kommen von der Erde, dem dritten Planeten dieses Sonnensystems, in dem …«
Der Bewahrer ruckte geschmeidig hoch. Er setzte sich auf den Rand der Stasisliege, ließ das Gliederpaar in der Luft baumeln, wie es ein Mensch mit den Beinen getan hätte. Sein Schwanz stand in einem Winkel ab, der keinem irdischen Krokodil möglich gewesen wäre, und ruhte auf der Liege.
»Vergeude nicht meine Zeit. Ich habe dich gefragt: Was wollt ihr von mir?«
Hero holte tief Luft, dachte einen Moment nach, und setzte erneut an. »Unsere Welt wird von denen, die ihr Seelenspringer nenn…«
»Still!« Der Schwanz des Bewahrers knallte wie eine Peitsche auf die Liege. »Ich will nicht hören, was ich bereits weiß. Ich frage dich zum letzten Mal: Was wollt ihr von mir?«
Hero überlegte, dann antwortete er: »Wir bitten um die Erde«
»Ihr habt sie. Derzeit.«
Rodrigo bemerkte eine lange, unregelmäßige Narbe, die sich schräg über den Leib des Bewahrers zog. Als hätte jemand versucht, ihm den Bauch aufzuschlitzen.
»Wir bitten darum, sie zu verschonen«, sagte Hero.
»Wieso?« Der Schwanz des Bewahrers hing jetzt über die Stasisbank hinaus. Er wedelte ungeduldig auf und ab. Rodrigo fragte sich, wem es gelungen war, dem Bewahrer so nahe zu kommen, um einen Mordversuch zu unternehmen. Den Seelenspringern? Oder las er zu viel in die Narbe hinein, war sie lediglich das Resultat eines Unfalls?
»Die Erde ist einzigartig«, antwortete Hero knapp. Er hatte die Ungeduld ihres Gegenübers verstanden. Sie würden mit knappen Sätzen etwas erreichen - oder gar nicht.
»Das ist sie nicht.«
»Doch! Sie ist …«
»Woher willst du Mensch das wissen?« Der Schwanz des Bewahrers verharrte in halber Höhe, bereit, wieder die Liege zu peitschen. »Ich vergeude kostbare Lebenszeit. Euer Anliegen
ist sinnlos. Alles, was eure Erde ausmacht, wurde
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