Alien Earth - Phase 3
auf, widerstand der Versuchung, in das Feldbett zu kriechen und dort bis zum Weltuntergang zu schlafen.
Ihr Schädel dröhnte, ihre Kehle war ausgetrocknet, und ihr war zum Heulen. Sie zwang sich, an ihre Verantwortung zu denken. Ekin war gegangen, hatte ihren Körper auf der Erde zurückgelassen, hatte geglaubt, die Erde selbst für immer hinter sich zu lassen. Sie hatte all die Leben gelebt, hatte unzählige Dinge erfahren, die kein anderer Mensch je erfahren hatte.
Doch es war zu viel gewesen, als dass sie sich hätte abwenden können.
Ekin konzentrierte sich wieder … lebte … und starb.
Sie erwachte. Sie fror. Fühlte sich schwach, wie ausgezehrt. Vermindert. Dann dachte sie daran, was sie mit denjenigen Menschen und Smarties würde anstellen müssen, für die sie keine Pillen hatte.
Ekin konzentrierte sich … lebte … und starb …
Zwanzig Stunden später war sie so weit. Ekin trat aus dem Labor. Sie zitterte vor Schwäche, aber das Wissen, das Labor für immer hinter sich zu lassen, hielt sie aufrecht. Carmel erwartete sie. Er hatte Wasser, Brote, Äpfel und ein Gewehr für sie gebracht. Ein zweites hatte er über die Schulter geschlungen.
»Geschafft?«, fragte er.
Sie nickte und drückte Carmel einen kleinen Plastikbeutel mit präparierten Pillen in die Hand. »Für dich und deine Smarties. Sie helfen euch beim Flug.«
Carmel nahm eine der Pillen heraus, hielt sie zwischen Daumen und Zeigefinger und musterte sie zweifelnd. Er traute ihr nicht. Zu Recht.
»Gib her!«, forderte Ekin ihn auf. Sie musste seine Zweifel auf der Stelle ausräumen. Carmel gab Ekin die Pille. Sie schluckte sie herunter. Sie war so klein, dass selbst Ekin mit ihrer ausgetrockneten Kehle sie ohne Wasser herunterbekam. »Jetzt zufrieden?« Ekin spürte eine Wärme, die sich in ihrem Magen ausbreitete. Ein Splitter ihrer Seele kehrte zurück. Glück überwältigte sie. Und anschließend Trauer: Das Glück verschaffte ihr einen Maßstab für das, was sie aufgegeben hatte.
Carmel nickte. »Soll ich gleich eine nehmen?«, fragte er.
»Wenn du willst.«
»Ist die Wirkung nicht dahin, falls es zu einer Verzögerung kommt?«
Ekin zuckte die Achseln. »Kaum.« Sie verschlang eines der Brote und spülte es mit der halben Flasche Wasser hinunter.
Carmel sah die Pille lange an und steckte sie schließlich in die Tasche. »Ich nehme sie später.«
»Wo ist Wolf?«, fragte Ekin.
»Bei seinen Jungen. Wieso?«
»Er hat noch keine Pillen. Sieh zu, dass er und seine Jungen sie nehmen.«
»Er wird sie nicht schlucken. Wolf ist eigen.«
»Dann eben nicht. Es ist sein Risiko.« Sie wandte sich ab. »Vergiss nicht die Dummköpfe und deine Smarties in den Käfigen! Ich muss los.« Wolf würde sie nicht schlucken. Ekin wusste es. Die pflichtbewusste, entschlossene Frau in ihr verwünschte es, das Mädchen in ihr begrüßte es.
Einen Apfel kauend, marschierte sie zur Pforte der Unterwelt. Das Essen und die Aufregung darüber, unmittelbar vor dem Aufgehen ihres Plans zu stehen, verliehen ihr die Kraft, der Erschöpfung ihres Körpers zu trotzen. Im Gehen überprüfte sie das Gewehr. Es war ein TAR-21, nagelneu, aber dennoch eine primitive, unpräzise Waffe im Vergleich zu dem G5, das sie in ihrem früheren Leben als Alien Hunter bei sich geführt hatte. Dafür war das TAR-21 mit seinem kurzen Lauf wesentlich leichter, die passende Waffe für ein halbes Kind. Und es genügte vollauf, um Menschen aus nächster Nähe zu töten. Mehr würde nicht nötig sein, wenn überhaupt.
Mordechai erwartete sie. Er trug ebenfalls ein TAR-21. Er wirkte entschlossen und beherrscht. Und die Art, wie er die Waffe hielt, sagte ihr, dass Mordechai es verstand, mit ihr umzugehen.
»Bereit?«, fragte sie.
»Bereit.«
Sie holte die beiden Tüten mit den Pillen aus der Tasche und gab sie Mordechai.
»Wofür sind die?«, fragte er.
»Wir müssen schnell sein, soll unsere Flucht gelingen«, antwortete sie. »Der Beschleunigungsdruck im Luftfisch wird mörderisch sein. Die Pillen helfen uns, ihn auszuhalten. Sieh zu, dass jeder eine bekommt. Menschen und Smarties.«
»In Ordnung.«
Sie trennten sich. Mordechai würde die Wissenschaftler und Smarties zusammentreiben und ihnen die Pillen verabreichen. Mordechai würde dafür sorgen, dass niemand ohne durchging. Hatte er sich einmal zu einer Sache bekannt, waren ihm Zweifel fremd.
Ekin ging zum Bunker, um Perlmann zu holen. »Es ist so weit«, sagte sie, als sie durch die Tür trat.
»So rasch?«
»Ja.«
Weitere Kostenlose Bücher