Alien Earth - Phase 3
tätschelte das Geländer der Reling. »Zugegeben, meine fliegen nicht so hoch und schnell wie die der Seelenspringer. Aber sie fliegen. Und sie sind reine Menschenarbeit. Ekranoplane. Flugzeuge, die unmittelbar
über dem Boden fliegen. Die Russen haben mit ihnen experimentiert, als sie noch andere Dinge zu tun hatten, als zu verhungern oder in ihren neuen Sümpfen im Norden zu ersaufen. Sie haben gute Grundlagenarbeit geleistet, das muss man ihnen lassen. Wir mussten nur noch ägyptischen Ingenieursgeist und neo-israelische Fertigung hinzurühren, und unsere Fliegenden Fische waren fertig!«
Die übrigen Boote flogen jetzt ebenfalls. Sie folgten al-Shaliks Ekranoplan in einer V-Formation. Am Bug und Heck der Maschinen, unterhalb der Wasserlinie, wenn sie als Boote fuhren, waren Ausbuchtungen zu sehen, aus denen die Läufe von Geschützen ragten.
»Ich bin beeindruckt«, sagte François, und es war seine erste Bemerkung, die keine Höflichkeitsgeste darstellte. »Aber wieso verwenden Sie nicht herkömmliche Flugzeuge?«
»Treibstoffeffizienz. Der sogenannte Bodeneffekt bewirkt, dass ein Ekranoplan deutlich weniger Treibstoff benötigt als ein herkömmliches Flugzeug. Das bedeutet eine weit höhere Reichweite oder Zuladung. Oder, wie in unserem Fall, eine Mischung von beidem: Meine Ekranoplane fliegen weiter als ein Flugzeug, und sie besitzen eine höhere Zuladung. Für gewöhnlich patrouillieren sie auf dem Nil und jagen Schmuggler.«
»Und das Militär hat sie Ihnen mir nichts, dir nichts überlassen?«
Al-Shalik zupfte an seinem Oberlippenbart. »Das wäre der falsche Ausdruck. Mahmuts Jungs sind ein offizieller Truppenteil der US Alien Force. Ich habe es mir erlaubt, eine ehrwürdige Tradition wiederzubeleben und unserer Regierung ein Bataillon anzubieten, das ich komplett aus eigener Tasche finanziere. Konteradmiral William Harry Dickerson VI. hat keinen Augenblick gezögert, mir die neuesten Einheiten seiner Nil-Flottille für die Befreiung Freetowns zur Verfügung zu stellen.« Der Ägypter lächelte verschlagen, als wären er und François alte Freunde. »Und unter uns gesagt«, fuhr al-Shalik fort, »blieb ihm keine andere Wahl. Stellen Sie sich nur den
Skandal vor, wenn bekannt geworden wäre, dass seine jüngste Tochter als Alienistin interniert worden ist? Und au ßerdem wäre seine stolze Flottille innerhalb weniger Tag zu einem Schrotthaufen degradiert, wenn al-Shalik Enterprises die Versorgung seiner Schiffe einstellten …«
Al-Shaliks Verband folgte der Küste Afrikas, anfangs nach Südosten, dann nach Osten. Der Flug verlief ereignislos. Es gab für François nicht mehr zu tun, als auf das Band der Küste zu starren, seinen Gedanken nachzuhängen und al-Shaliks sporadischen Monologen zu lauschen.
Einmal mussten sie ihre Fahrt wegen schlechten Wetters unterbrechen. Wellenkämme schlugen hart gegen die Rümpfe der Ekranoplane, warfen die Boote herum, lauwarmes Wasser spritzte über die Männer. Sie liefen in Axim im Süden des ehemaligen Ghanas ein, das von einem in Nebel gehüllten Wald umgeben war, der François an Jans Experimente erinnerte. Ihr Erscheinen erregte kein feststellbares Aufsehen. Der Hafen befand sich fest in der Hand der US Navy, Kriegsschiffe jeder Art gehörten zum alltäglichen Bild. Al-Shalik machte dem örtlichen Kommandanten seine Aufwartung, während seine Männer die Ekranoplane warteten und betankten. Gelegenheit zur Flucht bot sich keine. Jenseits der Flottenstützpunkte gab es nur Wald und - schlimmer noch - vereinzelte Einheimische, die sich in der Nähe des Hafens drängten, in der Hoffnung, einige Krümel des Wohlstands abzubekommen, der in den Stützpunkten herrschte. Kurz gesagt: Das Land glich Sierra Leone, bevor François und Jan die Human Company nach Freetown gebracht hatten. Ein Land, gut zum Sterben. Eines, in dem François, der Weiße, keinen Tag überleben würde. Es sei denn, er hätte einen Leibwächter bei sich, der es verstand, selbst in der Hölle zu überleben. Einen Mann wie Eustace.
Aber François hatte ihn verloren. Eustace verbrachte seine Zeit bei Mahmuts Jungs, die während des Flugs wenig anderes zu tun hatten, als die Zeit totzuschlagen. Der Leibwächter verschlang sie einen nach dem anderen in einem Zustand
grenzenloser Verzückung, wie ein Kind, das sich unversehens in einem Süßigkeitenladen wiederfindet und nicht aufhören kann, sich zu bedienen. François sah ohnmächtig zu, bis er Eustace am dritten Tag dabei ertappte, wie er seinen
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