Alien Earth - Phase 3
wieder eine neue Hoffnung. Eine Zeit lang hatte Melvin geglaubt, seine Landsleute hätten ein Gewissen, das stark genug war, um sich von der USAA zu trennen, die den Planeten leer schlürften wie einen Becher Cola. Er hatte sich geirrt. Jahrelang hatte er sich gegen die Hoffnung gewehrt, mit den Seelenspringern würde eine neue Zeit anbrechen, würden die Menschen all ihre Untaten hinter sich lassen. Das Doppellos der Human Company, das die Überschussmenschen Melvin und Diane in Piloten auf Alien-Suche verwandelt hatte, hatte seinen Widerstand in sich zusammenstürzen lassen. Wäre er nur stärker gewesen! Die Aliens bedeuteten nichts. Er, Melvin, und die übrigen zehn Milliarden blieben, was sie waren: Menschen.
Eine neue Hoffnung hatte ihn weiterleben lassen: ein einfaches, zurückgezogenes Leben, einige Jahre des inneren Friedens, bevor er starb. Damit, Diane niemals wiederzusehen, hatte er sich abgefunden. Das merkwürdige Mädchen hatte ihm seinen Frieden nicht gegönnt. Es hatte ihn mit der Aussicht geködert, Diane wiederzufinden, hatte ihm eine Chance auf eine gemeinsame Zukunft eingeflüstert.
Melvin konnte sich nicht vorstellen, Diane unter dem Meer zu finden. Feuerland gehörte den Smarties. Menschen gelangten nur halb tot und verstümmelt dorthin. Bevor er Diane auf diese Weise wiedersähe, wollte er lieber ganz darauf verzichten und sie so in seiner Erinnerung behalten, wie er sie geliebt hatte.
Und außerdem: Was bedeutete Diane schon neben der Atombombe, die die Smarties abgeworfen hatten? Was bedeutete sie neben den Smarties, die von den Seelenspringern für ihre Zwecke verheizt wurden? Was bedeutete schon sein eigenes Glück neben der Verantwortung, die ihm sein Wissen auflud? Er würde warten müssen, wie er es sein ganzes Leben
lang getan hatte. Er musste handeln - und danach würde er herausfinden, was der Traum zu bedeuten hatte. Vielleicht würde er Diane wirklich wiedersehen. Er bezweifelte es.
Melvin verfolgte, wie die Stadt unter dem Meer wuchs und wuchs. Kein Tag verging, an dem Smarties nicht mit neuen Wracks nach Feuerland kamen und den Schiffsfriedhof vergrößerten, der den Großteil der Unterwasserstadt ausmachte. Kein Tag verging, an dem nicht Kommandotrupps der Smarties zurückkehrten, blutig, zerschnitten, verkohlt und maßlos aufgekratzt von den Neurobeschleunigern, die ihre Körper ausgeschüttet hatten - und von bislang unbekanntem Stolz auf die Beute von Seelenspringern, die sie gerettet hatten. Kein Tag verging, an dem nicht neue Smarties nach Feuerland vorstießen, geflohen aus der Gefangenschaft von Homeworld Security, der Schufterei entkommen, an deren Ende unweigerlich der Schlachthof warten würde, als wären sie Kühe, die nur dafür gezüchtet wurden, beizeiten auf den Tellern ihrer Herren zu enden.
Feuerland wuchs und wuchs. Es wurde zur Stadt der Smarties. Die Springer, die sie befreiten, hielten sich nicht lange hier auf. Sie ruhten sich einen Tag oder zwei aus, dann verließen sie Feuerland. Manchmal sah Melvin zu, wie sie verschwanden. Wie Freunde bei einem Picknick spazierten sie Hand in Hand zur leuchtenden Barriere, die Feuerland vor dem Ozean schützte, und stürzten sich in sie hinein, um sich zu hellen Sternen zu verwandeln, die selbst die Kuppel überstrahlten.
Während die aus der Gewalt von Homeworld Security ausgebrochenen Herden von Smarties den Weg nach Feuerland fanden, schrumpfte die Zahl der übrigen GenMods dagegen zusehends. Sie starben. Ein Teil von ihnen wanderte nach dem Ableben zur Obduktion auf Pineros Operationstisch, aber der Arzt besah sie nur flüchtig, als wären sie seiner Aufmerksamkeit nicht wert. Pinero bewunderte die Smarties für ihre nahezu makellose Perfektion, ein Produkt der künstlichen Turbo-Evolution, die menschliche Gen-Modulatoren auf den Weg
gebracht hatten. Die übrigen GenMods waren ebenfalls ein Produkt dieses Prozesses, aber sie waren fehlerbehaftet, Irrwege, die man hatte gehen müssen, um den richtigen Weg - den zu den Smarties - zu finden.
Für Pinero waren die Smarties vollkommen, der Fleisch gewordene Beweis, dass es einen Gott gab. Einen eigenwilligen Gott, zugegeben, der nichts dabei fand, die Schöpfung von Smarties zu gestatten, um sie anschließend den Menschen auszuliefern. Aber dennoch ein Gott.
Aber der Arzt irrte, glaubte Melvin. Es gab weder einen Gott, noch waren die Smarties perfekt. Sie veränderten sich lediglich.
Als ihr Hirte hatte Melvin unter den Smarties gelebt. Anfangs hatte er sie für
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