Alien Tango
Stimme zu, dass es egal war, ob ich nun auf Chuckie gewartet hatte oder
nicht, und auch, ob ich andere Männer immer mit ihm verglich – denn der Mann,
in den ich mich letztendlich wirklich und unsterblich verliebt hatte, war
Martini. Der sich gerade sonst wo rumtrieb, wer weiß was tat und dabei
wahrscheinlich immer noch stinksauer auf mich war.
Irgendjemand bei dem Radiosender musste ebenfalls etwas gegen mich
haben, denn jetzt lief auf dem Hardrock-Kanal ausgerechnet Mayers »Dreaming
With a Broken Heart«. Dieses Lied zu hören, war vorhin schon schlimm genug
gewesen, aber jetzt, allein im Auto und unterwegs ins Nirgendwo, war es noch
viel schlimmer.
Ich heulte den ganzen Song hindurch und zwang mich dann wieder zum
Nachdenken. Glücklicherweise lief danach »Prison Bound« von Social Distortion.
Da ich vermutlich tatsächlich bald im Gefängnis landen würde, war dieser Song
zwar auch nicht besonders feinfühlig, aber wenigstens weckte er keine
Selbstmordgedanken. Irgendetwas an meiner Theorie stimmte nicht – die Theorie,
wie Reid mich aufgestöbert hatte, nicht die über Chuckie, bei der war ich mir
ziemlich sicher. Der Jet stand in der Area 51, und wenn er verwanzt gewesen
wäre, müsste Reid jetzt nicht hier, sondern in Nevada sein.
Helen hatte ihm meine Handynummer geliefert, was erklärte, wie er mich
hatte anrufen können. Martini hatte uns schon vor Wochen angemeldet, also war
es bestimmt kein Problem gewesen herauszufinden, wo wir an diesem Wochenende
sein wollten, was wiederum Shannons Erscheinen beim Klassentreffen erklärte.
Auch Chuckie hätte das ganz ohne die Hilfe meiner Mutter herausfinden können.
Aber wie hatte Reid uns im Terminal Zwei aufgespürt? Wir hatten den Porsche in
Parkhaus Drei stehen gelassen, und er hatte uns bestimmt nicht einfach zufällig
im Shuttlebus gesehen.
Chuckies Kommentar über Satellitentechnologie fiel mir wieder ein.
Sie folgten meinem Handysignal. Und das hieß, dass die Scheinwerfer, die gerade
in weiter Ferne hinter mir aufgetaucht waren, vermutlich nichts Gutes
bedeuteten. Ich zog mein Handy hervor. Es war jetzt mein ganz persönlicher
Unglücksbringer.
Am liebsten hätte ich es einfach aus dem Fenster geworfen, aber ich
beherrschte mich. Wenn ich das tat, wussten sie sofort, dass ich sie
durchschaut hatte. Ich kam zur Ausfahrt nach Casa Grande. Es war nicht gerade
eine Metropole, aber wie alle Städte hier wuchs sie kräftig. Ich fuhr vom
Highway ab auf eine Tankstelle. Dort warf ich das Handy in einen Mülleimer und
raste wieder zurück auf die Straße. Das Ganze hatte höchstens zwei Minuten
gedauert.
Da ich kaum noch etwas zu verlieren hatte, ging ich das Risiko ein
und schaltete die Scheinwerfer aus, ließ die Beleuchtung des Armaturenbretts
jedoch an. Jetzt konnten sie mich nur noch sehen, wenn sie Radar hatten oder
wenn ich bremsen musste. Und da auch der Mond nicht schien, reflektierte der
Wagen keinerlei Licht. Der Highway war wieder verlassen, und soweit ich das
sagen konnte, war ich das schnellste Wesen darauf.
Ich fuhr durch die Nacht und beobachtete, wie die Scheinwerfer näher
kamen. Plötzlich verschwanden sie, und ich war mir ziemlich sicher, dass dort
die Ausfahrt nach Casa Grande war. Die Chancen dafür, dass sie glaubten, ich
wäre einfach wieder zurück nach Caliente gefahren, standen fünfzig-fünfzig. So
hatten laut Martini allerdings auch die Chancen gestanden, dass mit dem Jet
alles in Ordnung war. Also waren sie vermutlich gleich wieder hinter mir her.
Ich erreichte eine Autokolonne und schaltete die Scheinwerfer wieder
ein, während ich mich durch den Verkehr schlängelte. Es waren auch eine Menge
Lastwagen dabei, die meinen Fluchtversuch unbeabsichtigt behinderten. Nach ein
paar Minuten schleppte sich der Verkehr nur noch langsam dahin. Da sah ich ein
Straßenschild, das eine Baustelle ankündigte.
Die Typen, die hinter mir her waren, kannten keine Skrupel, wenn es
darum ging, Unschuldige zu töten. Karl Smith, die Lady von der
Reinigungstruppe, der Leuchtturmwärter, der Mann auf dem Männerklo und Gott
weiß wer noch alles. Ich konnte nicht auf dem Highway bleiben, sie würden sich
einfach einen Weg durch die Lastwagenfahrer und die Familien um mich herum
freischießen.
Links neben der Fahrbahn verliefen Bahnschienen, und wegen der
Baustelle würde ich bald keine Chance mehr haben, von der Straße zu kommen. Ich
wartete auf die nächste Lücke in der Fahrbahnabsperrung, überquerte den
Grünstreifen und schlängelte mich
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