Aliens in Armani: Roman (German Edition)
Beförderung geschenkt. Vermutlich hatte er ihm einen anderen Zweck zugedacht, aber meine Wahlmöglichkeiten waren nun mal beschränkt.
Ich ließ meine Handtasche fallen, kickte mir die Pumps von den Füßen und rannte los, direkt auf den Rücken des Mannes zu. Er steuerte das Gerichtsgebäude an, war aber noch keine dreißig Meter entfernt, und ich war in der Schule im Leichtathletikteam gewesen. Kurzstrecken- und Hürdenlauf waren damals mein Spezialgebiet gewesen, und auch wenn es schon ein Weilchen her war – manche Dinge verlernt man nie.
Er war etwas größer als ich, ich musste ihn also im Flug erwischen. Ich peilte einen Punkt an und sprang im letztmöglichen Moment. Gerade als er sich umdrehte, rammte ich meinen Füller in das Quallending. Ich konnte seine Augen sehen – sie waren geweitet, glühten rot und hatten nichts Menschliches mehr an sich.
Als sich mein Füller in seinen Rücken bohrte, öffnete er den Mund, doch es kam kein Laut heraus. Dafür verwandelten sich seine Augen wieder in die eines Menschen, und sein Blick wurde glasig, als er starb. Dann fiel er nach vorn. Ich kämpfte mich auf die Füße, schleimüberzogen von seinen Flügeln und dem explodierten Quallending.
Dann traf die Polizei ein. Schließlich waren bereits viele Polizisten im Gerichtsgebäude gewesen. Es war ein einziges Chaos, Menschen schrien, alles war voller Glas und Blut, in der Ferne hörte man Sirenen heulen, doch das Einzige, an das ich denken konnte, während ich auf den Toten hinuntersah, war mein Füller. Sollte ich ihn wieder herausziehen oder lieber nicht?
Plötzlich und wie aus dem Nichts tauchte ein Mann vor mir auf, über 1,80 m groß und breitschultrig. Ansonsten fiel mir nur sein Anzug auf, ziemlich sicher von Armani und perfekt sitzend, was wohl bedeutete, dass er nicht zur Polizei gehörte. Meine Augen wanderten wieder zu meinem Stift, der noch immer im Rücken des Toten steckte.
»Woher wussten Sie, was Sie tun mussten?«, fragte er ohne Umschweife.
»Es kam mir einfach … richtig vor«, erwiderte ich und setzte damit klar einen neuen Standard in Sachen blöder Antworten. »Kann ich meinen Stift wiederhaben?«
Er ging in die Hocke und untersuchte die Leiche, dann zog er vorsichtig den Füller heraus. Ich hatte den Eindruck, als wollte er ihn sofort wieder hineinrammen, sollte der Tote auch nur das leiseste Lebenszeichen von sich geben.
»Ich hab seine Augen gesehen. Die waren nicht normal, und als ich ihn umgebracht habe, sind es wieder Menschenaugen geworden. Und dann habe ich gesehen, wie er gestorben ist«, erklärte ich. Ich fragte mich, ob ich eventuell einen hysterischen Anfall bekommen würde, aber ich blieb ganz ruhig, was mich sehr erleichterte.
Der Mann sah zu mir hoch. Jetzt erst fielen mir seine Gesichtszüge auf. Es war ein markantes Gesicht mit einem kräftigen Kinn, hellbraunen Augen und leicht gewelltem Haar. Zweifellos attraktiv. Ich hasste mich dafür, aber mein Blick wanderte direkt zu seiner linken Hand. Kein Ring. Ich sah sofort wieder hoch, doch er hatte meinen Blick bemerkt und grinste. »Jeff Martini. Unverheiratet und derzeit ohne feste Freundin. Und Sie sind?«
»Beunruhigt. Werde ich jetzt verhaftet?« Ich sah einige Polizisten mit entschlossenen Mienen auf uns zusteuern.
Martini erhob sich. »Das glaube ich nicht.« Er wandte sich an die Polizisten. »Das hier ist Angelegenheit unserer Behörde, Gentlemen. Bitte kümmern Sie sich um die Passanten.«
Die Polizisten blieben stehen und befolgten seine Anweisungen ohne den geringsten Protest. Jetzt war ich erst recht nervös.
Er drehte sich wieder zu mir. »Gehen wir.« In diesem Moment hielt eine lange graue Limousine mit getönten Scheiben neben uns. Martini nahm meinen Arm und führte mich zu dem Fahrzeug.
»Ich muss mein Auto holen«, protestierte ich. »Und meine Schuhe.« Ich hopste von einem Fuß auf den anderen und spielte kurz mit dem Gedanken, mich einfach auf Martinis Schuhe zu stellen, aber angesichts der kurzen Dauer unserer Beziehung ließ ich es dann doch bleiben.
»Geben Sie mir die Schlüssel«, sagte er.
»Nein, lieber nicht.« Ich entzog ihm meinen Arm und fand tatsächlich ein kleines Fleckchen Schatten, auf dem ich stehen konnte. »Was zum Teufel ist hier eigentlich los?«
Ein älterer Mann stieg aus dem hinteren Teil der Limousine. Er hatte Martinis Statur, war aber mindestens zwanzig Jahre älter. Verwandt sahen sie nicht aus, aber ich war mir ziemlich sicher, dass sie zusammenarbeiteten, für
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