Aliens in Armani: Roman (German Edition)
gar keine Superhelden.
Was aber nicht heißt, dass es keine Wesen mit Superkräften gibt.
Aber keine Sorge – darum kümmere ich mich schon.
Okay, okay, das beruhigt jetzt nicht einmal mich selbst besonders.
Kapitel 1
Mein erstes Überwesen habe ich zufällig erledigt, es war ein Unfall, im wahrsten Sinne des Wortes.
Ich war auf dem Weg vom Gerichtsgebäude zum Parkhaus. Nachdem ich meine Pflicht als Geschworene erfüllt hatte, wurde ich direkt nach der Mittagspause entlassen, was hieß, dass ich zurück zur Arbeit und versuchen musste, den versäumten halben Tag nachzuholen.
Um zum Parkhaus zu kommen, musste ich die Straße überqueren und an einer Ampel warten. Während ich noch dort stand und hoffte, mir keinen Sonnenbrand zu holen, krachte es plötzlich. Keine zehn Meter von mir entfernt, direkt vor dem Gerichtsgebäude, war ein Auto im Schritttempo auf den vorausfahrenden Wagen aufgefahren.
Beide Fahrer stiegen aus ihren Autos, aus dem vorderen ein Mann, aus dem hinteren eine Frau, und sofort begann er sie anzubrüllen. Zuerst dachte ich, er wäre einfach wütend wegen des Blechschadens, schließlich war Sommeranfang, und der macht in Arizona immer alle etwas reizbar, aber dann begriff ich, dass es seine Frau war, die er da anschrie.
Zuerst entschuldigte sie sich, doch er ging nicht darauf ein, und da wurde auch sie wütend. Aus ihrem Streit wurde wüstes Gekeife. Das hier war ein ausgewachsener Ehekrach, und zwar von der Sorte, aus der sich Polizisten verständlicherweise immer lieber heraushalten.
Die Ampel sprang auf Grün, und ich spielte mit dem Gedanken, einfach schnell weiterzugehen, um nicht in die Situation verwickelt zu werden, doch dann geschah es. Der Mann tobte und brüllte, und plötzlich brachen aus seinen Schultern Flügel hervor.
Und ich spreche hier nicht von niedlichen Flügelchen. Sie waren riesig, locker zwei Meter hoch und mit mindestens doppelter Spannweite. Sie waren gefiedert, sahen aber trotzdem ungewöhnlich aus – ist ja klar! Dieses Gefieder hatte nichts von Vogelfedern, es glänzte, aber nicht von Blut. Vielmehr schien eine dickflüssige Substanz die Flügel zu überziehen. Vor meinen Augen drehte sich der Mann zu seiner entsetzt kreischenden Frau um, aus seinen Schwungfedern jagte ein Klingenhagel und schnitt sie in schmale Streifen.
Dann wandte er sich dem Gerichtsgebäude zu und schleuderte weitere Klingen dagegen. Das Haupthaus des Gerichts von Pueblo Caliente, ein neunstöckiges, größtenteils verglastes Gebäude, war noch ganz neu und sehr hübsch, und seine moderne Fassade ließ den Betrachter fast vergessen, dass die Stadt einmal nichts weiter als ein von amerikanischen Siedlern gegründetes Kaff voller Kuhfladen gewesen war.
Als die Geschosse einschlugen, zuckte ich zurück. Das Glas zerbarst, Scherben flogen in alle Richtungen. Binnen Sekunden verwandelte sich das schicke Gerichtsgebäude in einen Trümmerhaufen. Ich hörte Schreie – alle, die aus dem Gebäude gerannt kamen oder hinter den Fenstern der unteren Stockwerke saßen, jeder, der in die Schusslinie geriet, wurde von Klingen durchbohrt, verstümmelt oder ermordet von diesem Mann. Wie weit die Geschosse flogen, konnte ich nicht beurteilen, doch es war offensichtlich, dass sie tief in das Gebäude vordrangen.
Ich weiß nicht, warum ich nicht auch versucht habe, davonzulaufen. Im Rückblick könnte man es so erklären, dass mir vielleicht einfach klar war, dass es ein sehr kurzer und sehr zweckloser Versuch sein würde. Doch das war es nicht, was mir damals durch den Kopf ging. Ich hatte Angst, aber vor allem war ich wütend und wollte ihn aufhalten. Er machte keine Anstalten, das Gemetzel zu beenden, und ich begriff, dass er es genoss – er genoss seine Macht, die Angst, den Tod.
Er wandte mir noch immer den Rücken zu, und ich sah einen Fleck an der Stelle, an der einmal seine Schulterblätter gewesen waren und jetzt die Flügel entsprossen. Dort pulsierte so etwas wie ein menschliches Herz, nur sah es nicht aus wie ein Herz, sondern eher wie eine kleine Qualle.
Fieberhaft überlegte ich, wie ich dieses Monster aufhalten könnte, aber leider gehörten Maschinenpistolen nicht zur Grundausstattung einer Marketingmanagerin. Ich fixierte weiterhin das pochende Ding zwischen den Schultern des Mannes, während ich in meiner Handtasche wühlte und sich meine Finger schließlich um eine Waffe schlossen – um meinen teuren und schweren Mont-Blanc-Füller. Mein Vater hatte ihn mir zu meiner
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