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Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Alissa 2 - Die geheime Wahrheit

Titel: Alissa 2 - Die geheime Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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ich das kann!« Alissa sank auf die kalte Bank nieder. Sie hatte einen Kloß in der Kehle und wischte sich mit dem Handrücken zornig eine Träne von der Wange. Sie hatte so kurz davor gestanden, dachte sie bitter. Jetzt würde sie gar nichts bekommen.
    Nutzlos runzelte die Brauen, und dann kicherte er und nahm gemächlich wieder Platz. »Hm«, brummte er. »Ich nehme an, jede andere Antwort aus deinem Munde wäre unaufrichtig gewesen.«
    »Ihr seid also nicht böse auf mich?« Sie wischte sich die Augen und starrte ihn ungläubig an.
    »Nein, nur besorgt.« Er zögerte, als lege er sich seine nächsten Worte zurecht. »Dies ist ein recht gefährlicher Moment für dich, verstehst du? Du stehst sozusagen auf einer Schwelle. Es wäre klug, dich einfach darüberzustoßen, und das würde ich auch tun, wenn mich nicht eine einzige Tatsache daran hindern würde.«
    »Bailic?«, riet sie und warf einen hastigen Blick auf den Turm, der finster über ihnen aufragte.
    Nutzlos rückte seine Gewänder zurecht. »Nein, um ihn geht es nicht. Sondern um den gegenwärtigen Zustand der Feste.«
    Das ergab überhaupt keinen Sinn, und Alissa wartete geduldig, bis er ihr Schweigen bemerkte und erklärte: »Ich bin nur einer, ganz allein. Es ist zu riskant. Es müsste jemand hier sein, der mich unterstützen kann, falls sich Komplikationen ergeben, und nach allem, was ich gelesen habe, muss man immer damit rechnen.«
    »Ich dachte, Ihr hättet schon meinen Papa unterrichtet«, sagte sie in wachsender Verwirrung.
    »Äh … das ist richtig«, stammelte Nutzlos, »aber jeder Schüler hat seine Besonderheiten.«
    »Ich verstehe.« Alissa musterte ihn misstrauisch. Irgendetwas an seinen Worten erschien ihr unstimmig.
    »Und es war immer jemand da, mit dem man sich beraten konnte«, fuhr er fort, als versuche er sich selbst zu überzeugen. Sie überzeugte er damit ganz gewiss nicht. Nutzlos beäugte sie argwöhnisch. »Ich denke, für heute Abend habe ich genug von dir. Erwarte meine Rückkehr zu jeder Wandlung des Mondes; ansonsten werde ich mich auf die Suche begeben. Vielleicht ist außer mir doch noch jemand übrig geblieben.«
    Alissa zog ihren Mantel fester um sich, beunruhigt von seiner rasch umschlagenden Stimmung. »Es gibt noch jemanden«, sagte sie zögerlich. »Ich habe im Herbst einen Raku gesehen, am Rand des Vorgebirges. Das war drei Tagesmärsche von meinem Zuhause entfernt, und er hat mir Todesangst eingejagt.«
    »Das muss eine verwilderte Bestie gewesen sein«, sagte Nutzlos, dessen Blick auf die Flammen entrückt wirkte.
    »Eine was?«, fragte sie.
    Sein Blick wurde traurig, als er sich vorbeugte, um das Feuer zu schüren. »Eine wilde Bestie. Meister sind nur wenigen Leiden unterworfen, doch eines, das wir mit den Menschen teilen, ist das Leiden des Wahnsinns. Ob durch einen Unfall oder zur Bestrafung, es kommt vor, dass einer von uns das bewusste Empfindungsvermögen – man könnte auch sagen, den Verstand – verliert. Er ist dann nicht mehr in der Lage, sich an etwas zu erinnern, und existiert nur noch wie jedes andere Raubtier. Wir beschützen diese Ärmsten, so gut es geht, und versuchen, sie von bewohnten Gebieten fernzuhalten. Es sind diese Unglücklichen, die eure konventionelle Vorstellung von Rakus als wilden Bestien geprägt haben. Doch sie sind nicht wirklich geisteskrank oder wahnsinnig, es mangelt ihnen nur an Bewusstheit.«
    »Sie erinnern sich nie daran, wer sie sind?«, fragte Alissa mit leiser Stimme und verdrängte die beängstigende Vorstellung von Nutzlos’ Kraft, wenn sie nicht durch Weisheit gezügelt würde.
    »Niemals«, bestätigte er; er klang zornig, aber nicht zornig auf sie. »Darüber sprechen wir nicht, denn sie alle haben Namen, obgleich sie sie nicht mehr hören.«
    »Das tut mir leid.« Nutzlos wirkte so traurig, dass Alissa wünschte, sie hätte nicht danach gefragt.
    »War es eine jüngere Bestie?«, fragte er.
    »Ich … ich glaube schon.«
    »Dann war es vermutlich Connen-Neute. Er war ein erstaunlich guter Schüler, großes Potenzial. Hier«, sagte er und strichelte mit dem Finger ein Zeichen in den Schnee. »Das ist sein Name. Der sollte nicht in Vergessenheit geraten, nun, da er ihn selbst nicht mehr kennt.« Nutzlos seufzte. »Ich frage mich, was ihn aus den Bergen ins Hügelland gelockt haben mag.«
    Sie beugte sich vor, um das einfache Zeichen zu betrachten, und war dankbar dafür, dass er offenbar genug von ihr hielt, um es ihr beizubringen. Nutzlos’ Finger trommelten in

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