Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit
würde sie in Stücke reißen, mit ansehen zu müssen, wie ihre Kinder kalt und bitter wurden, wenn das Wissen über tausend Tode über sie hereinbrach.
Lodesh war schlecht, und er wandte sein Gesicht, das sich kalt anfühlte, wieder Connen-Neute zu. »Woher wisst Ihr das?«, fragte er mit gebrochener Stimme, und dann spürte er, wie seine Miene hart wurde. »Was soll das heißen, zum Shaduf werden lassen? Ihr könntet das verhindern?« Zornig stand er auf. »Hätte das auch bei Sati verhindert werden können?«
Connen-Neute erhob sich ebenfalls und blieb stocksteif stehen. »Ich hätte nicht herkommen dürfen.«
»Nein!«, flüsterte Lodesh drängend. »Wartet.« Er zwang sich, die Arme sinken zu lassen. »Es tut mir leid. Ich habe kein Recht, irgendjemanden zu verurteilen. Aber Ihr seid hier. Ihr wärt nicht gekommen, wenn Ihr nichts daran ändern könntet.«
»Ändern?« Der junge Meister formte das Wort langsam und sorgfältig, als bestehe es aus Wolle. »Nein. Verhindern.« Unruhig blickte er zur Feste hinüber, dann setzte er sich wieder. »Ich brauche Hilfe.«
Lodesh zwang sich, sich ebenfalls hinzusetzen, denn er wusste, welche Anstrengung es Connen-Neute kostete, diese Worte auszusprechen.
Die Augen des Meisters schienen zu glühen. »Sobald Marga ein Kind erwartet, muss ich davon erfahren.«
Lodesh erschauerte vor der Unzahl von Fragen, die sich aus dieser einfachen Forderung ergaben.
»Je früher, desto besser«, fügte Connen-Neute hinzu. »Ich habe Grund zu der Annahme, dass eine leichte Verbrennung …«
»Ihr würdet einem Kind die Pfade verbrennen, noch ehe es geboren ist?«, rief Lodesh empört.
Connen-Neutes Blick wurde hart. »Soll ich lieber gehen?«, fragte er, und Lodesh gab nach. »Es braucht nur eine sehr sanfte Verbrennung zu sein, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt erfolgt. Ihr würdet sie nicht einmal spüren, und das Ungeborene auch nicht.«
Langsam nickte Lodesh, doch er war immer noch unsicher. »Aber einen Säugling verbrennen?«
»Ein neuronales Netzwerk ist sehr« – Connen-Neute ließ sich für das nächste Wort Zeit – »anfällig in dieser Phase der Herausbildung. Wenn man bis zur Geburt wartet, würde eine stärkere, schmerzhafte Verbrennung erforderlich.«
Lodesh rutschte unbehaglich hin und her. »Margas Kinder werden aber keine Shaduf …«
»Oder Bewahrer«, fügte Connen-Neute sanft hinzu.
Lodesh runzelte die Stirn. »Was ist mit Trook?«
Connen-Neutes ebenmäßige weiße Zähne schimmerten im schwachen Licht. »Bewahrer«, sagte er.
»Das wisst Ihr bereits?« Lodesh strahlte vor Stolz, als sei der Kleine sein eigener Sohn.
Der Meister nickte. »Ich habe nachgesehen, sobald ich konnte, ohne dass Redal-Stan Verdacht schöpft.«
Das erklärte die verstohlenen Blicke gen Westen. Connen-Neute handelte aus eigenem Antrieb und gegen einen Kurs, auf den sich die Meister geeinigt hatten. Das brachte ihn in eine prekäre Lage, falls man entdecken sollte, wer dafür gesorgt hatte, dass Margas Kinder nicht zu Shaduf wurden. »Warum tut Ihr das?«, fragte Lodesh und wunderte sich, was Connen-Neute so sehr verändert haben mochte, dass er das riskierte.
Connen-Neute stand auf und schürzte die Lippen. »Ich bin nicht mutig genug, meine Überzeugungen laut zu vertreten und für sie zu kämpfen«, erklärte er. »Meine Taten im Verborgenen werden ausreichen müssen, bis ich die Kraft dazu finde.«
»Redal-Stan sagt, dass Taten mehr sagen als Worte.« Lodesh erhob sich nun ebenfalls. »Ihr besitzt viel mehr Mut, als Ihr Euch zugesteht.«
Unter diesem offensichtlich ungewohnten Lob zuckte Connen-Neute verlegen mit den Schultern. »Teilt es mir unauffällig mit, wenn ich gebraucht werde. Ich möchte nicht der Rebellion angeklagt werden.« Er erschauerte. »Sagt Ihr es Marga?«
Lodesh nickte. Ihre Unterhaltung war offensichtlich vorbei, und er blickte zum Rand des Daches hinüber und überlegte, wie er wieder hinab in sein Zimmer kommen sollte. Er zweifelte nicht daran, dass Marga Connen-Neutes Hilfe gern annehmen und ihm sofort Bescheid geben würde, wenn sie meinte, ein Kind empfangen zu haben. Lodesh zögerte und runzelte die Stirn. Sofern sie es ihm würde sagen können.
»Connen-Neute, wartet«, rief er, als der junge Meister sich ein Stück von ihm entfernte, um sich zu verwandeln. »Marga will im kommenden Frühjahr ins Tiefland ziehen. Könnt Ihr sie dort aufsuchen? Vielleicht alle paar Monate?«
Der Meister schnürte nervös die rote Schärpe um seine Taille
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