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Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Titel: Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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grinste und baute sich noch breitbeiniger an seinem Posten auf, als Lodesh die Tür wieder schloss. An Krag vorbei würde es kein Entkommen geben. Lodesh zupfte seine kurze Weste zurecht und ging durch den großen Raum zum Fenster. Angewidert schüttelte er den Kopf. Seine Gemächer im oberen Stock waren größer als Reeves Haus mitsamt dem Küchengarten. Auch das Fenster war überdimensioniert, allerdings nicht groß genug, als dass ein Raku daran hätte landen können.
    Die nächtliche Brise spielte mit seinem Haar und trug den fernen Duft von Euthymienblüten heran, während er, die Hände in die Hüften gestemmt, am Fenster stand und brütete. So groß seine Gemächer auch sein mochten, ihre Wände schlossen ihn ein. Er wollte hinaus, und sei es nur, um einmal richtig frische Luft zu atmen. Er konnte zwar ungestraft im Mondlicht zwischen den Rosen im prächtigen Garten spazieren gehen, doch die Vorstellung verlor viel von ihrem Reiz, wenn er daran dachte, dass Krag ihn begleiten würde. »Wenigstens kann ich die Rosen riechen«, murmelte er säuerlich und streckte den Arm aus dem Fenster, um eine Blume aus den dornigen Ranken zu befreien, die an einem Spalier bis zum Dach hinaufwuchsen.
    Lodesh erstarrte, als ihm etwas einfiel, und ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Er blickte hinunter zum Boden, nickte scharf und lief dann zu seinem Kleiderschrank, um die ungeheuerlichen Strümpfe hervorzuholen, die er morgen tragen sollte. Sie waren violett und sahen scheußlich aus, doch er hatte es nicht über sich gebracht, das der Frau zu sagen, die seine Kleidung auswählte. Viel besser waren sie zum Schutz seiner Hände zu gebrauchen.
    Zurück am Fenster, wickelte sich Lodesh die Strümpfe um die Hände und zog vorsichtig an dem Spalier. Es war fest verankert. Langsam, vorsichtig, unter Aufbietung all seiner Geschicklichkeit kletterte Lodesh aus dem Fenster. Erleichtert stieß er den Atem aus. Ein Unheil verkündendes Knirschen war zu hören, und sein Lächeln erlosch.
    Gleich darauf folgte ein leises Knacken, und er spannte sich an. Der Lärm der metallenen Verankerung, die aus der Wand gerissen wurde, musste weithin zu hören sein, und er wusste, dass er fallen würde.
    Verzweifelt hangelte er sich wieder aufwärts. Dornen stachen ihn. Eine Sprosse brach. Einen Moment lang fiel er beängstigend schnell in die Tiefe. Er schnappte nach Luft, seine Schulter wurde hochgerissen, und sein Fall endete abrupt.
    Eine langfingrige Hand hatte sein Handgelenk gepackt.
    Lodesh mühte sich ab, mit den Füßen auf dem unsicheren Spalier Halt zu finden, griff mit der freien Hand nach dem Rand des flachen Daches und versuchte, sich hochzuziehen. Ein scharfer Ruck schleuderte ihn bäuchlings aufs Dach. Er rieb sich die Schulter, blickte mit zusammengekniffenen Augen zu dem Schatten vor ihm auf und erschuf ein Licht.
    »Connen-Neute!«, rief er aus. »Ich danke Euch. Ich wollte nur …« Er verstummte, und seine Erleichterung schlug in Verlegenheit um. »Nur die obersten Blüten auf Blattläuse untersuchen.«
    Der junge Meister zog die Augenbrauen hoch und ließ sich im Schneidersitz auf dem Flachdach nieder. Lodesh sammelte seine Knie und Ellbogen zusammen, wickelte sich die Strümpfe von den Händen und befreite sich von abgebrochenen Dornen und Blättern. »Kann ich etwas für Euch tun?«, fragte er. Dann wurde ihm eiskalt. »Alissa!«, rief er. »Geht es ihr gut? Wie konnte ich sie einfach vergessen!«
    Connen-Neute hob beruhigend die Hand. »Nicht Alissa«, sagte er leise, und seine dunkle Stimme schien ebenso zur Nacht zu gehören wie Eule und Wolf. »Marga.«
    »Was ist mit ihr?«, fragte er und hatte plötzlich Angst um seine Schwester.
    Connen-Neute blickte gen Westen, zur Feste, und seine goldenen Augen schienen im Licht der Bannkugel unheimlich zu leuchten. Lodesh fand, dass er ängstlich aussah, bereit, beim geringfügigsten Anlass die Flucht zu ergreifen. Da er die Furcht des jungen Meisters bemerkte, zwang Lodesh sich zur Ruhe. Worum es auch gehen mochte, es musste wichtig sein, sonst wäre Connen-Neute nicht hier. »Bitte«, sagte er leise. »Erzählt es mir.«
    Connen-Neute nickte, und sein langes Gesicht wirkte ernst. »Ich glaube, die Wahrscheinlichkeit, dass man Margas jüngstes Kind zum Shaduf werden lässt, hat sich um ein Zehnfaches gesteigert.«
    Lodesh stieß zischend den Atem aus, als hätte er einen Tritt bekommen. »Beim Navigator, nein«, flüsterte er betroffen. Nicht Marga. Nicht seine Schwester. Es

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