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Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Titel: Alissa 4 - Die letzte Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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leben, und ich vermute, sie sind so weit fort, dass dort Nacht herrscht, wenn hier Tag ist.«
    Alissa zog ungläubig die Augenbrauen hoch. Sogar Connen-Neute, der für gewöhnlich alles glaubte, was der Lehrmeister behauptete, räusperte sich zweifelnd. »Man – äh – kann aber keine Gedanken über die Erdkrümmung hinaus senden«, wandte der junge Meister bescheiden ein und zuckte zusammen, als Nutzlos ihm einen finsteren Blick zuwarf.
    »Vielleicht lässt Alissa ihre Gedanken von der Unterseite der Wolken abprallen«, sagte Nutzlos ärgerlich. »Vielleicht braucht jede nur die Hälfte der Strecke zu überwinden, wenn sie beide schlafen. Vielleicht liegt es auch daran, dass Alissa als Mensch und nicht als Raku geboren wurde. Woher soll ich wissen, was sie da tut? Aber Silla ist wirklich, und sie kennt Keribdis. Meine Gemahlin hat mir auch ständig diese Phrase von Regeln und dem Gesetz an den Kopf geworfen. Jedes verfluchte Mal, wenn wir uns gestritten haben.«
    Connen-Neute rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. Mit zusammengezogenen Brauen spielte er an der roten Schärpe um seine Taille. Alissa erstarrte, als ihr etwas einfiel. Silla trug ebenfalls eine rote Schärpe. Schärpen waren Zeichen dafür, wen man als seinen Lehrmeister betrachtete, bei wem dieser gelernt hatte und so fort. Ihre Augen weiteten sich. Keribdis war Connen-Neutes Lehrerin gewesen?
    »Alissa«, sagte Nutzlos und holte sie in die Gegenwart zurück. »Du hast dir das Muster eingeprägt, mit dem man eine Trance aufrechterhalten kann, ohne die eigene Bewusstheit zu verlieren. Bau es einfach auf, und lass es so. Ich habe bereits versucht, Silla oder Keribdis zu erreichen. Es gelingt mir nicht.« Sein Blick wirkte wild vor Sehnsucht.
    Angst ließ Alissa die Schultern hochziehen, und sie warf Strell und Lodesh einen Blick zu. Lodesh bedeutete ihr, es zu versuchen, doch Strell machte ein hilfloses, wissendes Gesicht. Kläglich begegnete sie Nutzlos’ Blick, und das Feuer in ihm ließ die braunen Flecken in seinen goldenen Augen leuchten. Sein Schmerz war offenkundig. Zwei Jahrzehnte lang hatte er Keribdis für tot gehalten, und die letzten Worte, die sie gewechselt hatten, waren im Streit gefallen. »Ich … ich kann nicht …«, sagte sie und schämte sich zuzugeben, dass sie sich fürchtete.
    »Warum nicht?«, rief er und gestikulierte wild mit den Armen.
    Ihre Augen weiteten sich. Sie starrte ins Feuer und weigerte sich, in Tränen auszubrechen. Sie wollte davonlaufen, doch die Erinnerung daran, wie er sie am Turm der Feste festgehalten hatte, hielt sie reglos an ihrem Platz.
    Nutzlos bemerkte ihr offenkundiges Elend und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Bitte, Alissa«, versuchte er es sanfter. »Ich bin dein Lehrmeister. Sag mir bitte, warum du es nicht kannst.«
    Sie wollte noch immer nichts sagen und hielt die Hände fest im Schoß verschränkt, den Blick starr aufs Feuer gerichtet. Das Schweigen in dem dunklen, stickigen Raum wurde immer unbehaglicher.
    »Äh«, sagte Strell leise und zögerlich. »Könnte ich einen Augenblick mit Alissa sprechen?«
    Nutzlos sprang auf. Offensichtlich verärgert, bedeutete er Connen-Neute und Lodesh, ihm voran den Speisesaal zu verlassen. Der elegant gekleidete Bewahrer wirkte ebenso säuerlich wie Nutzlos. Offensichtlich gefiel es ihm nicht, dass Strell sich einbildete, er könne helfen, wo Lodesh es nicht vermochte. Nutzlos’ lange Weste fegte über den Boden, als er hinausstapfte. Alissa lauschte dem Echo ihrer gedämpften Stimmen, während die drei in die große Halle gingen.
    Kralle keckerte, und Alissa bot dem kleinen Vogel ihre Hand und fand ein wenig Trost darin, mit dem Finger über das ergraute Gefieder zu streichen. Sie schämte sich für ihre Feigheit, warf Strell einen Blick zu und sah erleichtert das Verständnis in seinen Augen.
    Sie schenkte ihm ein dünnes Lächeln, als er seinen harten Stuhl zu ihr herüberzog und sich setzte, so dass ihre Knie sich fast berührten. Kralle zwitscherte zornig, weil sie einander so nah kamen, und Alissa setzte sie wieder auf die Lehne. Er hatte sich noch nicht rasiert, und die schwarzen Stoppeln sahen scheußlich aus.
    »Ich weiß, was dir zu schaffen macht«, sagte Strell leise, und sie sank in sich zusammen.
    Sie beugte sich vor und lehnte den Kopf an seine Schulter. Der Duft von trockenem Sand stieg ihr in die Nase, und Tränen brannten in ihren Augen. Strell beugte sich ebenfalls vor und lehnte den Kopf an ihren. So blieben sie einen Moment

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