Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Titel: Alissa 4 - Die letzte Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
Vom Netzwerk:
sich den Bann, den Nutzlos ihr vorhin gezeigt hatte, in Erinnerung rief. Alissa überprüfte den Aufbau immer wieder, während sie die Energie aus der primären Sequenz in ausgewählte Pfade fließen ließ. Dieses Muster aus energiegefüllten Linien, die sich miteinander verwoben, würde schließlich den Bann hervorbringen. Das war eigentlich keine Magie, behauptete sie immer noch, doch es schadete nicht, alle Welt in dem Glauben zu lassen. Das war einfacher, als der Versuch zu erklären, was dabei wirklich geschah.
    Das Muster füllte sich mit zischender Energie und erhellte ihre innere Landschaft mit einem Leuchten, das weder golden noch silbern war, sondern irgendwie beides. Alissa sagte sich, dass ihr nichts geschehen würde, solange Strell bei ihr war, und baute in ihrem Geist ein Feld auf, um dem Bann einen Ort zu geben, an dem er wirken sollte. Sie ließ noch ein wenig mehr Energie in das vollendete Muster hineinfließen. Ihre Pfade wurden dunkel, als der Bann von ihren Pfaden in das Feld sprang.
    Das Feuer schien noch mehr Wärme auf ihr Gesicht abzustrahlen, als irgendetwas sich langsam auf sie herabsenkte. Das war der Bann, und obgleich es sich so ähnlich anfühlte wie Schlaf, war dieser Zustand doch grundlegend anders. Der Bann schärfte ihre Gedanken, und Alissa stellte sich bewusst vor, wie sie im Garten der Feste im Schnee stand. Silla mochte Schnee, und in ihren Träumen hatten sie oft die Schneeflocken verglichen, die sich auf ihren Ärmeln niedergelassen hatten. Alissa erschauerte in der imaginären Kälte und spürte einen Windhauch im Haar. Sie wartete im mondhellen Garten und sah zu, wie die Sterne immer klarer funkelten, während die Luft kalt in ihre Lunge stach. Noch immer war nichts von Silla zu sehen.
    Vielleicht, überlegte sie, sollte ich versuchen, Silla zu finden? Das war schwerer, und Alissa hatte es bisher nur selten geschafft. Sie entspannte sich noch mehr und spürte, wie ihr Körper tiefer in die Kissen sank. Der schneebedeckte Garten verschwand. Nun spürte sie wieder die stickige Wärme des Speisesaals. Sie bemühte sich, auch diesen auszublenden, weil sie meinte, dass sie gar nichts empfinden, sondern ihren Geist völlig leeren sollte, um vielleicht Sillas Geist erreichen zu können.
    In ihrem Traumzustand schloss sie die Augen und lauschte mit jeder Faser ihres Wesens, wie Bestie es sie gelehrt hatte. Langsam erkannte sie den Wind. Er blies beständig und trug immer stärker den vertrauten Geruch von Salz mit sich. Im Traum schlug Alissa die Augen auf und schnappte nach Luft.
    Sie träumte. Das wusste sie. Aber sie stand am Rand einer Klippe, und vor ihr breitete sich mehr Wasser aus, als sie je im Leben gesehen hatte. Es war flach wie eine Tischplatte und so weit unter ihr, dass sie die Bewegung der Oberfläche nicht sah. »Alissa!«, ertönte eine hohe Stimme.
    Alissa drehte sich um und lächelte. »Hallo, Silla.« Alissa hob die Hand, um die Augen vor der imaginären Sonne zu schützen. Da sie nun wusste, was sie sah, betrachtete sie die junge Meisterin in ihrer menschlichen Gestalt mit anderen Augen. Silla war fast so groß wie Alissa, doch sie hatte noch nicht ihre volle Größe erreicht. Sie war dünn, als sei sie ein wenig zu schnell gewachsen. Das Gesicht endete in einem schmalen Kinn, das ihre Wangenknochen noch höher wirken ließ.
    Silla lächelte zur Begrüßung und strich sich das schwarze Haar mit überlangen Fingern aus dem Gesicht. Ihre üppigen Locken wurden im Nacken und über den Schultern von Bändern gezähmt. Die Frisur ließ Silla sehr würdevoll wirken, was noch von ihren goldenen Augen betont wurde, die Meister auch in ihrer menschlichen Gestalt beibehielten. Alissas Blick fiel auf die rote Schärpe um Sillas Taille, und sie verglich sie mit Connen-Neutes. Die Schärpen sahen gleich aus.
    Silla grinste, als sie Alissas neue Meistergewänder bemerkte. »Das gefällt mir«, sagte sie, nahm einen weiten Ärmel in die Hand und strich mit dem Daumen über das schattenhafte Efeumuster, das in den Stoff eingewoben war. »Wie lange hast du dafür gebraucht?«
    »Den ganzen Winter. Zwei Monate allein dafür, um zu lernen, wie man dieses Efeumuster webt. Danach ging es ganz leicht.« Alissa wandte sich der steilen Klippe zu. »Es ist hübsch hier. Warum hast du mir das nicht schon früher gezeigt?«
    Silla zuckte verlegen mit den Schultern. »Ich komme manchmal hier herauf, nur um still dazusitzen. Es scheint mir eine gute Stelle zu sein, um das Fliegen zu

Weitere Kostenlose Bücher