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Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Alissa 4 - Die letzte Wahrheit

Titel: Alissa 4 - Die letzte Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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zu vielen Menschen schon fast als Angriff auf ihre Sinne empfand. Die zahllosen Eindrücke und der Lärm der Küste waren überwältigend, doch sie lächelte und war beinahe unerträglich erfreut über alles. Der Regen des Nachmittags hatte nachgelassen und war unter der starken Sonne zu Nebel verdampft. Feuchtigkeit schimmerte auf der mit Planken ausgelegten Straße, die eigentlich eher einem Bootssteg an Land glich.
    Man hatte den Weg befestigt, damit die geschäftige Straße nicht von dem Regen, der laut Strell täglich fiel, in eine Schlammbahn verwandelt wurde. Während eine solche Holzstraße anderswo ein unerhörter Luxus wäre, stand hier genug Holz zur Verfügung, das für den Schiffsbau nicht taugte und ruhig für so etwas verschwendet werden konnte. Über allem hing das leise Klingeln winziger Glöckchen, das die Blicke stets hinab zu züchtig bedeckten Füßen zog und zugleich Vermutungen anregte, was sich an den Knöcheln der Frauen verbergen mochte.
    Es war ein Schock für Alissa gewesen, als sie festgestellt hatte, dass hier nicht jeder Schuhe trug. Seit ihrem ersten, entsetzten Ausblick auf ein Paar schlammbedeckter nackter Füße mit Haaren auf den Zehen achtete sie darauf, den Blick mindestens auf Kniehöhe zu halten. Strell und Lodesh hatten sich zusammengetan und sie geneckt, indem sie ständig neue Wortspiele und gemeine Beschreibungen ausgetauscht hatten, bis Alissa rot vor Scham die Zähne zusammenpresste. Sie war ziemlich verärgert darüber, dass die beiden sie nicht gewarnt hatten, doch es war schön zu sehen, dass sie ihre Rivalität auch einmal für eine Weile vergaßen.
    Trotz alledem fand sie die Küste faszinierend. Strell hatte ihr einmal erzählt, dass an der Küste alle verschieden aussähen, und er hatte recht gehabt. Obwohl er größer war als die meisten anderen Leute, fiel er nicht besonders auf. Ihre Haut war heller als die der Küstenbewohner, aber nicht so viel heller, dass man sie deshalb angestarrt hätte. Und ein paar Leute hatten ebenso blondes Haar wie sie, weshalb sie sich nicht sonderbar vorkam. Alle waren verschieden, und die einzige universelle Gemeinsamkeit waren die breitkrempigen Hüte aus Schilf, die alle trugen, um sich vor dem Regen zu schützen. Alissa spazierte voller Selbstvertrauen an Strells Arm dahin, und die Leute, die an ihr vorbeikamen, musterten sie nur mit mehr oder weniger Neugier.
    Alissa glaubte, dass diese Aufmerksamkeit nicht nur ihrer seltsamen Kleidung und ihrem bimmelnden Gang galt, sondern vor allem Kralle, die sicher auf ihrer Schulter hockte. Ihre Glöckchen klingelten merklich lauter als die der meisten anderen Frauen, und Strell hatte vermutlich bereits gemerkt, dass sie mehr als die drei trug, die ihre Begleiter ihr geschenkt hatten.
    Die Blicke konnten aber auch Connen-Neute gelten. Er war fast einen Kopf größer als alle anderen, mit Ausnahme von Strell. Seine Augen und Hände waren mit mehreren von Alissas schwarzen Schärpen umwickelt, aber so, dass er durch den dünnen Stoff gerade noch etwas sehen konnte. Lodesh machte viel Aufhebens darum, ihn fürsorglich am Ellbogen zu führen, als sei er blind. Zusammen waren sie gewiss ein seltsamer Anblick, wie sie da im aufsteigenden Dunst die holzbefestigte Straße entlangliefen.
    Die Nachhut bildete ein klappernder Handkarren mit ihren Habseligkeiten. Als sie den Rand des geschäftigen Ortes erreicht hatten, hatte Lodesh den Karren mitsamt dem Jungen, der ihn zog, für den Tag gemietet. Er hatte erklärt, sie würden nur missfällige Blicke ernten, wenn sie ihr Gepäck auf dem Rücken schleppten wie arme Leute. Alissa glaubte, dass er einfach nur faul war, aber es war schön, sich einmal so wichtig vorzukommen.
    »Sieh mal, Strell«, sagte sie und zeigte auf kahle Baumstämme, die zusammengedrängt über den Dächern der Häuser vor ihr aufragten. »Was mag wohl mit diesen Bäumen passiert sein?«
    Strell beugte sich mit belustigt funkelnden Augen dicht zu ihr heran. »Das sind Masten«, raunte er ihr zu. »Von den Schiffen und Booten. Siehst du die Taue, die daran hängen? Und die zusammengebundenen Segel?«
    Sie verzog das Gesicht und kam sich dumm vor, doch sie hatte ja nicht geahnt, dass Masten so hoch waren.
    »Wir gehen zum Hafen und sehen sie uns an, falls wir noch dazu kommen, ehe es dunkel wird«, fügte Strell hinzu. »Ich möchte mir erst einen Schneider suchen, bevor wir ein Zimmer nehmen.«
    »Vielleicht finde ich da ja auch ein Haarband«, entgegnete Alissa, und Lodesh

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