Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
Konkubinen haben. Damit aber das Gesetz der Enthaltsamkeit und die Gott gefällige Reinheit unter den kirchlichen Personen und höheren Weihen verbreitet werden, bestimmen Wir, dass Bischöfe, Priester, Diakone, Subdiakone, Regularkanoniker, Mönche und Konversen, die die Gelübde abgelegt haben, sich von den Frauen trennen, mit denen sie sich durch Überschreiten des heiligen Vorsatzes zu kopulieren wagten, denn diese Verbindung, die gegen die kirchliche Regel verstößt, betrachten Wir nicht als Ehe ...“
Der eiserne Reifen, der sich bei den Worten der Enzyklika um Bartomeus Brust gespannt hatte, drohte ihn zu ersticken. Er fand kein Wort mehr. Was ihm jetzt noch blieb, waren der ungeborene Sohn - und die Rache.
Der Erzbischof erhob sich, warf sich Innozenz zu Füßen. „´Züchtige mich Herr`“, flüsterte er, sich Jeremia erinnernd, „´doch mit Maßen und nicht in deinem Grimm, auf dass du mich nicht ganz zunichte machst`.“
Als ihm der Heilige Vater aufhalf, bemerkte Bartomeu, dass auf dessen Gewand noch immer farbige Äpfel auf- und abhüpften.
Ein wildes Lachen saß ihm in der Kehle.
40.
Erneut erwies sich der Spielmann von Carcassonne als Retter in der Not. Nach vier Tagen des Wartens in der Spelunke des „Rattenfängers“ hatte er es nicht länger ausgehalten und war mit Fünfei losgeritten, um „seine Dame“ zu suchen.
Alix hatte die beiden Reiter schon von weitem ausgemacht und war, als sie Villaine erkannte, ein Stück auf ihn zugelaufen. Sogleich erzählte sie ihm von dem neuen Unglück, das über die Juden hereingebrochen war.
Itzhaks zehnjähriger Enkel Samuel hatte seinen Großvater gedrängt, einmal die Zügel führen zu dürfen. In der Nähe eines Ochsenwassers, an dem sie Halt machen wollten, um die Maultiere zu tränken, war der Wagen auf dem der Junge saß, in ein Schlagloch geraten. Entsetzt hatte Alix beobachten müssen, wie Samuel mit rudernden Armen und einem herzzerreißenden Aufschrei über die Maultiere hinweggeflogen war und von den Tieren totgetrampelt wurde.
Eines der Tiere hatte getötet werden müssen, weil es sich das Bein gebrochen hatte.
Itzhak und die Seinen steckten bis zu den Knöcheln im Morast. Es galt, das Fuhrwerk aus dem Dreck zu ziehen und ein neues Rad anzubringen. Die Maultiere, ausgespannt und an zwei Bäume gebunden, schrien so laut, das sich Villaine am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Die jüdischen Männer schienen das Unglück mit Gleichmut zu tragen. Ihre Frauen jedoch machten den Eindruck, am Rande der Verzweiflung zu stehen. Mit verweinten Gesichtern und in klammen Gewändern standen sie wie verloren neben den abgeladenen Gütern und dem toten Maultier. Den Jungen hatten sie bereits am Wegesrand, im Schatten einer Erle, bestattet. Der Grabhügel, bedeckt mit Steinen, sah trostlos aus.
Während Meister Villaine noch ausgiebig den verunglückten Wagen betrachtete, spuckte Fünfei bereits in die Hände. Mit vereinten Kräften und lautem Geschrei schafften sie es, den Karren freizubekommen.
Auch bei der Anbringung des Rades halfen die Spielleute mit.
Am späten Vormittag des nächsten Tages erreichte der Zug endlich den „Rattenfänger“, wo Meister Villaine tief in den Beutel des Trencavels griff, damit der Wirt die Juden einließ. Erschöpft und hungrig ließen sie sich in der Schänke nieder.
Villaine wartete eine Weile, bis sich Alix erholt hatte, dann nahm er sie beiseite. Er müsse in aller Ruhe mit ihr reden, sagte er; hinter dem Haus befände sich ein Teich, dort seien sie ungestört.
Fürsorglich half er ihr die Böschung hinab. Das Gras unter ihren Füßen war mit kleinen Büscheln Himmelsschlüssel, blauem Augentrost und tausenden goldenen Butterblumen übersät, deren Blüten sich gerade zaghaft öffneten. Ein Duft nach Frühling.
Der See, zur Hälfte mit Entengrieß zugewachsen, roch brackig. Des ungeachtet breitete Alix weit die Arme aus. Die Freiheit - endlich konnte sie sie genießen! Sie lehnte sich an den Stamm einer knorrigen Weide und ließ sich den Westwind ins Gesicht wehen, der die Regenwolken der letzten Tage endlich verjagt hatte. Das Laub der Weide hing wie greises Silberhaar auf sie herab, sacht vom Wind geschaukelt.
Während sie Villaine erzählte, was sich nach seiner Abreise in Cahors Schlimmes zugetragen hatte, warf der Spielmann kleine Steine in den See und beobachtete nachdenklich, wie die Wellen Kreise zogen. Ein solcher Stein schien auch Alix von Montpellier zu sein. Dass die von ihr auf ihrer
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