Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
Erzbischofs nicht eingezeichnet war, ist verdächtig - höchst verdächtig!“
„Nun ja“, meinte Cabaret, einen Seufzer unterdrückend, nachdem es dem Alten offenbar noch immer um dieses Kloster ging, dessen Abt er einst in den Kerker warf. „Ist denn Saint-Polycarpe ein so wichtiger Ort?“
„Es heißt, Fremde haben dort keinen Zutritt mehr. Und am Tag des Heiligen sollen sich merkwürdige Dinge ereignen!“, beharrte der Oheim.“
„Alte Schauermärchen“, unterbrach ihn der Trencavel unhöflich. „Fest steht: Der Erzbischof von Cahors ist verrückt. Wir sollten uns nicht auf sonderbare Klöster, sondern auf die Laus konzentrieren, die er uns offenbar in den Pelz gesetzt hat!“
Er hatte noch nicht ausgesprochen, als Jordan von Cabaret eintrat, ganz erhitzt, weil er so schnell über den Hof gelaufen war.
Jordan erinnerte sich, dass sich Otho von Mirepoix in seiner Zeit als Mönch Anicet genannt hatte. Bruder Anicet.
45.
Esclarmonde von Foix war erleichtert, Alix gesund in Carcassonne anzutreffen und zu erfahren, dass Pelfort und die Katharer wohlauf waren. Als sie jedoch von den Todesfällen und dem Auszug der Juden hörte, bekannte sie sich mitschuldig.
Die Vizegräfin beschloss, einige Tage in Carcassonne zu verweilen, um mit der jungen Frau Gespräche zu führen. Sie tat ihr leid. Vielleicht konnte sie helfen, dass sie ihren Frieden mit Gott wiederfand. Der Trencavel hatte ihr erzählt, dass Alix nur ungern über ihre Zeit in Cahors sprach, im Übrigen aber recht gefasst sei. Doch Esclarmonde dachte anders darüber; allein die Tatsache, dass die junge Frau ein Kind von diesem Bartomeu erwartete, musste sie doch zutiefst verstört haben!
Esclarmondes Überraschung war groß, als auch sie feststellte, dass man Alix die schrecklichen Monate in Cahors nicht ansah. Seitdem überlegte sie, ob diese schöne Frau mit den fragenden Augen mit der Gnade des Vergessenkönnens gesegnet war, oder ob sie nur geschickt ihre Gefühle verbarg.
„So gelehrt die Kirchenmänner auch sein mögen, meine Liebe“, meinte die Katharerin, als sie nebeneinander durch den schattigen Säulengang schlenderten, der zum kleinen Hof führte, „aber sie können ihren Glauben nicht fassen. Ich mag nicht beurteilen, wie es sich mit dem Erzbischof von Cahors verhält, doch die wenigsten Prälaten lesen heute noch Griechisch, so dass ihnen das Wissen über die alten Philosophen fremd ist - die Grundbedingung zum Verständnis. Obendrein sind sie ohne ihre Riten, Zeichen, Symbole, die Liturgien, ja, selbst ohne ihre Reliquien, Kreuze, Bilder und Schutzheiligen machtlos. Sie klammern sich an Äußerlichkeiten, weil ihnen Gott fremd und unheimlich ist. Folglich fallen die Menschen wie Bienenschwärme ins Gelobte Land ein, nicht zuletzt in der Hoffnung, einen Splitter vom Kreuze Christi mit nach Hause bringen zu können, um ihn fortan zu verehren.“
„Oder einen Rest seiner Nabelschnur!“ Alix sah die gläserne Phiole wieder vor sich, in dem Kästchen auf dem Tisch des Cahors. So nahe wie damals, war sie einer Reliquie zuvor nie gekommen. Heiligkeit hatte diese nicht verströmt ...
„In den Klöstern hingegen“, fuhr die Vizegräfin von Foix mit einem kleinen Seitenblick auf Alix fort, „durchforsten Mönche verzückt die Heilige Schrift nach verborgenen Werten. Dabei gehen sie sehr gründlich vor, Schritt für Schritt, und mit einer Hartnäckigkeit, die ihresgleichen sucht - nur um die Wahrheit über Gott herauszufinden. Ihre eifrige Suche nach dem Schlüssel zum Mysterium ist löblich, jedoch vergeblich. Denn der Schlüssel zur Erkenntnis ist Jesus selbst. Es ist ganz einfach: Was Moses - das Alte Testament - verhüllt, enthüllt die Lehre Christi - das Neue Testament. Jesus allein führt zu den Lichtern des Vaters.“
Alix nickte nur stumm. Obwohl ihr Esclarmondes Worte richtig vorkamen, waren ihr diese zu glatt über die Lippen gekommen. Inés hatte ihr am Morgen eingeschärft, sich nur ja gut gegen die Einflüsterungen der Häretikerin zu wappnen; und ihr zugleich gebeichtet, selbst in Gefahr gewesen zu sein. Die Tante Raymonds hätte sie auf der Burg von Saïssac eine Zeitlang gedrängt, mit ihr katharische Gottesdienste aufzusuchen.
Inzwischen schien Inés aber anderen „Einflüsterungen“ zu erliegen, nämlich denen des bigotten Paters Hugo. Einmal hatte Alix ihm vorgeworfen, dass „Katzengebet und Eselsgeschrei“ gewiss nicht in den Himmel dränge, worauf er ihr wieder mit Buße gekommen war. Aber war es denn
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