Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
meinte Jordan gereizt. Er trat nach den Mäusen. „Wie kann man hier nur hausen? Otho will Cellerar gewesen sein, dabei ist er ein Schwein!“
„Er ist vor allem ein Lügner!“, brummte der Ältere. „Niemals war er im Kloster. Apostaten, also Mönchen, die ihr Kloster schuldhaft verlassen, droht die Exkommunikation.“ Er wischte sich die mit Fett beschmierten Finger ab, schob weiteren Unrat beiseite, untersuchte eine Wand.
Jordan leuchtete und summte dabei Villaines chantefable vom Paradies und der Geliebten, das seit der Hochzeit des Trencavels die Spatzen von den Dächern pfiffen. Doch nach einer Weile wurde er erneut ungeduldig. „So beeil dich, Alter“, drängte er, trat von einem Bein aufs andere, „es hat zu donnern aufgehört und ich muss pinkeln. Hier unten ist nichts, glaube mir!“
Peters Hartnäckigkeit machte sich bezahlt. Nach einer Weile entdeckte er Othos Versteck. Hinter einer ausgebeulten Pfanne an der letzten Wand, die er abtastete, hing ein eiserner, ziemlich verrosteter Handschuh, der es in sich hatte.
46.
In derselben Nacht noch hatten der Trencavel und sein Oheim den Fund gesichtet und für den nächsten Morgen jene wichtige Besprechung angeordnet, in deren Verlauf sie Alix von Rocaberti und Esclarmonde von Foix zu Rate ziehen wollten.
Saïssac hatte sich als einziger gegen Alix` Anwesenheit ausgesprochen. Seit zwei Tagen war er beunruhigt, was die Rocaberti anging. Er befürchtete das Schlimmste. Auch wenn diese Frau in gesegneten Umständen war und er selbst ein alter Mann, so wusste er doch die Zeichen zu deuten: Raymond-Roger machte ihr schöne Augen!
Erst als Peter von Cabaret gemeint hatte, es sei einfach unumgänglich, Alix von Rocaberti zu befragen, hatte der Alte nachgegeben.
Mit noch immer rosengeschmücktem Schapel sowie erwartungsvoll blitzenden Augen betrat Alix die Camera rotunda . Sie verbeugte sich vor dem Vizegrafen und seinem Oheim, worauf letzterer sich mühsam erhob und ein kleines Pergament entrollte.
„Ich muss vorausschicken“, sagte der Oheim in die Runde, in der sich auch der Kämmerer Aaron befand, „dass in diesem Pergament keine Namen genannt werden. Wir kennen den Empfänger, jedoch nicht den Absender.“
Dann las er laut vor: „Fürchtet nicht, dass ich mich habe täuschen lassen! Es liegt vor mir, aufgeschrieben auf der dünnen Rinde von Bäumen und übersetzt von einem, der dieser Sprache mächtig ist. Es handelt sich um das Gesetz der Juden und um ihre Schätze, worunter hundert Becken gefüllt mit Gold und Diamanten fallen, eine Heilige Schrift geritzt in goldene Platten und ein riesiger Smaragd, umgeben von drei Reihen Perlen. Der Stein soll auf einem Fuß aus massivem Gold stehen, mit Diamanten besetzt. Allein sein Wert ist unermesslich.
Hört Euch vorsichtig nach einem alten, längst verschütteten Brunnen um, in der Nähe des Turmes, den sie Major nennen. Zwei Steine an diesem Turm weisen angeblich den Weg. Doch redet mit niemanden darüber, sonst seid Ihr des Todes …
Alix traute kaum ihren Ohren. Der Major-Turm? Befand er sich nicht hier, in dieser Stadt?
Sie hatte schon von Schätzen und Morgengaben gehört, die aus Becken voll von Edelsteinen bestanden haben sollten, und die Vorstellung, wie sie ihre Hand einmal in ein solches, angefüllt mit kühlen Perlen, tauchte, faszinierte sie. Dass sich ein derart wertvoller Schatz ausgerechnet in Carcassonne befinden sollte, war kaum zu glauben.
Es überraschte sie nicht, als man sie bat, sich die Schrift genauer zu besehen. Die Sache hatte mit dem Cahors zu tun, nur deshalb hatte man sie in diese Versammlung gebeten.
Die Schriftzüge waren ihr tatsächlich wohlbekannt.
„Hieß der Empfänger wieder Anicet?“, fragte sie neugierig. „Und wisst Ihr schon, wer dahinter steckt?“
Der Alte nickte kühl. „Der Name tut nichts zur Sache!“
„Das verstehe ich, Sénher, zumal es hier gar nicht um jene Goldmine bei Reda geht, von der ich Euch berichtet habe, sondern um einen Schatz größten Ausmaßes, der sich bei Euch, in Carcassonne, befinden soll.“
„Auch diese Geschichte braucht Euch nicht zu interessieren.“
Alle starrten betreten vor sich auf den Tisch. Alix jedoch war tief errötet. Welch rüpelhafter Klotz war dieser alte Mann! Am liebsten wäre sie aufgestanden und gegangen.
„Carcassonne und Reda also ...“, sagte Esclarmonde leise. „Das gibt zu denken!“
„Vergesst die Namen“, meinte Saïssac, etwas versöhnlicher. „Vermutlich umgibt beide Orte eine
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