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Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Alix ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Saïssac auf den Plan rief, der sich gerade auf dem Gang befand.
    Der Alte, mit einem Schatten von Müdigkeit auf dem Gesicht, denn der Tag war lang gewesen, stellte sich hinter die offenstehende Tür, um zu lauschen. Wie von der Welt vergessen, unterhielten sich sein Neffe und die Rocaberti, sie lachten und schäkerten, wobei Saïssac nicht verstand, worum es ging, weil auch sein Gehör längst nachgelassen hatte.
    Plötzlich verstummten die beiden.
    Saïssac lugte um die Ecke - und erschrak. Über die hohen Elfenbeinfiguren hinweg sahen sich die beiden in die Augen. Lange. Zu lange. Unschicklich lange!
    In Saïssac gärte es. Schämte sich diese Frau denn nicht? Raymond-Roger war mit ihrer Schwester verheiratet! Obendrein ließ das ausgeschnittene grünschwarze Gewand ihre Nacktheit sehen. Unruhig trat der Oheim von einem Bein auf das andere. Sollte er unter einem Vorwand hineinplatzen?
    Noch während er überlegte, nahm die Rocaberti das silberne Schapel ab, nebst Schleiertuch, und präsentierte sich seinem Neffen so, wie sie in Carcassonne wohl kein Mann kannte. Mit der Haube kurzen Haares, die sich wie schwarzschimmerndes Vogelgefieder eng um ihren Kopf schmiegte, sah sie aus wie ein schöner Jüngling, ja, wie ein Hermaphrodit!

    Die halbe Nacht wälzte sich der Alte schlaflos in seinem Bett herum. Am nächsten Tag griff er zu einer List. Obwohl Katharern das Lügen verleidet war, behauptete Saïssac dreist, irgendwelche dunklen Gestalten, Kaufleute aus Cahors, seien in der Stadt aufgetaucht. Er habe eine Warnung erhalten.
    Er befahl Alix, das Palatium nicht mehr zu verlassen, und sich jeden Abend, rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit, auf ihr Gemach zurückzuziehen. Obendrein müsse entweder die Jüdin oder eine andere Bedienstete bei ihr im Zimmer schlafen. Zur Untermauerung seiner Warnung stellte er Alix drei Wachleute zur Seite, ohne die sie nicht einmal mehr allein die Latrine aufsuchen konnte. Selbst nachts hörte sie, wie die Soldaten vor ihrem Gemach auf und abschritten.
    Als der Trencavel von der Maßnahme seines Oheims erfuhr, stellte er ihn wütend zur Rede.
    Doch darauf war Saïssac vorbereitet. „Schämt Euch, an Euer Vergnügen zu denken, Raymond“, fuhr er ihn an, „während sich Eure Schwägerin in Gefahr befindet! Niemand weiß, was der Erzbischof im Schilde führt. Sie trägt sein Kind im Leib! Obendrein habt Ihr sie, gegen meinen Rat, zur Mitwisserin eines gefährlichen Geheimnisses gemacht.“
    „Aber Oheim, wir haben es ihr zu verdanken, dass wir Otho los sind. Weshalb sollte sie dann nicht auch von den Pergamenten erfahren, die bei ihm gefunden wurden?“
    „Weil es im Überschwang deiner Gefühle geschah, die du noch immer nicht zu beherrschen gelernt hast“ - am Duzen merkte man, wie erregt er war. „Gott und der Welt schenkst du dein Vertrauen. Angefangen bei den Spielleuten und diesem Auftrag, die Rocaberti aus Cahors zu befreien. Jetzt sind Bartomeus Männer gekommen, um sich auf gleiche Weise zu rächen!“
    Saïssac setzte alles daran, seinen Neffen, den er wie sein eigen Fleisch und Blut liebte, vor der Rocaberti zu schützen. Kein schlechtes Licht sollte auf ihn und Carcassonne fallen. Die Dynastie der Trencavels musste fortgesetzt werden, und er vermutete seit einigen Tagen, dass dies bald der Fall sein würde. In letzter Zeit war Inés zweimal übel geworden. Ein gutes Zeichen! Raymond würde wieder zur Besinnung kommen und sich seinen wichtigen Aufgaben zuwenden, wenn es erst so weit war, dass er Vater wurde.
    Im Herzen jedoch wusste Bertrand von Saïssac, dass sein Neffe die falsche Frau geheiratet hatte. Nicht die zaghafte Inés, eingeschlossen in ihr Selbst, sondern die zupackende Alix war für ihn bestimmt gewesen. Er konnte nicht anders, als Bartomeu von Cahors ein weiteres Mal zu verfluchen - obwohl sich auch das für einen Katharer nicht ziemte.

    Nun war Alix erneut gefangen. Als sie sich bei Inés beschwerte, meinte diese kurz angebunden, das nähme sie nicht wunder. Der Oheim hätte den siebten Sinn, sehe Gefahren stets voraus.
    Alix bezweifelte dies. Doch als sich zwei Tage später etwas ereignete, das Saïssacs Maßnahme mehr als rechtfertigte, leistete selbst der Trencavel ihm Abbitte.
    Bartomeu von Cahors, so schien es wenigstens, hatte tatsächlich aus der Ferne seine schmutzigen Finger nach Carcassonne ausgestreckt, denn Otho von Mirepoix war aus völliger Gesundheit heraus in seinem Kerkerloch verstorben.
    Zuvor hatte er den Wachleuten erklärt, er

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