Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
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Den genannten Mörder des Dieners Gottes und alle diejenigen, mit deren Hilfe, Rat und Förderung er dieses ungeheuerliche Verbrechen begangen hat, auch diejenigen, die ihm Zuflucht gewähren und ihn schützen, sollen sie von dem Allmächtigen Gott, dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, und Kraft der Machtvollkommenheit der heiligen Apostel Petrus und Paulus sowie Unserer eigenen überall in ihren Diözesen als exkommuniziert und von der Kirche verbannt verkünden lassen. Über alle Orte, wohin diese Gebannten selbst hinkommen oder einer von ihnen, sollen sie persönlich ausnahmslos das kirchliche Interdikt verhängen.
Diesen Bannfluch sollen sie an jedem Sonntag und an jedem Festtag mit Glockengeläut und brennenden Kerzen feierlich erneuern und zwar so lange, bis die Gebannten zu dem Apostolischen Stuhl kommen und sich durch entsprechende Genugtuung die Lösung vom Bann erwerben.
In diesem Stil setzte sich das Schreiben fort, ja, der unversöhnliche Tonfall steigerte sich noch bis zu der Stelle, an der Innozenz offen zum Kreuzzug aufrief:
Voran, Ritter Christi!
Voran, ihr kräftigen Soldaten des Heeres Christi!
Möge das allgemeine Wehklagen der heiligen Kirche euch aufrütteln,
möge ein frommer Eifer, die Eurem Gott angetane ungeheure Gewalttat zu rächen,
euch entflammen!
Der Heilige Vater gewährte in seinem Schreiben allen und jedermann Vergebung der Sünden, damit die Christenheit nicht länger zögern sollte, gegen dieses große Übel vorzugehen.
Dies geschieht dadurch - schrieb er -, dass ihr den Grafen von Toulouse und seine Helfer aus den Burgen treibt und ihnen das Land wegnehmt, auf dem die verklagten Häretiker durch katholische Bewohner ersetzt werden sollen, die nach der Lehre des rechten Glaubens, der auch der eure ist, in Heiligkeit und Gerechtigkeit öffentlich dienen mögen …
Gegeben im Lateran an dem VI. Tag der Iden des März im elften Jahr unseres Pontifikats.
Raymond von Toulouse, der Castelnau offen erklärt hatte, dass er bereit sei, sich der Häretiker wegen sogar töten zu lassen, war am Boden zerstört. Er befand sich in einer verhängnisvollen Lage. Fulco von Marseille - seit zwei Jahren katholischer Bischof von Toulouse - war sein erbittertster Feind. Für ihn galt er nun als Mörder und als Kandidat für die Hölle!
„Doch geht es hier nicht um meine Seele“, erklärte der Tolosaner den anwesenden Grafen und Edelleuten, „sondern um meine Dynastie, um das Volk und um unser aller Land!“ Er habe bereits Rücksprache mit König Philipp von Frankreich genommen, der ihm jedoch untersagt hätte, sich an Kaiser Otto zu wenden. Er solle sich Rom unterwerfen, sei Philipps Rat gewesen ...
Unterwerfung? Der Trencavel, der neben dem Grafen saß, erschrak. Er dachte an Carcassonne, an Albi, an Beziers - an seinen kleinen, gerade erst zwei Jahre alten Sohn.
„Wir müssen dem Sturm Einhalt gebieten, bevor Rom zu Felde zieht!“, rief er aus, „aber ich werde niemals schwören, die ´Guten Leute` zu verfolgen! Bei meinem Blut und meiner Ehre nicht!“
Die meisten Ritter und Edelleute versprachen feierlich, sich ebenso zu verhalten und dem Grafen von Toulouse in Treue zur Seite zu stehen.
Graf Raymond dankte. Er sah mitgenommen aus. Kaum, dass er noch Schlaf fand.
„Dass die Grenzen der Erzdiözesen von Narbonne und Bourges mitten durch meine Grafschaft gehen“, sagte er „verschärft die Lage noch. Die Erzbischöfe leiten sich dadurch gewisse Rechte ab. Das alles entschuldigt jedoch nicht die üblen Namen, die man sich für mich ausgedacht hat: Genosse des Teufels, Sohn der Verdammnis, Feind des Kreuzes, Verfolger der Kirche, Unterdrücker der Katholiken …“ Voller Empörung schlug er mit der Faust auf den Tisch, dass die Becher nur so hüpften. „ Dieus aiuda - und dabei habe ich meinen Sohn katholisch erzogen! Wie kann ich mich je von diesen Vorwürfen reinwaschen?“
„Ihr habt nie einen Zweifel an Eurem katholischen Glauben gelassen, Graf Raymond“, sprang ihm der Trencavel zur Seite. „Es ist die Paratge - unsere Ehre, unsere Duldsamkeit und Toleranz, die man Euch, ja, uns allen zum Vorwurf macht!“
„Ich vermute viel Niederträchtigeres, mein treuer Trencavel. Man will einen Keil zwischen uns treiben. Der alte Streit unserer Väter, in den letzten Jahren erst beigelegt, soll wieder aufflammen!“
Der Graf von Foix meldete sich zu Wort und bestätigte diesen Verdacht. „Ist nicht erstes Misstrauen bereits entfacht“, rief er,
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